Absatzrückgang bei VW? Nicht in den USA. Obwohl dort aktuell keine Diesel verkauft werden, schrumpft der Lagerbestand. Der Grund: Kräftige Nachlässe und Modellwechsel.
Washington/USA – Liegen VW-Fahrzeuge nach den eingestandenen Schummeleien bei CO2- und Schadstoffausstoß wie das sprichwörtliche Blei in den Regalen? Weit gefehlt, wie schon eine kurze Umfrage im Bekanntenkreis nahelegt. Dort wird derzeit öfter gefragt: „Bekomme ich Fahrzeuge von VW jetzt billiger?“ Der europäische Automobil-Branchenverband ACEA meldete vor Kurzem für VW einen europaweiten Verkaufsrückgang von 0,5 Prozent im Oktober. Der Marktanteil sank von 25,9 auf 25,1 Prozent. Nicht schön für Wolfsburg, aber auch keine Katastrophe. In den USA bekommt man einen VW derzeit tatsächlich billiger, und das resultiert in erstaunlich starken Verkaufszahlen. Die Marke setzte im Oktober 30.387 Autos ab, im Vergleich zu 30.313 im Vorjahresmonat. Und das, obwohl VW den Verkauf von Dieselmodellen weitgehend stoppen musste. Quelle: Screenshot/Volkswagen of America Im Gegenzug stieg die Nachfrage nach Benzinmodellen. Dabei halfen großzügige Nachlässe: Neukunden erhalten aktuell je nach Modell einen Bonus bis zu 1.000 US-Dollar, Bestandskunden einen Loyalitätsbonus bis zu 1.500 US-Dollar. Noch bis September dürfen VW-Händler ihre Kunden mit verführerischen Leasing-Deals ins neue Auto locken: keine Anzahlung, keine Kaution, keine erste Monatsrate. Die Lager sind leerDie Boni und Sonderaktionen leerten VWs Bestand an lagernden Benzinmodellen. Er habe den besten Oktober aller Zeiten gehabt, ohne einen einzigen Diesel zu verkaufen, sagte ein Händler aus South Carolina zu „Automotive News“. Sein Problem bis Jahresende: „Die Verkäufe aufrechterhalten mit sehr wenig Lagerbestand“. Zum Verständnis: Der Neuwagenkauf in den USA unterscheidet sich von dem bei uns. Es wird nur selten konfiguriert und bestellt. Stattdessen entscheiden sich die Kunden für Lagerfahrzeuge auf dem Hof und unterschreiben direkt einen Leasingvertrag. Derzeit, sagt der Händler, habe er 72 Neuwagen im Verkauf, zuzüglich 25 unverkäufliche Dieselmodelle. Allein im Oktober habe er jedoch 40 Passat verkauft. Das bedeutet: Sein Vorrat werde nicht lange reichen. Er selbst geht von maximal 35 Tagen aus. Außerdem steht beim Passat durch den Modellwechsel vom Modelljahr 2015 auf das Modelljahr 2016 nur begrenzter Nachschub zur Verfügung. Mit knappen Vorräten ins WeihnachtsgeschäftNoch angespannter sei die Situation bei dem aus Wolfsburg importierten Tiguan, berichtet ein Händler aus Denver dem Branchenmagazin. Die hohe Nachfrage nach diesem Modell hat VW offenbar überrascht. Statt etwa 40 Fahrzeugen wie gewöhnlich habe er derzeit noch fünf auf Lager. Allein im Oktober konnte er 80 Tiguan verkaufen. Quelle: Volkswagen of America Die lokale Produktion des SUV in Puebla (Mexiko) läuft erst 2016 an, dann mit dem Tiguan 2. Bis dahin muss sich Volkswagen of America mit Importen aus Europa behelfen, wo die Produktion ebenfalls in den kommenden Monaten umgestellt wird. Ende Oktober standen nach Angaben von „TrueCar“ rund 52.600 Autos auf den Höfen der US-VW-Händler. Diese Zahl beinhaltet auch Dieselmodelle, die derzeit unverkäuflich sind. "Das ist toll"Am 1. November umfasste der Lagerbestand von Volkswagen of America 108.300 Fahrzeuge, berichtet „Automotive News“ unter Bezug auf eigene Daten. Darin inbegriffen sind Fahrzeuge in Fabriken, Häfen sowie im Transport. In den Häfen stehen dem Bericht zufolge zum Großteil importierte Diesel, die derzeit nicht verkäuflich sind. Nach Monaten des Absatzrückgangs stellen die leeren Höfe Amerikas VW-Händler vor Herausforderungen, mit denen sie sehr gern umgehen. „Wir leben von der Hand in den Mund, und das ist toll“, zitiert „Automotive News“ einen dritten Händler. Weniger Lagerhaltung bedeutet weniger Kosten, und ein hoher Durchsatz bedeutet gute Gewinne für die Händler. Quelle: Automotive News; bmt |