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Tempolimits am Nürburgring: Was kommt danach? - „Die Welt lacht über den deutschen Motorsport“

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Vor wenigen Tagen starb ein Zuschauer beim VLN-Lauf auf der Nordschleife. Die Verantwortlichen reagierten mit Tempolimits. In die Trauer mischt sich jetzt Wut und Spott.

Tempolimits auf der legendären Nordschleife: Viele Fahrer und Teams sind damit nicht einverstanden, müssen es aber akzeptieren Tempolimits auf der legendären Nordschleife: Viele Fahrer und Teams sind damit nicht einverstanden, müssen es aber akzeptieren Quelle: dpa/Picture Alliance

Berlin/Nürburgring – Jürgen Alzen ist Rekord-Gesamtsieger der VLN-Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring und der vorerst letzte Sieger eines VLN-Rennens ohne Tempolimits. Die hatte der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) am 7. April als Reaktion auf den Tod eines Zuschauers beim ersten VLN-Lauf 2015 für die Nordschleife beschlossen.

Das letzte VLN-Rennen der Saison 2014 gewann Jürgen Alzen im Ford GT Das letzte VLN-Rennen der Saison 2014 gewann Jürgen Alzen im Ford GT Quelle: rheinland648 via flickr "So hart es klingt, leider gehören Verletzte und gelegentlich auch Tote zum Bild des Sports und nicht nur zu dem des Motorsports“, schreibt der Rennfahrer nur wenige Tage später auf seiner Facebook-Seite. Jürgen und sein Bruder Uwe Alzen stammen aus einer Motorsport-Familie und fahren seit Jahrzehnten Rennen am Ring. Der Alzen-Post bekommt mehr als 4.000 Likes und wird mehr als 1.300 Mal geteilt. Er ist die krasseste Reaktion auf die Maßnahmen des DMSB am Ring. Die lauten: Maximal 200 km/h vor „Flugplatz“ und „Schwedenkreuz“, höchstens Tempo 250 auf der „Döttinger Höhe“.

Eine weitere Reaktion darauf ist die Absage des Kremer-Racing-Teams für das Qualifikationsrennen des 24-Stunden-Rennens an diesem Wochenende. „Ein Tempolimit auf einzelnen Passagen der Nürburgring Nordschleife ist mit unserem Verständnis von freiem Wettbewerb im Motorsport nicht vereinbar“, lässt Kremer-Inhaber Eberhard A. Baunach per Pressemitteilung verlauten. Im Gespräch mit MOTOR-TALK ergänzt ein Sprecher, dass das Team unter den gegenwärtigen Bedingungen auch den Start beim 24-Stunden-Rennen absagen wird.

Die Entscheidung des Kölner Rennstalls nötigt anderen Teams und Fahrern Respekt ab. Denn ein Tempolimit auf einer Rennstrecke, das halten am Ring eigentlich alle für „Schwachsinn“ oder wenigstens für eine „Katastrophe“. Trotzdem bleibt Kremer bisher das einzige Team, das eine derartige Maßnahme ergreift. Die Teams Phoenix, Manthey, Black Falcon, Marc VDS und Frikadelli bestätigten MOTOR-TALK, dass es derzeit keine festen Pläne gebe, zukünftige VLN-Rennen oder das 24-Stunden-Rennen ausfallen zu lassen.

„Wir bedauern den tragischen Unfall vom ersten VLN-Lauf und sind in Gedanken bei den Hinterbliebenen des ums Leben gekommenen Motorsportfans. Aber an Motorsport mit angezogener Handbremse haben wir kein Interesse“, lautet das Statement von Kremer Racing „Wir bedauern den tragischen Unfall vom ersten VLN-Lauf und sind in Gedanken bei den Hinterbliebenen des ums Leben gekommenen Motorsportfans. Aber an Motorsport mit angezogener Handbremse haben wir kein Interesse“, lautet das Statement von Kremer Racing Quelle: Thorsten Hansen via flickr

Ein weiterer Schlag für die Region?

Motorsport wird am Limit betrieben und nicht innerhalb von Limits. Diese romantische Vorstellung fasziniert Fans und Fahrer. Allerdings entspricht sie nicht mehr der Wahrheit. Längst haben Leistungsangleichungen (Balance of Performance) und Kostendruck besonders kleinen, regionalen Rennställen enge Rahmen gesteckt. Ein Tempolimit bürdet den Teams und Fahrern jetzt die maximale Kontrolle auf. Und zwar in doppeltem Sinne. Denn entziehen können sie sich kaum. Nicht jeder hat die Freiheit hinzuschmeißen. Sponsorenverträge sind gemacht, zahlreiche Jobs in der Region hängen am Motorsport. Die Vorbereitungen auf ein 24-Stunden-Rennen beginnen mit dem Ende des vorherigen.

Klar ist, dass die jetzigen Maßnahmen eine von nur wenigen Möglichkeiten waren, überhaupt ein 24-Stunden-Rennen 2015 abzuhalten (Anm. der Redaktion: Wir haben diesen Satz präzisiert). Nachdem der DMSB in einer Blitzreaktion nach dem VLN-Unfall ein Fahrverbot für GT3-Autos auf dem Ring verhängt hatte, stand mit dem 24-Stunden-Rennen das größte Event des Jahres auf dem Spiel. Denn ohne die schnellen Autos von Audi, BMW und Porsche wäre das Rennen für viele Zuschauer und vor allem für viele Geldgeber gestorben.

Eine Lösung musste her und statt dem Verbot kam das Tempolimit. Rennfahrer Dirk Adorf, Mitglied der Expertenrunde des DMSB, schreibt auf Facebook: „In meinen Augen wurde eine Lösung gefunden und verabschiedet, die für die Fahrer, für die Teams, für die Fans/Zuschauer und für den Motorsport steht, auch wenn sie allen nicht gefällt.“

Viele kleinere, regionale Teams können nicht hinschmeißen. In der Region schafft der Ring Arbeitsplätze Viele kleinere, regionale Teams können nicht hinschmeißen. In der Region schafft der Ring Arbeitsplätze Quelle: dpa/Picture Alliance Ebenfalls in der Expertenrunde war Mathol-Racing-Teamchef Matthias Holle. Er sagte zu MOTOR-TALK: „Die Maßnahmen betreffen nur ein Drittel des gesamten Feldes und die Zonen sind so gewählt, dass es dabei nicht zu gefährlichen Bremsvorgängen kommen wird. Warum es Teams gibt, die das nicht mal ausprobieren wollen, kann ich nicht verstehen.

Wie es am Ring langfristig weitergeht, ist damit einmal mehr unklar. Die Temoplimits gelten laut DMSB als kurzfristige Maßnahme für diese Saison. Der Motorsport-Bund und sein Präsident (und VW-Markenbotschafter) Hans-Joachim Stuck suchen jetzt mit einer Expertenkommission nach Lösungen, „die möglichst unmittelbar nach der Rennsaison umgesetzt werden sollen“. „Dazu könnten umfassende Reglementänderungen ebenso gehören wie eventuelle Baumaßnahmen“, sagt der DMSB.

Für Jürgen Alzen spielt das keine Rolle mehr. Er hat mit der VLN und dem 24-Stunden-Rennen unter den derzeitigen Bedingungen abgeschlossen und sucht den Weg in Rennserien wie die GTOpen oder GT Masters. „Die Welt lacht über den deutschen Motorsport“, sagte er zu MOTOR-TALK.

Quelle: MOTOR-TALK

Avatar von granada2.6
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