Alfa Romeo – das klingt nach Bella Macchina, nach heißen Motoren unter sportlich geformtem Blech. Carsablanca-Mitglied Uwe Wießmat hat die andere Seite der Marke in der Garage stehen: Einen raren Alfa Romeo Bus Ein Faible für altes italienisches Blech hatte Uwe Wießmath (siata) schon immer. Aber das er sich irgendwann ausgerechnet auf die Jagd nach einem italienischen Kleinbus machen sollte, das hätte er selbst nicht geglaubt. Den Anfang machte, wie so häufig, eine Internet-Offerte bei einem großen Versteigerungsportal. In den USA bot jemand einen „Romeo 2“ an, jenes Fahrzeug, mit dem Alfa Romeo ab den sechziger Jahren eine Zeitlang versuchte, im Segment der leichten Nutzfahrzeuge Fuß zu fassen und etablierten Konkurrenten wie VW Bulli und Ford Transit, aber auch dem heimischen Produkt Fiat 238 Paroli zu bieten. Der Erfolg blieb bescheiden – aber wäre wohl noch bescheidener gewesen, hätten nicht die italienischen Behörden einen Teil der Fahrzeuge geordert. Lange vor der Übernahme von Alfa Romeo durch den übermächtigen Konkurrenten aus Turin war das Intermezzo denn auch schon wieder vorbei. Ein solches Fahrzeug stand nun also jenseits des großen Teiches zum Verkauf. „Eigentlich faszinieren mich ja eher sportliche Fahrzeuge, aber bei dieser Kuriosität habe ich dann doch mit geboten“, erinnert sich Uwe Wießmath. Doch schließlich schien ihm das Wagnis zu groß, und er sprang kurz vor Auktionsende ab. „Der Bus sah zwar auf den Bildern noch recht ordentlich aus, aber so ein Blindkauf über Kontinentsgrenzen hinweg, das ist doch ein enormes Risiko!“ Recht hat der Mann, denn schon so mancher Käufer träumte sich so lange ein Schnäppchen zusammen, bis ihm eine Ruine im Überseecontainer gegenüberstand. Doch der Gedanke an so einen Alfa-Bus ließ den Mann aus der Lebkuchenstadt Nürnberg nicht mehr los. „Ich dachte mir, dass wäre doch ein stilvoller Renntransporter für meinen Siata“, erklärt der Franke seine Überlegungen. Er machte sich aus verschiedenen Quellen schlau und stellte fest, dass es sich um eine äußerst rare Spezies handelt: Nach Einschätzung von Fachleuten haben kaum mehr als 100 Exemplare des Romeo 2 überlebt. Die Chance, an ein Exemplar zu kommen, schätzte daher auch Uwe Wießmath als gering ein. Eines Tages erzählte er seinem „Haus- und Hofschrauber“ von seinem seltenen Wunscholdtimer – und schlug fast der Länge nach hinten über, als der Mensch im Blaumann locker antwortete: „Wieso? So einen habe ich seit fast 10 Jahren bei mir in der Halle stehen!“ Dass der wackere Franke seinen Mechanikus nicht eher in Ruhe ließ, bis der mit ihm zu jener außerhalb liegenden Örtlichkeit gefahren war und den vierrädrigen Beweis präsentiert hatte, verstand sich von selbst. Tatsächlich, da stand er: Ein Romeo 2, lackiert in einem typischen behörden-blaugrau, mit Milchglasscheiben und einem über die ganze Aufbaulänge reichenden Hochdach. Es handelte sich um einen Sonderaufbau für die damalige staatliche italienische Blutspendeorganisation, deren Aufgabe es war, den Azzuri ihren roten Lebenssaft literweise abzuzapfen. Als die staatlich besoldeten Vampire irgendwann ein neues Dienstfahrzeug erhielten, wanderte der Romeo Bus einfach auf den Schrott, ungeschweißt und rostfrei, wie er war. Dort hatte ihn in der zweiten Hälfte der 80er Jahre ein deutscher Alfa-Fan entdeckt und losgeeist, um ihn nach Deutschland mitzunehmen. Das wiederum war seinerzeit noch wesentlich komplizierter zu bewerkstelligen als heutzutage, denn Österreich bestand damals noch auf seiner Neutralität und war daher EU-Ausland. In seiner neuen germanischen Wahlheimat hatte es der Romeo nach einiger Zeit immerhin zu einem hiesigen Blanko-Brief gebracht, zugelassen worden war er aber hierzulande nie. Statt dessen schlief er nun schon wieder 10 Jahre lang einen Dornröschenschlaf in der Halle von Uwe Wießmaths Schrauberfreund, doch die Uhr tickte: Der Mann musste die Halle einige Zeit später überraschend räumen und bat Wießmath um Asyl für den Alfa Bus. Die Antwort des gewitzten Franken lautete sinngemäß: „Gern – so bald er mir gehört!“ Es war noch etwas Überredungskunst nötig, aber schließlich konnte Uwe Wießmath den blauen Hochdachbus erwerben, „zu einem für beide Seiten fairen Preis“, wie er sagt. Das Herz des ehemaligen Vampirmobils stammt aus dem Giulia-Regal, wobei das 1300er Triebwerk für diesen Zweck auf 35 PS gedrosselt wurde. Das hatte aber bereits der erste deutsche Besitzer mit Teilen von einem serienmäßigen Limousinenmotor geändert, so dass der Bus nun „um die 60 PS hat“, schätzt sein Besitzer. Fahren kann er ihn derzeit noch nicht, denn „die Bremsen müssen überholt werden nach der langen Standzeit“, und dazu ist der 41jährige noch nicht gekommen. Doch für die nächste Saison wird der frontgetriebene Alfa Bus voll einsatzklar sein. Dann erwartet ihn eine neue Aufgabe, wenn sein Eigentümer ihn als Mitorganisator auf die kommende Altmühltal Classic Sprint nimmt: „Der Romeo 2 soll unser rollendes Organisationsbüro werden“, verrät der italophile Franke. Dabei will er den Wagen aber so weit wie möglich original belassen. Sollten Sie also im nächsten Jahr einen italienischen Blutsammel-Bus im malerischen Altmühltal sehen, werfen Sie mal einen Blick hinein. Die Blutampullen könnten rot gefüllt sein – aber vermutlich mit Barolo. Unwahrscheinlich ist das nicht, schließlich verdient sich der Eigentümer des Fahrzeugs seinen Lebensunterhalt als Weinhändler… von Michael Grote Quelle: Carsablanca |
verfasst am 14.02.2009
1
Carsablanca