Motorräder besitzen bei eine Crash keine schützende Blechhülle. Um die Sicherheit der Biker dennoch zu verbessern, arbeiten die Hersteller an neuen Systemen.
Quelle: picture alliance / dpa Berlin/Bonn - Im vergangenen Jahr sind 3.459 Menschen auf deutschen Straßen ums Leben gekommen. Jedes fünfte Todesopfer war mit einem motorisierten Zweirad unterwegs, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) belegen. Ein erhöhtes Unfallrisiko besteht auf Landstraßen: Hier starben 2015 fast drei Viertel aller tödlich verunglückten Biker. Neue Technik soll helfen, die Opferzahlen zu senken. Quelle: picture alliance / dpa ABS und TraktionskontrolleSeit diesem Januar müssen alle neu typgeprüften Motorräder mit elektronischem Antiblockiersystem (ABS) ausgestattet sein, ab Januar 2017 alle neu zugelassenen über 125 Kubikzentimeter. Eine längst überfällige Regelung, sagt Jürgen Bente vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). "ABS sollten alle Maschinen haben, wenn möglich eines, das Bremsen in Schräglage zulässt." Bei leistungsstärkeren Modellen empfiehlt er eine Traktionskontrolle. Laut ADAC gibt es mehr als 300 Modelle mit ABS. Es verhindert das Blockieren der Räder. Das Bike bleibt so beim Bremsen lenkbar und in der Spur, ein Sturz kann oft verhindert werden. Selbst ungeübte Fahrer trauen sich, die volle Bremsleistung abzurufen, ohne Angst vor einem Reifenblockierer haben zu müssen. Neben dem ABS hilft eine integrierte Traktionskontrolle oder eine zusätzliche Stabilitätskontrolle. Droht das Hinterrad durchzudrehen, drosselt die Motorelektronik die Leistung, und das Motorrad stabilisiert sich. Es verhindert damit das Wegrutschen in Kurven, das Abheben des Hinterrads (Stoppie) und ein Aufsteigen des Vorderrads (Wheelie) beim Beschleunigen. Bei regelbaren Traktionskontrollen kann der Fahrer das Eingriffsniveau bestimmen. Bei der BMW R 800 GS kostet die automatische Stabilitätskontrolle 320 Euro extra. Für den Einsatz im Gelände ist sie wie das ABS abschaltbar. Beim größeren Modell R 1200 GS zählt das System zur Serienausstattung. Quelle: picture alliance / dpa Display im Helm und Luftkissen für die JackeAnfang des Jahres stellte BMW einen Helm mit integriertem Head-up-Display vor. Darin lassen sich Infos zur Geschwindigkeit und Navi-Pfeile einblenden, sodass der Fahrer nicht mehr den Kopf beugen muss, um auf die Armaturen zu sehen. Der Helm soll nächstes Jahr auf den Markt kommen. Zulieferer wie Continental und Bosch entwickeln seit Jahren Sicherheitssysteme für Zweiräder, Bosch unter anderem unterschiedliche ABS-Module und Stabilitätskontrollen. Die Motorrad-Stabilitätskontrolle (MSC) unterstützt den Fahrer in allen Fahrsituationen wie in Schräglagen bei Kurvenfahrt, beim Bremsen und Beschleunigen. Außerdem bietet der Zulieferer einen Totwinkel-Assistenten an, der mit vier Ultraschall-Umfeldsensoren die Umgebung beobachtet und dem Biker beim sicheren Spurwechsel hilft. Auch Schaltassistenten wie bei Ducati oder Doppelkupplungsgetriebe von Honda sollen die Arbeit erleichtern. Ducati verkauft das Geländemotorrad Multistrada D-Air (19.490 Euro) mit einer integrierten Airbag-Jacke von Dainese. Der italienische Hersteller bietet seine Westen (750 Euro) und Jacken (1.500 Euro) mit integriertem Airbag auch einzeln an. Zwei Luftsäcke schützen Oberkörper, Rücken, Brustkorb, Schlüsselbein und den Hals. Die Auslöseeinheit wird über Funk gesteuert. Bei einem Test des ADAC reagierte die Jacke schnell und überzeugte die Ingenieure. "Airbags sind sehr sinnvoll. Sie vergrößern die Knautschzone und reduzieren das Verletzungsrisiko", sagt Bente. Quelle: picture alliance / dpa Vernetzung soll Sicherheit erhöhenZukünftig sollen Motorräder und Autofahrer bereits vor einem Zusammenstoß gewarnt werden. Durch die sogenannte Vehicle-to-x-Kommunikation, also das Weitergeben von Fahrzeugdaten untereinander, ließen sich künftig mehr Unfälle vermeiden. "Das Auto wird dann automatisch auf ein herannahendes Motorrad aufmerksam gemacht - lange bevor der Autofahrer es überhaupt sieht", sagt Bente. Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat errechnet, dass neue Assistenzsysteme für Kreuzungs- und Querverkehr, Linksabbiegen, Kurven- und Höchstgeschwindigkeiten bis zu 90 Prozent der Unfälle positiv beeinflussen können. Theoretisch - denn ob und wann die Technik eingesetzt wird, ist fraglich. Es werden eben deutlich weniger Motorräder als Autos verkauft. "Geringe Stückzahlen rentieren sich aber für manche Systeme nicht", sagt Brockmann. Er hofft darauf, dass es bei den Sicherheitssystemen Überlaufeffekte vom Auto geben wird - ähnlich wie beim ABS oder der Traktionskontrolle. Brockmann sieht eine Kommunikation unter Fahrzeugen allerdings nicht in den nächsten 15 Jahren: "Damit das funktioniert, müssen fünf bis zehn Prozent der Fahrzeuge damit ausgestattet sein." Bei Motorrädern mit einem Durchschnittsalter von 15,7 Jahren wird das dauern. Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht
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