Wer sich in die neue Maybach-S-Klasse von Mercedes versenkt, denkt automatisch an die erste Klasse über den Wolken. Erste Messe-Sitzprobe im edlen Magnaten-Mercedes.
Los Angeles – Ein Flug von München nach New York kostet in der ersten Klasse etwa 2.500 Euro. Darin inbegriffen: Sitze mit zwei Meter langer Liegefläche, eine Kuscheldecke, Rosen, feine Küche. Für die neue S-Klasse der Maybach–Linie nennt Mercedes noch keinen Preis. Die Fachpresse vermutet: rund 200.000 Euro für den Mercedes-Maybach S 600. In diesem Preis inbegriffen ist für die wohlhabenden Passagiere ein Kuschelkissen. Wer in den zigfach verstellbaren, mit gestepptem Leder bezogenen Sesseln des Mercedes-Maybach versinkt, fragt sich zu Recht: Ist das noch Autofahren? Irgendwie schon, denn in der First Class über den Wolken ist dann doch etwas mehr Platz. Und: wer im Maybach über die Wolken will, muss dafür einen hohen Berg hinauffahren. Quelle: Daimler Und doch: So viel Leder, so viel Chrom, Holz und Glanz, da kann die First Class nicht mithalten. Sogar den Dachhimmel bezieht Mercedes mit dem beigen Nappaleder, zumindest dort, wo nicht das serienmäßige Panorama-Glasdach einen Blick von unten auf die Wolken erlaubt. Liegelandschaft und ÜberflussWer hier sitzen will, hat das Ganze nicht verstanden: In diesem Überfluss an Knieraum muss man liegen. Schließlich drapiert sich der Reiche und/oder Wichtige auf Liegesitzen, und mal ehrlich: zum Sitzen braucht man keine 20 Zentimeter mehr Radstand gegenüber der langen S-Klasse. Schön sind hochauflösende Unterhaltungsmonitore, heißer Tee und kalter Champagner aus der Mittelkonsole. Am liebsten aus versilberten Kelchen – die stehen sogar als Sonderzubehör im Katalog. Hinter der Rollo-verhangenen Dreieckscheibe ziehen sich die Passagiere zu konspirativen Arbeitsgeprächen zurück. Oder betreiben vor dem nächsten OPEC-Date noch unentdeckt Power-Napping. Das ist neudeutsch für Schlafpause. Wo so viel Prunk und Perfektion ist, da stört man sich am Normalen: Das Kunststoffgehäuse des separaten Fond-Schminkspiegels fällt gegenüber der übrigen Ausstattung deutlich ab. Wer nach vorn umsteigt, also in diesem Fall auf die billigen Plätze, staunt erst mal. Auf dem Lenkrad des Mercedes-Maybach steht: Mercedes-Benz. Dabei hatte man doch Carl Benz eigentlich aus dem Produktnamen eliminiert. Jenen Carl Benz, der sich mit Gottlieb Daimler noch erbitterte Rechtsstreits lieferte, als Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach längst gemeinsam schraubten. Telefonieren mit AmerikaQuelle: Fabian Hoberg Schwamm über die kleine Inkonsistenz am Volant. Die ledergesteppte Welt ist auch vorn beige und braun, das Cockpit in seinen Funktionen aus der S-Klasse bekannt, aber in der Anmutung doch eigen. Kann so eine S-Klasse Maybach vielleicht doch fliegen? Ein bisschen fühlt man sich über den Wolken, entrückt der Realität. Burmester-Chrom, tiefenlackierte Hölzer und überall diese cremigen Lederwölkchen. Zurück zur harten Realität: Noch steht diese 5,45 Meter kurze und mit Zwölfzylinder 530 PS schwache Limousine nur auf dem Messestand. Vom ruhigsten Innenraum der Welt lässt sich daher ebenso wenig erzählen wie von der Sprachverstärkung, die die Kommunikation zwischen vorn und hinten vereinfachen soll. Das ist wie Telefonieren mit Amerika: Wo die Distanz wächst, muss die Technik helfen. Die wunderbar entrückte Welt der Wichtigen treibt im S 500 ein Achtzylinder mit 455 PS und Neungang Automatik an, oder im S 600 oben genannter V12 mit Siebengang-Automatik. Im Juni 2015 folgt eine Allrad-Version des S 500. Beide Motoren können die Limousine in 5,0 Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen, bei 250 km/h regelt die Elektronik ab. Weitere Einzelheiten will Mercedes im Januar 2015 verraten. Wir freuen uns schon auf diesen Vergleichstest: Boeing Dreamliner gegen Mercedes-Maybach S-Klasse. Update: Nach dem Sitzen kommt das Fahren. Lest hier unsere erste Fahrt im Mercedes-Maybach S600. |