Am europäischen Markt ist der Qashqai der erfolgreichste Nissan der Geschichte. Schreibt das Facelift die Erfolgsgeschichte weiter? Wir testen die überarbeitete Version.
Wien - Vorbei sind die Zeiten, in denen man auf Qashqai reflexartig „Gesundheit“ entgegnete. Das Kompakt-SUV wurde längst vom Unaussprechlichen zum Unverzichtbaren. Jedenfalls für Nissan. Seit dem Marktstart 2007 verkaufte man weltweit 2,3 Millionen Exemplare, in Europa war kein Nissan je erfolgreicher. Entsprechend behutsam fällt die Modellpflege der zweiten Generation aus. Teilautonom ab Frühling 2018Markanteste optische Änderung? Das V-Profil am Kühlergrill breitet sich in alle Richtungen aus und reicht nun bis zu den Scheinwerfern. Das Nissan-Emblem wuchs mit. Nicht grundlos: Hinter dem Marken-Logo verbirgt sich der Radarsensor. Noch versorgt er ausschließlich die Notbremsassistenten mit Daten. Ab Frühling 2018 soll der Radarsensor gemeinsam mit der Kamera auf Höhe des Innenspiegels die Grundlage für teilautonomes Fahren bilden. Ein adaptiver Tempomat, der selbständig stehen bleibt und wieder anfährt, in Kombination mit einem Spurhalteassistenten, der das Auto per Lenkeingriff auf Linie hält – an sich nichts Neues. Wäre da nicht die Ankündigung, dass dieses Auto in Stau- und Kolonnenverkehr ohne Eingriff des Fahrers zurechtkommen soll. Genau hier geraten viele Systeme am Markt noch an die Grenzen: Die Lenkunterstützung wird bei den meisten Modellen erst ab 60 km/h aktiv. So schnell wären Fahrer im zähen Kolonnenverkehr oftmals gerne. Fortschritte beim HandlingNissan verspricht Lenkunterstützung ab dem ersten km/h. Wir sind gespannt, steuern den Qashqai aber vorerst lieber selbst. Schließlich soll das aufgefrischte Kompakt-SUV durch Änderungen an Lenkung, Radaufhängung und Dämpfern ein merkbar besseres Handling bieten. Das glaubt man den Japanern erst mit aktiviertem Sport-Modus der Lenkung. Im Standardtrimm ist sie zwar ausreichend direkt, doch stets weich und unpräzise. In der schärferen Abstimmung machen im Qashqai auch Serpentinenstraßen Spaß. Wer es auf geschwungenem Geläuf wirklich wissen will, muss abtauchen in die Tiefen des Bordcomputers und dort die Fahrwerksregelung deaktivieren. Das System minimiert Wank- und Nick-Bewegungen der Karosserie durch Bremseingriffe, entweder an einzelnen Rädern oder über die Motorbremswirkung. Sprich: Es dreht das Gas zurück. Störend beim „Rasen“, komfortabel beim Reisen. Und dafür ist dieser Nissan schließlich gedacht. Passend dazu steckt das Fahrwerk grobe, kurze Wellen gut weg. Unterwegs im 130-PS-Diesel mit AutomatikQuelle: NissanNach wie vor stehen im Qashqai vier Aggregate zur Wahl: Der 1,2-Liter-Turbobenziner mit 115 PS lässt sich mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe oder mit Automatik bestellen. Der stärkere 1,6-Liter-Turbobenziner mit 163 PS kommt ausschließlich in Verbindung mit dem Schaltgetriebe. Gleiches gilt für den 1,5-Liter-Turbodiesel mit 110 PS. Das größte Set an Kombinationsmöglichkeiten bietet sich beim 1,6-Liter-Turbodiesel mit 130 PS. Hier steht neben dem Schaltgetriebe und der Automatik auch eine handgerührte Allrad-Variante zur Wahl. Wir fahren den starken Diesel dennoch mit Automatik und Frontantrieb. Schließlich entscheiden sich nur 30 Prozent der deutschen Qashqai-Käufer für Allrad. Wir vermissten ihn auf asphaltiertem Gelände nicht, auch nicht bei leichtem Regen. Der 1,6-Liter-Diesel funktioniert im unteren Drehzahlbereich zwar ganz gut. Mit plötzlichem Drehmoment-Punch müssen sich die Vorderräder aber nicht herumschlagen. Den gibt es, wie beim Diesel zu erwarten, auch nicht im oberen Drehzahlbereich. Schlecht also, dass die stufenlose Automatik das Aggregat gern jenseits der 3.500 Umdrehungen sieht. Schon beim Vormodell zeigten sich viele Fahrer mit dem CVT-Automaten nicht ganz glücklich. Nissan verbesserte den Antriebsstrang, es bleibt aber viel Luft nach oben. Sturheit kann man dem System jedoch nicht vorwerfen. Greift der Fahrer zum Schaltstick, reagiert das stufenlose Getriebe so rasch wie moderne Wandler- und DKG-Lösungen. Basis-Modell ab 20.490 EuroBislang bildete „Tekna“ die höchste Ausstattungsvariante. Mit dem Facelift erweitert Nissan die vier bisherigen Linien um die neue Topvariante „Tekna plus“ mit Sitzen in Nappaleder. In jedem Fall steckt im Qashqai ein unten abgeflachtes Lenkrad. Das gefällt sicher nicht jedem, ist aber deutlich handlicher als das Volant des Vorgängers. Das Steuer ist bereits aus dem Nissan Micra bekannt. Außerdem senkte Nissan mittels mehr Dämmmaterial und dickeren Scheiben die Geräuschkulisse im Qashqai. Der überarbeitete Bestseller ist ab 20.490 Euro für den handgeschalteten 1,2-Liter-Benziner erhältlich. Ab August steht das Facelift beim Händler, im Vorfeld gibt es bereits vereinzelte Vorserienmodelle für Testfahrten. Fazit: Nicht alles im Sinne der KundenAuch wenn im Segment der kompakten SUV immer mehr Konkurrenz entsteht, der Nissan Qashqai ist so etwas wie das Original und besitzt einen gewissen Vorsprung – auch in Form eines großen Kundenstamms. Glaubt man den Japanern, verbesserten sie den Bestseller weitestgehend gemäß den Wünschen dieser Stammkunden. Ob sich die wohl wirklich einen Verzicht auf Apple Carplay und einen aufgeschobenen Start des vollen Fahrassistentenpakets gewünscht haben? Beim Thema Assistenz und Konnektivität hatte Nissans Umsatzgarant schließlich größeren Nachholbedarf als beim Design des Kühlergrills. Technische Daten Nissan Qashqai 1,6 Diesel
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