US-Bürger schauen lieber auf ihr Handy, als auf die Straße. Abgelenkte Fußgänger werden zum Sicherheitsrisiko. Die Behörden reagieren - mit sprechenden Bussen.
Washington - Die Szene ist mittlerweile allgegenwärtig: Ein Fußgänger läuft mit gesenktem Kopf über die Kreuzung, den Blick auf sein Smartphone gerichtet. Die Ampel springt auf rot, Autos hupen, Unfälle scheinen programmiert. In den USA ist das sogenannte "distracted walking" (abgelenktes Laufen) inzwischen die Regel, nicht die Ausnahme. Neun von zehn US-Bürgern besitzen mittlerweile ein Handy. Mehr als zwei Drittel von ihnen kontrollieren einer Studie des Pew Research Centers zufolge regelmäßig ihr Telefon auf Neuigkeiten, selbst wenn es weder klingelt noch vibriert - und das sogar mitten auf der Straße. Forscher an der University of Washington beobachteten im Jahr 2012 in Seattle mehrere Straßenkreuzungen. Ergebnis: Mehr als 15 Prozent der über 1.100 erfassten Passanten waren mit ihrem Handy beschäftigt, während sie über eine viel befahrene Kreuzung liefen. Sprechende Busse in Portland und ClevelandWährend Autofahrern die Handy-Nutzung ähnlich wie in Deutschland mittlerweile in vielen US-Staaten verboten ist, lässt sich das für Fußgänger nicht ganz so einfach umsetzen. Das bringt viele US-Städte ins Grübeln. Das US-Verkehrsministerium hat sich des Themas angenommen und experimentiert in Portland im Bundesstaat Oregon mit sprechenden Bussen, die unachtsame Fußgänger aufschrecken sollen. Seit März wurden 45 Busse des örtlichen Verkehrsbundes TriMet mit unterschiedlichen Warnsystemen ausgestattet. "Wir wollen prüfen, wie man Fußgänger am besten warnt, insbesondere beim Abbiegen des Busses", sagt Harry Saporta, Sicherheitsbeauftragter von TriMet. Aus Lautsprechern, die an den Bussen installiert wurden, ertönen Sätze wie: "Fußgänger, der Bus biegt ab". Getestet werden auch visuelle Warnsignale wie das Aufleuchten von LED-Lichtern am Bus. Verbote sind kaum möglichDas Ministerium bezuschusst das sechsmonatige Projekt mit 400.000 Dollar (290.000 Euro). Ob die sprechenden Busse nach der Testphase dauerhaft eingesetzt werden, sei derzeit noch offen, sagt Saporta. Auf den Straßen von Cleveland im Bundesstaat Ohio seien solche Busse aber auch schon unterwegs. Initiativen hingegen, die "abgelenktes Laufen" generell unter Strafe stellen wollen, scheiterten bislang mehrheitlich. So zum Beispiel im US-Staat Utah, wo der Verkehrsbetrieb des Landes ein 50-Dollar-Knöllchen für Passanten forderte, die in der Nähe von Bahngleisen SMS schreiben, telefonieren oder Kopfhörer tragen. Das Parlament von Utah stimmte 2012 gegen den Vorschlag. "Das schießt über das Ziel hinaus, und schon bald haben wir für alles ein Gesetz, was wir in der Gesellschaft tun", sagte der republikanische Abgeordnete Val Peterson der Zeitung "Salt Lake City Tribune". Mindestens eine Stadt in den USA schaffte es bisher dennoch, ein entsprechendes Gesetz durchzubringen: In Rexburg im Bundesstaat Idaho ist das SMS-Schreiben auf Straßenkreuzungen oder Zebrastreifen bereits im Jahr 2011 verboten worden - wer dagegen verstößt, muss rund 100 Dollar (72 Euro) Strafe zahlen. |