Trotz Formel-1-Engagement gelten Renault-Fahrzeuge nicht mehr als sehr sportlich. Das war mal anders. R5 Turbo, Alpine und zuletzt der Sport Spider von 1995. Mit dem wohl außergewöhnlichsten Franzosen aller Zeiten fuhr MT-Reporter Fabian Hoberg noch mal ein paar Stunden in die Vergangenheit.
VON MT-REPORTER FABIAN HOBERG
Berlin - Offen und ehrlich. Spartanisch und selten. Der Renault Sport Spider ist ein Auto wie aus einem Traum. Befreit von Sorgen um Sicherheit, erlöst von allen Vernunftgedanken. Ein Fahrzeug, das alles hat, was man zum Fahren braucht. Und alles andere weglässt. ABS, ESP, Seitenscheiben, Radio, Türgriffe, Lüftung. In einigen Modellen sparte sich Renault sogar die Frontscheibe. Man sitzt, fährt und mit jedem km/h mehr auf dem Tacho steigen die Motorengeräusche. Aus Luft wird Fahrtwind, aus Fahrtwind eine Melodie. Der Sound von Freiheit. Renault hatte ihn. Coole Jungs, die damals wohl noch harte Burschen hießen, zahlten 58.300 Mark (mit Frontscheibe) für diese Soundmaschine auf Rädern. Das Gerät ist wertstabil wie kaum ein Auto und nur extrem wenige Renault: die vereinzelten gebrauchten Sport Spider kosten ab 25.000 Euro. Nur etwa 2.000 Fahrzeuge bauten die Franzosen in vier Jahren. ![]() Ein zweisitziges SportgerätDer Sport Spider ist klein (3,79 Meter), flach (1,25 Meter), leicht (965 Kilogramm), in einem Wort: extrem! Schmale Windschutzscheibe, Alu-Rahmen, Gfk-Haut und Mittelmotor. Von Anfang an konzipierte Renault den Zweisitzer als Sportgerät, für eine Rennserie im Vorfeld der Formel 1. Das Konzept rollt erfolgreich von der Rundstrecke auf öffentliche Straßen. Und zieht dort damals wie heute enorme Aufmerksamkeit auf sich. Was für eine Show allein das Einsteigen ist. Die Türen flügeln oben, der Körper fällt tief in enge Sportschalen. Und dann wird der gelbe Anschnallgurt von rechts nach links gezogen. Es gibt ja keine B-Säule. Nach einiger Fummelei mit dem Schloss springt der 147 PS starke 2,0-Liter-Vierzylinder an. Der Motor klingt mittelmäßig, akustisch wie PS-seitig. Doch den 964 Kilo leichten Zweisitzer beschleunigt er famos in 6,9 Sekunden auf 100 km/h. Viel mehr hält das eigene Haar auf Dauer nicht aus. Nur Glatzenträger könnten ggf. etwas mehr Leistung einfordern. Workauto im SpiderSpider-Fahrer sind hart im Nehmen, düsen durch jedes Gewitter, parken nie unter Laternen. Und sie haben die Waden eines ungedopten Radprofis. Denn die Bremse (aus dem Alpine 610 Turbo, ohne ![]() Noch packender als die körperliche Herausforderung ist die Bewusstseinserweiterung nach jeder Kurve: Liegt der Grenzbereich eines 18 Jahre alten Autos wirklich so weit außerhalb der eigenen Vorstellungskraft? Der Renault klebt am Teer wie ein Gecko an der Wand. Kein Schütteln, kein Wackeln, Lenken oder Bremsen kann den Wagen von der Asphaltdecke lösen. Die fünf Gänge wechseln mit kurzen Zwischengasstößen, denn der Vierzylinder braucht Drehzahl. Unter 4.000 Touren fühlt sich der Motor so schlaff an wie ein feuchtes Baguette. Doch dreht das Triebwerk hoch, dann brüllt der Doppelauspuff. Zum Beispiel, als ich mit dem Spider die Berge hoch hetze, dem Gipfel entgegen. Der Mittelmotor ersetzt Radio und Heizung, das nennt man ökonomischen Aggregatebau. Schnell kommen die beiden Insassen auf Temperatur, egal bei welchem Wetter. Maximal rennt der Spider 215 km/h. Ein Stunt, der nicht auf Dauer zu empfehlen ist. Mit zugekniffenen Augen![]() Mit zugekniffenen Augen geht es durch den kleinen Schauer, die Haare sind dank des Sport-Föns innerhalb weniger Minuten wieder trocken und der Spider kann wieder mit harter Hand geführt werden. Der Renault will, nein, er muss gefahren werden. Für Männer mit Waschbrettbauch, zumindest im Geiste. Technische Daten Renault Sport Spider
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