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Steinewerfer vor Gericht: Angeklagter schweigt zu Motiv - "Niemand rechnet mit so einem Anschlag"

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Was treibt Menschen dazu, Gegenstände von Autobahnbrücken zu werfen? In einem aktuell verhandelten Fall schweigt der Täter. Andere Beispiele zeigen: In der Regel sind die Motive banal.

Der 37-jährige Angeklagte hat diesen zwölf Kilogramm schweren Betonbrocken von einer Brücke auf die Autobahn 7 geworfen Der 37-jährige Angeklagte hat diesen zwölf Kilogramm schweren Betonbrocken von einer Brücke auf die Autobahn 7 geworfen Quelle: dpa / Picture Alliance

Ellwangen - Wer einen 30 mal 20 mal 20 Zentimeter großen Betonbrocken auf eine Autobahn wirft, bringt Menschen damit in Lebensgefahr. Aus diesem Grund lautet die Anklage in einem ab Donnerstag (16. März) verhandelten Fall vor dem Landgericht Ellwangen "versuchter Mord in vier tateinheitlichen Fällen" (Aktenzeichen TO-03/17).

Die Opfer des Steinewerfers: eine vierköpfige Familie. Sie ist auf dem Heimweg von einer Hochzeit. Es ist Sonntag, 1:30 Uhr, die Autobahn 7 ist fast leer. Plötzlich ein Stoß, ein Knall, der Wagen überschlägt sich mehrfach. Alle Insassen erleiden schwere Verletzungen. Unvermittelt ist für diese Familie eine Horrorvorstellung wahr geworden: Ein Betonbrocken lag auf der Straße, den irgendjemand von einer Brücke geworfen hatte.

Niemand rechnet mit einem solchen Anschlag

Die Staatsanwaltschaft geht "vom Mordmerkmal der Heimtücke" aus, denn dem 37-jährigen Beschuldigten müsse klar gewesen sein, dass kein Mensch, der auf einer Autobahn unterwegs ist, mit einem derartigen Anschlag rechnet. Sechs Verhandlungstage sind angesetzt, bis der Vorsitzende Richter Gerhard Ilg voraussichtlich kurz vor Ostern das Urteil verkündet.

Die beiden Kinder im Auto - ein damals sechsjähriges Mädchen und ein vierjähriger Junge - wurden aus dem Wagen geschleudert. Das Mädchen wurde schwer, der Junge etwas leichter verletzt. Der 33 Jahre alte Vater erlitt einen Beckenbruch. Am schlimmsten traf es die 25 Jahre alte Frau: "Die auf dem Beifahrersitz befindliche Mutter der Kinder erlitt eine Hals- und Brustwirbelfraktur sowie eine Schädel-Basis-Fraktur mit einer Hirnblutung", teilte die Staatsanwaltschaft mit. "Aufgrund einer Verletzung am Bein musste ihr außerdem das Bein unterhalb des Knies amputiert werden." Vater und Mutter werden im Gerichtssaal sein, die Kinder nicht.

Holzklötze, Pfosten, Ziegelsteine

Warum bringt jemand völlig unbekannte Menschen auf so hinterhältige Weise in Gefahr? Der Prozess in Ellwangen ist längst nicht der erste, der dieser Frage nachzugehen hat. Holzklötze, Pfosten, Ziegelsteine, immer wieder auch Wasserbomben und sogar ein Beil wurden schon auf Autobahnen geworfen. Die Motive waren meist erschreckend banal.

Einen der schlimmsten derartigen Unfälle verursachten im Februar 2000 drei junge US-Amerikaner in Darmstadt. Mit Steinwürfen von einer Fußgängerbrücke töteten sie zwei Autofahrerinnen. Motiv: Langeweile und Erlebnishunger. Die zur Tatzeit 14, 17 und 18 Jahre alten Jugendlichen erhielten wegen zweifachen Mordes Jugendstrafen von sieben, acht und achteinhalb Jahren Gefängnis.

Manchmal wurden Angeklagte auch für nicht schuldfähig befunden. Wie im Februar 2009 der sogenannte "Elmshorner Beilwerfer". Der 42-Jährige leide unter paranoider Schizophrenie, hieß es. Er kam in eine Anstalt. Sein Beil hatte die Windschutzscheibe eines Autos durchschlagen, den 65 Jahre alten Fahrer aber knapp verfehlt.

Eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verhängte 2009 das Landgericht Oldenburg gegen einen Drogensüchtigen, der am Ostersonntag 2008 einen sechs Kilogramm schweren Holzklotz auf die

A29 geschleudert hatte. Das Geschoss durchschlug eine Frontscheibe und tötete eine Frau vor den Augen ihrer Kinder. Motiv: Frust darüber, dass kein Heroin zu bekommen war.

Der Angeklagte machte keine Angaben zum Motiv

Und was hat den Steinewerfer von der A7 angetrieben, über den jetzt das Landgericht in Ellwangen entscheiden muss? Er gestand zwar, den Betonbrocken auf die Autobahn geworfen zu haben, doch zu seinem Motiv machte der Mann keine Angaben. Zu beantworten ist in dem Prozess auch die Frage, ob der 37-Jährige schuldfähig ist.

Zuvor war er bereits wegen Beleidigung und Körperverletzung aufgefallen. Doch weil ihm eine psychische Erkrankung attestiert worden war, blieben ihm Strafen erspart. Im aktuellen Fall war einem psychiatrischen Gutachten zufolge "die Steuerungsfähigkeit des Angeschuldigten bei der Tat erheblich vermindert". Die Staatsanwaltschaft geht dennoch davon aus, dass er schuldfähig war. Den Beweis dafür und auch für den Vorwurf des gezielten heimtückischen Handelns will sie im Laufe des Prozesses erbringen.

 

 

Quelle: dpa

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