Deutsche Rennstrecken sind asphaltierte Geschichte – von Tragödien und Triumphen, echtem Leben und Tod. Wir stellen Euch fünf Strecken vor. Heute: Die Nordschleife.
Quelle: Nuerburgring Betriebsgesellschaft mbh Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze Nürburg – Worum die Welt Deutschland beneidet? Um German Autobahn, Brot in allen Brauntönen und um die Nordschleife. 20,8 km betonierter Wahnsinn, geteerte Freiheit, anarchistische Antipode zur Deutschen Straßenverkehrsordnung. Obwohl diese auch auf dem Ring gilt. Die Fakten:
„Hatzenbach“, „Fuchsröhre“ oder „Karussel“ heißen einige der legendären Abschnitte. Seit der Einweihung der Strecke in der Eifel fesselt der Ring Hundertausende Zuschauer. Das 24-Stunden-Rennen gilt als das beeindruckendste Motorsport-Event der Welt. 33 Links- und 40 Rechtskurven bilden in Summe den einzigartigen Straßenrundkurs. Quelle: Nuerburgring Betriebsgesellschaft mbh Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart taufte die Schleife „Grüne Hölle“. Früher war der geflügelte Eifelspruch „Hecke auf, Hecke zu“ real. Wer vor 1973 von der weitgehend unbebauten Piste abkam, den stoppte keine Leitplanke. Zack, ging es durch die Hecke am Straßenrand – manchmal unbemerkt. Das Heckenproblem wurde gemildertRennfahrer und Nordschleifen-Kenner Richard von Frankenberg (voller Name: Richard-Alexander Ruthard Edi Wolf Eberhard von Frankenberg und Ludwigsdorff) schrieb 1970: „Wenn bei den Fahrerlehrgängen der Scuderia Hanseat die Instruktoren den 'Ring' erklären und fast an jeder Kurve erzählen: Hier flog der berühmte Sowieso heraus, hier ging der bekannte Derundder durch die Hecke, dann wird den Schülern angst und bange.“ Das Heckenproblem wurde mittlerweile angegangen, gefährlich ist die Strecke immer noch. 124 Unfälle und zwei Tote soll es allein 2011 auf der unberechenbaren Nordschleife gegeben haben. Dabei gibt es keine seriöse Quelle für diese Zahlen. Seit der Eröffnung am 18. Juni 1927 sollen hier mehr als 140 Piloten gestorben sein. 1928 verunglückt Cenek Junek als erster RennfahrerErstes Todesopfer war der tschechische Bugatti-Pilot Cenek (eigentlich Vincenc) Junek, der am 15. Juli 1928 in der Rechtskurve nach dem Breitscheider Brückchen in eine Mauer raste. Damals war der Quelle: Motorsportverlag ADAC Nordrhein Nürburgring samt Südschleife rund 28 Kilometer lang. 3.000 Arbeiter hatten zwei Jahre lang an der Strecke gebaut, um die strukturschwache Eifelregion touristisch zu beleben. Heute ist die „Junek-Kurve“ als „Ex-Mühle“ bekannt. Kurz dahinter liegt der Streckenabschnitt Bergwerk, wo am 1. August 1976 der schwere Unfall von Niki Lauda die Formel-1-Ära auf der Nordschleife beendete. Noch immer kann jeder mit einem straßenverkehrstauglichen Auto und ohne jede Einweisung für 27 Euro eine Runde im Rahmen der Touristenfahrten wagen. Dazu gibt es Renntaxis und Fahrtrainings. Fans aus aller Welt tauchen unter Anleitung von Rennfahrern und Nordschleifen-Kennern ein ins über 20 Kilometer lange Geschlängel durch die hügelige Eifeltopografie – vom tiefsten Punkt mit 320 bis zum höchsten mit knapp 617 Höhenmetern. Streckenrekord: 6:11,13 MinutenRing-Instruktor Sascha Bert ist vom Nutzen solcher Rennstrecken-Trainings überzeugt: „Mehr als anderswo muss man hier genau wissen, was man tut. Über Funk erklären wir die Strecke und führen von Runde zu Runde allmählich an die Gegebenheiten der Nordschleife heran.“ Auf eigene Faust sollte man die 73 Eifel-Kurven nicht erkunden. „Das geht schnell schief, weil man die Kurven und die vielen blinden Kuppen nicht kennt.“ Quelle: Ralf Schütze Den Streckenrekord für die Ewigkeit brannte 1983 Stefan Bellof mit 6:11,13 Minuten auf einem Porsche 956C in den Belag. Immer noch verdammt schnell sind manche Übungsgruppen, die an die 9:00 Minuten pro Runde schaffen. Es scheint logisch, dass die Automobilindustrie den Nürburgring für das Maß aller Dinge bei der Erprobung von Autos hält: Ein Kilometer im Renntempo auf der Nordschleife soll das Gefährt genauso belasten wie 20 Kilometer im realen Autoleben. Damit spart die Nordschleife bei der Fahrzeugerprobung viel Zeit. Autofirmen wie Jaguar, die nahe der Nordschleife aufwändige Testzentren unterhalten, taxieren diesen „Rafffaktor“ bei normalen Rennstrecken auf höchstens acht bis zehn. Juneks Ehefrau beendet nach dessen Tod eigene RennkarriereCenek Juneks Kurve ist wegen der darauf folgenden Bergaufpassage eine Schlüsselstelle. Dabei erinnert sich heute kaum noch ein Fahrer an den Tod des Tschechen. Juneks Ehefrau Elisabeth galt damals als schnellste Rennfahrerin der Welt. Am 17. Juli 1927 hatte sie beim ersten Großen Preis von Deutschland am Nürburgring über 508 Kilometer in der Drei-Liter-Klasse gewonnen. Nach dem Unfall ihres Mannes fuhr sie nie wieder ein Rennen. Triumphe und Tragödien liegen auf der Nordschleife besonders eng beisammen. |