Gesichtslose Massenware hat Kia abgeschafft und sich jetzt sogar den Stinger geleistet. Wir haben den Europa-Design-Chef gefragt, wie es dazu kommen konnte.
Quelle: sb-Medien | Guido ten Brink Genf - Es gibt da diese Fläche an der Seite eines Autos, die eigentlich keine Funktion hat. Davor ist das Vorderrad. Es rollt, es lenkt, es stellt den Kontakt zur Straße her. Dahinter ist die Vordertür. Geht auf, geht zu, ohne wäre das Ein-und Aussteigen ziemlich lästig. Doch für Gregory Guillaume liegt die Wahrheit des Kia Stinger GT zwischen diesen wichtigen Teilen. Wir stehen auf dem Genfer Autosalon am Kia-Stand. Unter den gleißenden Scheinwerfern glitzert Kias neuer Stinger. Ein Fremdkörper neben dem Kleinwagen Picanto und dem Hybrid-SUV Niro. Trotz der Ähnlichkeit. Guillaume zeigt auf den Bereich zwischen Tür und Reifen. Kias Designchef für Europa führt beide Handflächen auseinander. Da ist Platz. 30 Zentimeter mindestens, eher 35. Luftauslässe unterbrechen das Blech. Der Abschnitt ist also doch nicht ganz funktionslos, die Auslässe funktionieren, sie optimieren den Luftstrom in den Radkästen. Ein Blick zum neuen Picanto ein paar Meter weiter: Nur ein Steg verläuft zwischen Rad und Tür. Kleinstwagen eben. Quelle: sb-Medien | Guido ten Brink Kia Stinger GT: Das Auto muss seine Leistung zeigen„Das ist wie Weihnachten für uns, wenn sowas kommt“, sagt Guillaume mit seinem weichen, französischen Akzent. Er meint den Stinger, nicht den Picanto. Wegen der Proportionen, die plötzlich möglich werden. Die Aufgabenstellung war, einen Gran Turismo zu schaffen. Das gibt die Silhouette vor und den Charakter des Designs. „Wenn ich weiß, das Auto wird 370 PS haben und 265 km/h schnell fahren, dann muss ich das auch kommunizieren“, sagt er. „Das Auto muss das ausdrücken.“ Proportionen seien das entscheidende, so Guillaume. Beim Stinger heißt das: Länge, die sich nicht in Platz umsetzen muss. Außerdem kann der vordere Überhang kurz sein, die Fahrerkabine darf nach hinten rücken. „Für mich ist das ein Sportwagen“, sagt Guillaume. „Der Stinger zeigt, dass Kia als Marke sehr elastisch ist. Er zeigt, dass wir ziemlich viel können und noch glaubwürdig bleiben.“ Er ist der einzige Sportwagen im Kia-Angebot. Auch bei Picanto, Rio oder Optima seien jedoch Proportionen „das A und O“, so Guillaume. „Wir verlassen uns nicht auf Schnickschnack, um dem Auto Charakter zu geben.“ Für den Chefdesigner in Europa ein typisches Merkmal europäischen Designs. Quelle: sb-Medien | Guido ten Brink Kia entscheidet sich bewusst für "europäisches Design"„Als ich vor 12 Jahren zu Kia kam, war das eine bewusste Entscheidung, dass wir ein europäisches Design verfolgen.“ Die koreanische oder asiatische Seite der Marke sollte stilistisch nicht herausgekehrt werden. Damals, so Guillaume habe es für ihn nur zwei Autos gegeben, die eine Aussage hatten. Der Kleinstwagen Picanto und die erste Generation des SUV Sorento. Der Rest war für Guillaume gesichtslos. Kia gründete Designzentren in den USA, in Europa und in Südkorea. Designchefs mit Erfahrung wurden für die USA und Europa geholt. Peter Schreyer übernahm die Leitung der Designabteilung. Außerdem installierte Kia Forschungs- und Entwicklungszentren in Europa und den USA. „Da war klar, die wollen das ernsthaft betreiben“, erzählt Guillaume. Früher seien die Leute zu Kia gekommen, weil sie ein gewisses Budget hatten und ein Auto brauchten. Jetzt sollten sie wegen des Designs zu Kia kommen. Den brutalsten Bruch schaffte Kia 2009 beim Sportage. „Das war für uns eigentlich eine Revolution“, sagt der Designer. Ein Kia-Botschafter auf dem Markt und für ihn „ein Gamechanger auf dem Markt“. Kein anderes SUV in seiner Klasse sei vorher so „sexy“ gewesen. Quelle: sb-Medien | Guido ten Brink Die Kia-Familie sieht sich ähnlichDer Sportage kam Ende 2015, der große Sorento ist erst knapp zwei Jahre alt. Niro, Optima und Rio sind noch frisch auf dem Markt, der Picanto folgt jetzt. Die Familienähnlichkeit ist noch nicht in allen Details klar erkennbar, aber im Grundsatz. Jetzt platzt der Stinger rein. Der ist komplett anders, als alles, was Kia sonst in Europa verkauft. Zur Marke gehört er trotzdem unverkennbar. Der Anspruch, ins sogenannte Premium-Segment vorzustoßen, sei damit nicht verbunden, sagt Guillaume. „Wir machen ein Design, das viele Leute vielleicht mit einem Premiumhersteller assoziieren. Sehr sauber, ohne Schnickschnack und mit dem Fokus auf die Proportionen“, sagt er. Trotzdem soll die Marke bleiben, was sie ist: Ein Generalist. Der demnächst auch ein Weihnachtsgeschenk für Auto-Enthusiasten im Programm hat. Hier weiterlesen: Kia schlägt bald BMW und Audi - Fahrbericht |