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Versteigerung: Mercedes Only Auktion - 28 Mercedes-Klassiker und keiner will sie haben

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Bei einer Online-Auktion wurden 28 Mercedes-Klassiker angeboten. Davon fanden nur 4 einen Käufer, 9 wurden unter Vorbehalt versteigert und 15 blieben stehen.

Bei der Online-Auktion wurden 28 Mercedes angeboten, nur 15 wurden verkauft Bei der Online-Auktion wurden 28 Mercedes angeboten, nur 15 wurden verkauft Quelle: www.auctionata.com

Von Carl Christian Jancke

Berlin - Auto-Auktionen sind ein hartes Brot. Überzogene Preisvorstellungen, zu wertvolle Autos und vielleicht zu wenig Bieter - all das hat auf der Online-Auktion "Auctionata" am Dienstag dazu geführt, dass mindestens 15 Autos nicht verkauft wurden. Selbst die Verpflichtung des ehemaligen Rennfahrers Jochen Mass konnte das nicht verhindern.

"Deutschland hat keine Auktionskultur", sagt Anette Abachi, Deutschland-Repräsentantin von RM Sothebys, einem der großen Versteigerer von klassischen Automobilen. Die Leute kaufen keine Katze im Sack, sondern wollen erst einmal Probe fahren. Wie soll es dann bei einer Online-Auktion funktionieren?

Der W123 ist wohl der letzte solide Nachkriegs-Daimler mit dickem Blech und robuster Verarbeitung. Als 230 E war er der typische Dienstwagen für den leitenden Angestellten und mit 136 PS zeitgemäß motorisiert Der W123 ist wohl der letzte solide Nachkriegs-Daimler mit dickem Blech und robuster Verarbeitung. Als 230 E war er der typische Dienstwagen für den leitenden Angestellten und mit 136 PS zeitgemäß motorisiert Quelle: www.auctionata.com

Jochen Mass kam kaum zu Wort

Wer über das Internet ein Auto ersteigern möchte, kann es noch nicht einmal persönlich begutachten, weder die Qualität der Innenausstattung, noch Spaltmasse, Schweißpunkte oder den Lack - es sei denn, der Bieter macht sich auf den Weg zu einer Vorbesichtigung. Bei der Auktion am 8. Dezember wurden von 28 angebotenen Mercedes-Klassikern 9 unter Vorbehalt und 4 endgültig verkauft. Mehr als die Hälfte blieb stehen. Jochen Mass, ein Experte für die Marke Mercedes, kam kaum zu Wort.

Wer die Liste der angebotenen Fahrzeuge anschaut, ahnt, warum die Auktion so schlecht lief. Mehr als 300.000 Euro für ein 280 SE 3.5 Cabrio auszugeben, ohne es vorher gesehen geschweige denn gefahren zu haben? Das dürfte den meisten schwer fallen. Immerhin bot jemand 280.000 Euro.

Doch selbst diese Summe liegt mindestens 70.000 unter dem Marktwert des letzten S-Klasse-Cabrios. Zudem kommt demnächst ein neues S-Klasse Cabrio, das die Erinnerung an den W111 wachrufen dürfte. Vielleicht nicht ohne Einfluss auf den Marktwert.

Zwei W126 für 21.280 Euro

Auffällig ist, dass die meisten jüngeren Mercedes zu vernünftigen Preisen verkauft wurden. Ein 1978er Mercedes 450 SLC von 1978, dem lange der Ruf des Zuhälter-Coupés anhaftete, ging für 22.400 Euro weg. Zwei W126 (ein 1986 560 SEL und ein 1989er 300 SE) erzielten exakt den gleichen Preis, jeweils 21.280 Euro.

Mittlerweile gesucht sind die Coupés der SL-Reihe 107. Die Jalousie im Heckfenster ist ein untrügliches Erkennungszeichen Mittlerweile gesucht sind die Coupés der SL-Reihe 107. Die Jalousie im Heckfenster ist ein untrügliches Erkennungszeichen Quelle: www.auctionata.com Ein Niefer S600 L wurde nur unter Vorbehalt versteigert, obwohl die gebotenen 17.000 Euro für den ersten Mercedes-Nachkriegszwölfzylinder (W140) ein ordentlicher Preis zu sein scheinen. Für den Anbieter aber offenbar nicht genug. Immerhin war Werner Niefer seinerzeit Mercedes-Chef und geistiger Vater des Modells.

"Unter Vorbehalt" bedeutet übrigens, dass der Eigentümer noch zustimmen muss, da das Gebot so niedrig ist. Natürlich kann hierbei auch noch nachverhandelt werden, um noch ein oder zwei Tausender mehr herauszuholen. Das dürfte auch der Eigentümer eines Mercedes SL 500 (R129) tun, für den bislang nur 18.000 Euro geboten wurden.

Andere Autos des gleichen Typs wurden bereits für mehr als 30.000 Euro verkauft, da wären selbst 20.000 Euro ein Schnäppchen. Wer sich an einer Auktion beteiligt, sollte allerdings nicht vergessen, dass zusätzlich zum Hammerpreis 12 Prozent für das Auktionshaus und möglicherweise noch die Mehrwertsteuer fällig werden.

Hohe Wertsteigerung und hohe Erwartungen

Auctionata wäre gut beraten, sich dem Segment der "Emerging Classics" zuzuwenden. Die Preise von durchweg weniger als 100.000 passen viel besser zu einer Online-Auktion. So bleibt das Risiko für den Bieter überschaubarer als bei einem 1938er Mercedes-Benz 320n, für den immerhin 300.000 Euro geboten wurden, aber zu wenig für den Zuschlag.

Vorkriegsautos sind derzeit schwer verkäuflich, selbst wenn sie so bildschön sind wie dieses 320n Cabrio. Immerhin 300.000 Euro wollte jemand dafür bezahlen, das war dem Anbieter zu wenig. Vorkriegsautos sind derzeit schwer verkäuflich, selbst wenn sie so bildschön sind wie dieses 320n Cabrio. Immerhin 300.000 Euro wollte jemand dafür bezahlen, das war dem Anbieter zu wenig. Quelle: www.auctionata.com Zudem haben die Autos der Siebziger, Achtziger und Neunziger Jahre bereits im vergangenen Jahr deutlich zugelegt. Im Mercedes-BenzClassic-Index der Historic Automobile Group International hat die Wertentwicklung von 500 E, 300SL oder 190 E Evo II seit Jahresbeginn um 30 Prozent zugelegt. Die restlichen etwa 30 Modelle des Index legten um 4 Prozent zu.

Diese Entwicklung hat die Fantasie mancher Eigentümer etwas zu sehr angeregt. Für einen 1980er 230E (W123) wurden 9.500 Euro geboten, für ein seltenes 1985er-240-Diesel-T-Modell immerhin 16.000 Euro - beide wurden nicht verkauft.

Nächste Auktion: Only 911er

Vielleicht fehlt bei einer Online-Auktion aber auch das Fieber, das geschickte Auktionatoren mit unterhaltsamen Sprüchen erzeugen und die Versteigerung zum Spektakel werden lassen. Denn so lässt sich mancher Bieter zu einem überhöhten Gebot hinreißen.

Ob Auctionata das vielleicht bei der nächsten Versteigerung gelingt, kann man am Samstag in Hamburg beobachten. Im Prototypen-Museum kommen 25 Porsche 911 unter den Hammer, darunter Raritäten wie ein 1965er-Rennwagen mit kurzem Radstand. Absolutes Highlight ist ein 911 2.3 ST, von dem insgesamt nur 60 Autos für den Rennsport gebaut wurden.

Der Carrera-RS-2,7-Vorgänger, der aus 2,3 Litern mehr als 200 PS mobilisiert, ist an den Schnellverschlüssen an der Motorhaube zu erkennen. Vier davon wurden für die Gruppe IV Spezifikation umgerüstet, dieser soll einer davon sein. Das Startgebot liegt bei 650.000 Euro, das Auto könnte aber auch eine Million erzielen.

Die transparente Ergebnisliste inklusive der Höchstgebote der nicht verkauften Autos kann auf der Internetseite www.auctionata.com eingesehen werden. Dort sind auch alle Angaben zur "911 Only Auktion" zu finden.

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