550 PS, Allrad, aber weder Lenkung noch Bremspedal im klassischen Sinn. Ein schwedischer Rennfahrer im Rollstuhl fährt mit seinem umgebauten Volvo S40 an der Spitze mit.
Älvsbyn – 2,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h: Dieser Volvo S40 beschleunigt aus dem Stand schneller als aktuelle Formel-1-Autos. Und er hat weder Bremspedal noch Lenkung im klassischen Sinn. Das liegt an den Anforderungen des Piloten: Mats Öhman ist seit einem Snowcross-Unfall von der Hüfte abwärts gelähmt, kann auch die Arme nur zu 40 Prozent bewegen. Der Schwede steuert das 550-PS-Auto der Rallycross-Supercar-Klasse über ein eigens konstruiertes System. Und mischte bereits an der europäischen Spitze mit. So lässt sich das Rallycross-Monster steuernMehr als 10 Jahre lang tüftelte sein Team an der Steuerung. Eine Kurbel mit direkter Übersetzung ersetzt das Lenkrad. Sein rechter Arm steuert gleich mehrere Funktionen: Nach hinten ziehen bedeutet Feuer frei, beim Nach-vorne-drücken bremst der Volvo ab. Das sequenzielle Getriebe schaltet hoch, wenn der Ellenbogen vom Körper weggeschoben wird, einen Gang tiefer geht es in die andere Richtung. Der linke Ellenbogen steuert über eine ähnliches System die Kupplung. Die Anforderungen des Sports würden wohl den Algorithmus einer Automatik überfordern. Eine Rallycross-Strecke besteht aus Schotter- und Asphaltabschnitten. Am losem Untergrund macht frühes Raufschalten Sinn, erhöht die Chance auf Traktion. Am griffigen Geläuf werden die Gänge häufig ausgedreht. Patentlösungen gibt es aber keine. Die Gangwahl hängt damit zusammen, was die Konkurrenz auf der Strecke macht. Zwei Liter Hubraum, mindestens 550 PSDie Leistungsdaten des Rallycross-Supercars erinnern an jene der Gruppe-B-Autos aus der goldenen Ära des Rallyesports. Das Konzept ist ähnlich: Tubomotor und Allradantrieb. Der Hubraum ist per Reglement auf 2,0 Liter begrenzt. Ein Restriktor begrenzt die Luftmenge. 550 PS gelten als verhaltene Schätzung. Einige Teams geben je nach Ladedruck Werte um die 600 PS an. Rollstuhl hin oder her: Wer Spitzenplatzierungen gewohnt ist, gibt sich in der zweiten Karriere nicht mit dem ”Dabeisein” zufrieden. Nach Anfängen in heckgetriebenen Volvos und einem Ford Focus Supercar erstand Öhman den S40 - ein Spitzenauto aus der Europameisterschaft. Im umgebauten Volvo holte er den zweiten Rang in der schwedischen Meisterschaft. Als persönliches Highlight gibt er den Finaleinzug (die schnellsten sechs des Wochenendes) beim Europameisterschaftslauf in seiner Heimat an. ”Wenn ich fahre, habe ich nicht das Gefühl, dass ich gelähmt bin”, sagte Öhman gegenüber rallycrossworld.com.
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