Außen mit viel Patina, innen Chevy-V8: Wenn Oliver Rebel mit seinem Jaguar XJ aufkreuzt, sind Puristen entsetzt. Das Motor-Tuning war vor fast 50 Jahren nicht unüblich.
Von Haiko Prengel Berlin –Beim Jaguar XJ von Oliver Rebel könnte der Buchstabe im historischen Kennzeichen durchaus für „H wie Hot“ stehen. Das Auto des 48-Jährigen ist nämlich eine ganz heiße Britin. Das merkt man spätestens, wenn der Berliner den Zündschlüssel umdreht. Es ertönt dann kein sahniges Surren aus dem Motorraum, wie man es von den britischen Edellimousinen kennt. Vielmehr brüllt der hellblaue Wagen los wie ein gefräßiges Raubtier. Ganz klar: Da ist etwas Entscheidendes nicht Serie. Rebel mag diese ungewöhnliche Kombination: „Da trifft englische Eleganz auf brachialen Ami-Sound“, schwärmt der Berliner. Sein Auto begann sein Leben als Jaguar XJ der ersten Serie (Mark I), Baujahr 1970. Die Oberklasse-Limousine war das letzte Meisterstück von Sir William Lyons, dem Gründer der Firma Jaguar. Die hellblaue Lackierung des Berliner XJ in Light Blue ist original, das etwas verschlissene Interieur auch. Der 5,7 Liter große Achtzylindermotor dagegen nicht. Häufiger Umbau in USA Die vor 1974 gebauten 4-Bolt-Blocks von GM gelten als besonders stabil. „Die Verdichtung ist noch etwas höher“, sagt Oliver Rebel. Wenig später wurde im Rahmen des Down-Sizings die Verdichtung reduziert, was den strengeren Umweltauflagen in den USA geschuldet war. Die ersten Autos mit Katalysator kamen auf den Markt. Der V8 in Oliver Rebels Jaguar XJ ist noch von der alten Schule. Und der Austausch des Achtzylinders gegen den Reihensechser war recht simpel: Lediglich die Motorhalterung musste umgebaut werden, dazu kam eine andere Auspuffanlage. „Kleinigkeiten“, sagt Rebel. Im Stadtverkehr genehmige sich der Wagen nun zwar 25 Liter auf 100 Kilometer. Aber dafür fahre der Wagen nun auch schneller. „Fixer als das Original jedenfalls allemal.“ Sein Chevy-V8 wurde ja damals immerhin unter anderem in die Corvette eingebaut. Problem: ErsatzteileSchnurren kann dieser Jaguar also nicht mehr, aber er läuft wacker und robust, auch mit fast 50 Jahren. Die Karosserie ist in bemerkenswert gutem Zustand. Im vergangenen Winter zerlegte Rebel zusammen mit einem Freund das gesamte Auto in der gemeinsamen Garage. „Wir haben praktisch keinen Rost gefunden – bis auf die Türen. Aber die kommen eh neu“, erzählt er. Eine gründliche Versiegelung soll bald folgen. Andere mögen Rebels Oldtimer dagegen nicht so. In seiner Heimat nahe Offenbach machte Der Jaguar-Fahrer mal einen groben Fehler. Er fuhr mit seinem patinierten Klassiker, der überdies einen nachträglich eingebauten Ami-V8 unter der Haube hat, zu einem Stammtisch von Jaguar-Besitzern und Fans. „Dort war es ganz schlimm“, erinnert sich Rebel. Die Teilnehmer hätten die Nase gerümpft, pikiert sein Auto angeguckt und gejault: „So etwas darf doch nicht mehr auf die Straße gelassen werden!“ Vor allem für „Originalitätsfreaks“ sei sein Ami-Umbau eine schlimme Ungehörigkeit. Zeitgenössisch oder nicht?Tatsächlich ist genau das wohl eine Frage der Auslegung und des Horizonts. Manche sagen, dass zumindest in Deutschland der Einbau eines Ami-V8 in einen Jaguar weder zeitgenössisch noch üblich gewesen sei. In den USA war die Praxis offenbar eine andere. Und: Hot Rods und Lowrider bekommen ja auch ein H-Kennzeichen. Es kommt also auf den HU-Prüfer und seine persönliche Einschätzung an. Oliver Rebels Prüfer sieht die Sache offenbar entspannt und genehmigte dem exotischen V8-Jaguar das H-Kennzeichen. Tatsächlich werde sein Jaguar XJ bei typenoffenen Oldtimer-Treffen inzwischen größtenteils anerkannt, sagt Oliver Rebel. Besonders gerne fährt der Berliner im Sommer zum „Race 61“, einem großen Vintage-Festival im brandenburgischen Finowfurt. Unter all den Ami-Schlitten und Custom Cars fühlt sich sein blaues Schätzchen richtig wohl. Vor dem Kauf seines Jaguars besaß Rebel, der im Verlagswesen arbeitet, schon einige Klassiker. Strichachter Mercedes, BMW 7er E32, Volvo 760 Turbo: 2005 fing er dann mit der Suche nach einem Jaguar an, damals noch in Hessen. Er recherchierte ein Dreivierteljahr, auch in Frankreich, Belgien und der Schweiz. Dann fand er den hellblauen XJ nur fünf Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Der Verkäufer war eigentlich Porsche-Fahrer und wollte den Jaguar bloß als Winter-Auto nutzen. „Dann stellte er fest, dass der Wagen dafür zu schade ist“, erinnert sich Rebel. Zu Jaguar-Stammtischen fährt der Berliner dagegen nicht mehr. „Ich mag das Elitäre nicht“, sagt Rebel. „Und alte Neuwagen auch nicht.“ Alten Autos darf man ihr Alter auch ansehen, findet er. Jaguar XJ bei mobile.de finden
Technische Daten Jaguar XJ Mark I (1968 bis 1973)
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