Die Studie Mercedes F 015 ist laut Daimler das erste Auto, das konsequent für das autonome Fahren entwickelt wurde. Bis zur Serienreife dauert es aber noch etwa 15 Jahre.
Las Vegas – In der Gegenwart des Automobils plagen sich die Ingenieure und Verkaufsleiter mit CO2-Grenzwerten und Schadstoffnormen, mit Währungsschwankungen und Crashtests herum. Und in der Zukunft? Zumindest Daimler-Chef Dieter Zetzsche zeichnet ein eher düsteres Bild vom Jahr 2030, mit überfüllten Städten und ohne regulierte Arbeitszeiten: „Das begehrteste Luxusgut im 21. Jahrhundert werden privater Raum und Zeit sein." Aber Zetsche präsentiert auch eine Lösung: „Autonom fahrende Autos von Mercedes-Benz sollen den Menschen genau das bieten.“ Quelle: Daimler Die Vision der Luxuslimousine von übermorgen heißt F 015 „Luxury in Motion“. Übersetzt: Luxus in Bewegung. Der Technologieträger wurde konsequent für die Vision des autonomen Fahrens konzipiert. Außen zeigt blaues Licht im LED-Kühlergrill den autonomen Fahrbetrieb an. Projektoren und LED-Anzeigen verraten der Umgebung, was das autonom fahrende Auto vorhat. Lounge statt AutoBei der Präsentation in Las Vegas spricht Zetsche mit seinem Auto wie einst Apple-Gründer Steve Jobs mit dem Macintosh-Computer. Er demonstriert künstliche Intelligenz als Basis für Autonomes Fahren. Der F105 erkenne Fußgänger, warne den nachfolgenden Verkehr mit blinkenden Lichtern und könne den schwachen Verkehrsteilnehmern sogar helfen: Er projiziert einen Zebrastreifen auf die Straße und hilft beim Überqueren, indem er den Verkehr überwacht. Im Innenraum soll davon möglichst wenig ankommen. Die F-105-Passagiere sollen Zeit finden zum „Entspannen oder Kommunizieren“, und wenn es sein muss zum Arbeiten. Das schafft die aktuelle S-Klasse nur auf den Rücksitzen. In 15 Jahren soll das auf allen Plätzen möglich sein. Im autonomen Fahrbetrieb sitzen sich die Passagiere gegenüber. Das ging zwar schon vor 30 Jahren im Renault Espace, aber eben nur im Stand. 5,22 Meter Fahrzeuglänge, 3,61 Meter Radstand und gut zwei Meter Breite schaffen viel Platz auf vier Plätzen. Knöpfe gibt es nicht mehr. Dafür aber Touch-Bildschirme, Eye-Tracking und Gesten-Steuerung. Vielleicht also doch eher Apps und Mails statt Ruhe oder Konversationen – eben doch ein bisschen wie heute. Wohin weicht das Auto aus?Pedale und ein Lenkrad installieren die Ingenieure nur zur Vollständigkeit. Wer möchte, der darf sein Zukunfts-Auto selbst fahren. Dieses Detail wirkt jedoch wie eine kleine Unsicherheit im großen autonomen Plan. Quelle: Daimler Zetsche hält das selbständige Auto zwar für die Zukunft, sieht aber noch Probleme. Die ewige Haftungsfrage ist ungeklärt, die Intelligenz nicht menschlich genug. Wohin weicht das Auto in einer Gefahrsituation aus? In eine Felswand oder einen Graben? In die linke oder rechte Menschengruppe? Fragen, die vor dem Marktstart unbedingt beantwortet werden müssen. Wasserstoff und BatterieWenn es soweit ist, dann soll der Wagen elektrisch fahren. Zwei Motoren liefern zusammen 200 Kilowatt (272 PS). Ihren Strom beziehen sie aus aus einem Plug-in-Batteriesystem und einer mit Wasserstoff gespeisten Brennstoffzelle. Die Geschwindigkeit ist auf 200 km/h begrenzt. Der Spurt auf 100 km/h soll nach 6,2 Sekunden bewältigt sein. Den Verbrauch gibt Daimler mit 0,6 Kilo Wasserstoff auf 100 Kilometer an, natürlich nur vorläufig. Das entspricht rund zwei Litern Diesel. Die Reichweite liegt bei 1.100 Kilometern. Vorwärts ins Jahr 1990?„Wir haben einen genauen Plan, wie wir von der grundsätzlichen technischen Machbarkeit zur kommerziellen Umsetzbarkeit kommen wollen“, sagt Dieter Zetsche. 2030, glaubt man bei Daimler, könnten Autos wie dieser F 015 die Mega-Citys der Welt befahren. In diesen Riesenstädten, in denen ohnehin niemand mehr selbst fahren möchte, verlegen die Erfolgreichen und Wichtigen dann ihre Freizeit kurzerhand in die rollende Lounge von Mercedes. Draußen bleibt in dieser Vision eine Welt, die wir vielleicht aus Science-Fiction-Filmen wie „Blade Runner“ kennen. Und das erinnert, zumindest uns, dann doch an die gute, alte Mercedes-Werbung von 1990: „Willkommen zu Hause“. Quelle: dpa/bmt |