- BMW 316d: ab 33.300 Euro
- 2,0-Liter-Diesel, 116 PS, 270 Newtonmeter
- 205 km/h Höchstgeschwindigkeit
- Leise, sparsam, aber träge
Berlin – Schnittige Linie, straffes Fahrwerk und eine direkte Lenkung: Der BMW 3er hat den Ruf eines dynamisch abgestimmten Mittelkassemodells. Auch in Vergleich zu deutschen Mitbewerbern wie Mercedes oder Audi. Wie passt dazu ein Basisdiesel mit 116 PS? Reicht diese Leistung für „Freude am Fahren“ (Slogan) in einer mindestens 1,5 Tonnen schweren Limousine? Wir wollten es ausprobieren, im BMW 316d.
Viele wollen das nicht. Der 316d macht in Deutschland nur 4,8 Prozent der verkauften 3er aus – beliebtester Motor ist der 320d mit 37,8 Prozent, dahinter folgt der 318d mit 25 Prozent. Aber der 3er ist das wichtigste Modell der Marke. Rund ein Viertel aller BMW sind 3er. Addiert man das 4er Coupé dazu, sogar ein Drittel. Wenn der 3er nicht in allen Bereichen überzeugt, hat die Marke ein Problem. Auch der Basisdiesel muss funktionieren.
Deutsche Autofahrer greifen zu rund 60 Prozent zum Kombi (Touring), die Limousine macht rund 25 Prozent aus. Weltweit liegt die Limousine (etwa 55 Prozent) klar vor dem Kombi (etwa 20 Prozent). Die Limousine besitzt zwei wesentliche Vorteile: Durch den geschlossenen Kofferraum ist sie innen leiser und zudem 1.700 Euro günstiger als der Kombi.
Karosserie und Abmessungen: Kompakt und geräumig
Das Basis-Cockpit bietet alles, was man braucht - mit ein paar Extras wird es aber schnell teuer beim 3er Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Der 3er BMW wirkt im Vergleich zu Audi A4 und Mercedes C-Klasse kompakt. Mit 4,63 Meter Länge ist er deutlicher kürzer als Mercedes (4,68 m) und Audi (4,72 m). Dennoch holen sich Insassen im 3er keine Scheuerstellen an Knie und Ellenbogen. Platz hat der 2015 geliftete F30. Nicht nur vorne, auch hinten. Mussten sich Erwachsene im Vorgänger E90 hinten noch reinquetschen, gelingt der Einstieg nun ohne Blessuren. Auch Schultern und Knie haben genug Platz. Allerdings bleibt trotz der versenkbaren Kopfstützen die Sicht nach hinten eingeschränkt.
Der Kofferraum mit einem Fassungsvermögen von 480 Litern reicht für den Alltag einer vierköpfigen Familie. Fahrräder passen zwar nicht in das dunkle und schmale Loch, dafür aber viele Taschen und Koffer. Wer will, kann die Rücksitze mit einer Durchlademöglichkeit für 390 Euro ausstatten. Bei umgeklappten Sitzen erhöht sich das Ladevolumen weiter. Die Nutzlast beträgt 575 kg, ausreichend für den Alltag und auch für einen längeren Urlaub mit vier Personen.
Klassische Rundinstrumente, ein griffiges Lederlenkrad und ein kurzer Schalthebel: Im 3er fühlen sich fahraktive Autofahrer wohl. Die Instrumente sind tags wie nachts einwandfrei ablesbar, auch dank des guten Kontrasts. An den aufgesetzten Monitor gewöhnt sich der Fahrer schnell, ebenso an die günstige Position der Klimaanlage und des Radios. Obwohl letzteres meist über die Lenkradtasten gesteuert wird.
Überrascht waren wir von den straff gepolsterten Vordersitzen. Auch nach einer sechsstündigen Autobahnfahrt ohne Pause bieten sie einen hohen Sitzkomfort, drücken und kneifen nicht. Praktisch dafür: die ausziehbare Oberschenkelunterstützung für mehr Sitzfläche. Ebenfalls angenehm auf Autobahnen, bei Geschwindigkeiten zwischen 130 und 150 km/h: die niedrigen Innenraumgeräusche. Kein Dieselnageln, kein Dröhnen, kein Vibrieren, noch nicht mal laute Luftverwirbelungen nerven. Für eine Mittelklasse fährt sich der 3er erstaunlich leise.
Basisdiesel mit 116 PS: Der Entfall des Modellschriftzugs ist auch bei diesem Motor gratis Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Alles top also? Mitnichten. Zwar zählen zur Basisausstattung Regensensor, Multifunktions-Lederlenkrad, Freisprecheinrichtung und Radio sowie eine Klimaautomatik. Doch alles, was schön und praktisch ist, kostet extra. Das Business-Paket mit Navi, Komfortzugang, automatisch abblendbarem Innenspiegel und Lordosenstütze kostet 2.190 Euro. Das Innovationspaket mit LED-Scheinwerfer, Head-up-Display und Fernlichtassistent kostet 2.600 Euro.
Ledersitze werden mit mindestens 1.790 Euro berechnet, die Sitzheizung mit 370 Euro und die elektrische Sitzverstellung vorn mit 1.100 Euro. Die Zweizonen-Klimaautomatik kostet 650 Euro, LED-Scheinwerfer 990 Euro und die aktive Geschwindigkeitsregelanlage mit Stop-and-go-Funktion 1.100 Euro. Mit etwas Komfort sprengen Kunden schnell die 40.000-Euro-Marke.
Infotainment und Assistenz: Magere Basis
Da im 316d kein kerniger Sechszylinder arbeitet, muss guter Ton aus der Audioanlage kommen. Zur Basisausstattung zählt immerhin ein Radio mit 6,5-Zoll-Monitor, sechs Lautsprechern und einer Lenkradbedienung. Alles Weitere kostet extra. So verlangt BMW für ein DAB+-Radio 320 Euro, fürs Navi mit 6,5 Zoll Display mindestens 1.490 Euro.
Bei den Sicherheits- und Assistenzsystemen sieht es nicht anders aus. Zur Serie zählen sechs Airbags und der Fahrerlebnisschalter. Für weitere sinnvolle elektronische Helfer müssen Kunden tief in die Tasche greifen. So verlangt BMW für die Einparkhilfe hinten 490 Euro, für vorne und hinten werden 690 Euro fällig. Spurhaltesystem und Auffahrwarnung kosten 520 Euro, der Tote-Winkel-Warner 560 Euro. Selbst für die Rückfahrkamera verlangen die Bayern 420 Euro.
Gut gefallen hat uns das klare Head-up-Display, das aber auch leider 980 Euro kostet. Die Speed-Limit-Info für 320 Euro kann man sich dagegen sparen: Die Straßenschild-Erkennung funktioniert nicht einwandfrei. So werden zeitlich beschränkte Geschwindigkeitsangaben nicht erkannt und falsch angezeigt. Ebenfalls nervig: Beim dichtem und kurzen Überholen auf der Autobahn flackert die Abstandswarnung derart hell im Display auf, dass sich der Fahrer erschrecken kann.
Fahrwerk: Hier glänzt selbst die Basis
BMW baut den aktuellen 3er bereits seit 2012. Zuletzt gab es 2015 ein Facelift. Der Nachfolger wird für 2018 erwartet Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Fahrwerke abstimmen können die Bayern. Die Basisauslegung mit Stahlfahrwerk reicht für den Alltag. Federn und Dämpfer sind straff ausgelegt, aber nicht unbequem hart. Dazu passt die präzise und direkte Lenkung. Man spürt, dass das Fahrwerk mehr kann als das Motörchen abfordert. Der Abrollkomfort liegt selbst mit Winterreifen hoch, auch nach 1.200 Kilometern an einem Tag. Das adaptive Fahrwerk für 1.100 Euro muss deshalb nicht sein. Es ist bestimmt eine gute Wahl für Käufer, die eine größere Spreizung zwischen Sport und Komfort haben wollen - aber nicht nötig.
Antrieb: Wenig Leistung, aber ausreichend Kraft
Unter der Haube des 316d arbeitet ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel der „EfficientDynamics“-Motorenfamilie. Es ist der gleiche Motor wie im 318d und 320d, nur mit weniger Druck und weniger Leistung. 116 PS leistet der Motor bei 4.000 Touren, dafür aber ein Drehmoment von 250 Newtonmeter ab 1.250 Umdrehungen. Im kalten Zustand scheppert und nagelt der Diesel hörbar. Sind Wasser und Öl auf Betriebstemperatur, arbeitet der Diesel ruhig.
In Kombination mit dem eng gestuften Sechsgang-Getriebe beschleunigt der BMW aus dem Stand in 10,7 Sekunden auf Tempo 100. Trotz geringer Leistung dreht der Vierzylinder freudig und agil, und ässt sich schaltfaul fahren. Schon nach ein paar hundert Metern landet das Getriebe im vierten Gang und bleibt im flüssigen Stadtverkehr dort. Auf der Autobahn liegt der sechste Gang bei rund 110 km/h an. Bei 130 km/h liegen etwa 2.000 Touren an.
Bei schnellen Überholmanövern muss der Pilot daher einen oder zwei Gänge runterschalten, im lang übersetzten sechsten Gang fehlt es an Elastizität. Bei langen Geradeausfahrten und mit etwas Gefälle sind bis zu 205 km/h drin. Bei zurückhaltender Fahrweise und einem NEFZ-Verbrauch von 4,3 Liter zog sich der BMW im Schnitt 6,5 Liter auf 100 Kilometer aus dem Tank. Allerdings war nicht die ganze Zeit der Spritsparmodus Eco Pro aktiviert. Dank 57-Liter-Tank liegt der Aktionsradius bei über 850 Kilometern – ein Traum für Autobahnkilometer-Schrubber.
Im lang übersetzten Gang fehlt es dem 316d an Elastizität. Beim Überholen auf der Autobahn muss man öfter herunterschalten Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Die Sache mit der Drehzahlanhebung beim Zurückschalten wirkt dagegen affig. Wer will bei einem Sparmotor einen auf sportlich machen? Es stört auch noch nach zwei Wochen, nach über 2.200 Kilometer. Bitte BMW, schaltet das wieder ab. Es passt zu dem ansonsten fein austarierten Antrieb mit seiner homogenen Leistungsentfaltung überhaupt nicht.
Fazit, Ausstattung und Preise: Ein bisschen mehr Power tut gut
Mit einem Basispreis von 33.300 Euro kostet der BMW 316d weniger als ein Audi A4 2.0 TDI (122 PS, 34.650 Euro) und Mercedes C180d (116 PS, 34.153 Euro). Ein schwacher Trost: Mit einer komfortablen Ausstattung wird die 40.000-Euro-Grenze schnell übersprungen. Außerdem gibt es für 1.900 Euro Mehrpreis zum 316d den 318d mit 150 PS und 320 Newtonmetern. Wir raten dazu. Denn so sportlich Fahrwerk und Lenkung sind, 116 PS sind für den 3er am Ende zu wenig. Zumindest, wenn das Auto oft mit mehreren Personen auf der Autobahn unterwegs ist.
BMW 316d: TECHNISCHE DATEN
- Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel
- Leistung: 116 PS (85 kW) bei 4.000 U/min
- Drehmoment: 270 Nm bei 1.250 – 2.750 U/min
- Getriebe: manuelles Sechsganggetriebe, Hinterradantrieb
- Höchstgeschwindigkeit: 205 km/h
- Beschleunigung: 10,7 s
- Verbrauch: 4,3 l/100 km (NEFZ)
- Testverbrauch: 6,5 l/100 km
- Gewicht: 1.495 kg (EU-Norm)
- Länge: 4,63 m
- Breite: 1,81 m (mit Spiegel: 2,03 m)
- Höhe: 1,42 m
- Basispreis BMW 3er: 30.900 Euro
- Preis Testwagen 316d: 33.300 Euro
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