Von Berlin nach Hamburg - das schafft man in drei Stunden. Wir haben uns drei Tage Zeit gelassen und jede Minute genossen. Das lag vor allem an zwei großen Buchstaben.
Berlin/Hamburg – Voller Ehrfurcht blicken die Menschen in Wittstock der edlen Citroën DS hinter her. Dann rollt der Ford Capri RS zur Durchfahrtskontrolle bei der Hamburg-Berlin-Klassik. Aus Bewunderung wird Wiedersehensfreude. „Ich habe genau das gleiche Modell Zuhause“, ruft ein Mann. Er muss den ganzen Tag auf uns gewartet haben, den Rallye-Katalog in Händen. Auf 707 Kilometern quer durch Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern höre ich öfter solche Zurufe. Auch die anderen Teilnehmer finden meinen Wagen rattenscharf. "Das ist ein echter Traumwagen. Ich wollte immer so einen haben" - die Worte kommen von einem Mann, der genauso bekannt ist wie mein Capri. Es ist Horst Lichter, Fernsehkoch und Autonarr. Bei der diesjährigen Rallye fährt er einen Bentley Petersen von 1932. Ich fahre in seinem ockerfarbenen Traumwagen direkt vor ihm. 42 Jahre und kein bisschen müdeDer Capri ist Baujahr 1971. Im Jahr 2013 zeigt sein Tacho 42.900 Kilometer. Ob bei einer sechsstelligen Anzeige eine Eins davor stehen würde? Der 2,6-Liter-V6-Motor unter der mattschwarzen Haube ist in jedem Fall original, auch wenn er schon mindestens einmal überholt wurde. Seine 150 PS haben eine ganze Generation beeindruckt. Und das tun sie auch heute noch, bis hinauf in die oberen Reihen. „Der Durchzug, das Ansprechverhalten, der Sound – das ist einmalig“, schwärmt mein Mitfahrer. Und seine Worte haben Gewicht. Neben mir sitzt der wichtigste Deutsche im ganzen Ford-Konzern: Gunnar Herrmann, Vorstand für Qualität bei Ford Europa. Für drei Tage fahren wir zusammen die Hamburg-Berlin-Klassik und plaudern über Autos, Qualität und natürlich den Capri. Vor allem der Motor versetzt den Vorstand immer wieder in Begeisterung. Die Leistungscharakteristik ist auch nach 40 Jahren noch konkurrenzfähig, meint er. Und der Klang! Herrmann fährt und schwärmt und fährt und schwärmt. „Der würde auch heute noch jede Menge Spaß bereiten“. Er würde nicht nur, er tut es auch. Herrmann tritt auf das Gaspedal. Immer wieder sucht er einen fünften Gang, wo der vierte schon das Ende des Getriebes markiert. Der Schaltknüppel wandert also zurück nach rechts unten. Die Beschleunigungsfahrt geht trotz hoher Drehzahl weiter. Ohne sich zu sträuben dreht der V6 bis zur rot markierten Schmerzgrenze. Der Capri ist zu durchlässigDer Ford-Vorstand ist mit dem Motor aus einer Zeit vor seinem Amt zufrieden. Das gilt allerdings nicht für Auch bei der Isolation bekommt der Zweitürer vom obersten Qualitätsbeauftragten schlechte Noten. Die Geräuschdämmung ist lasch und lässt jede Menge Windgeräusche nach innen. Noch mehr stört die mangelhafte Stirnwand-Isolation. Sie lässt viel zu viel Motorwärme durch und sorgt für warme Füße - auch im Sommer. Dafür würde Herrmann gerne den Heckantrieb mit in die Gegenwart und in die aktuelle Modellpalette von Ford nehmen. Auch die Windschutzscheibe beeindruckt den studierten Karosseriebauern. Ihre nach hinten gezogenen Ränder sorgen dafür, dass weder Wind noch Regen durch die Seitenscheiben nach innen kommen. Das ist hohe Ingenieurskunst. Der läuft auch noch 100 JahreNach drei Tagen Rallye ist klar: Das Tollste am Capri RS ist der Motor. Heute auf der Landstraße zwischen Wer sich heute einen Capri RS kauft, der hat vor allem ein Problem: die Beschaffung von Ersatzteilen. Muss beispielsweise die mechanische Kugelfischer-Einspritzung getauscht werden, dann kostet das mehrere Tausend Euro, meint Ford-Classic-Experte Achim Gerstenmayer. Ansonsten hat der Kfz-Mechaniker keinerlei Bedenken. „Der läuft locker nochmal 40 Jahre“, sagt er. Und wenn die Ersatzteile verfügbar sind, dann könnten das Auto auch noch 100 Jahre laufen. Bei der Rallye von Berlin nach Hamburg gewann der Capri immerhin eine Wertungsprüfung. Bei der Gesamtwertung belegte das Team Herrmann-Stahl den 82. Platz, von 183 Teilnehmern. |
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