Irgend etwas zuckte, als uns die Einladung zu den "Baja 300 Powerdays" in der Lausitz erreichte. Gut, dunkel war uns "Baja" ein Begriff. "Sowas mit Wüste eben." Aber um ehrlich zu sein - bei "Baja" fielen mir einzig die aufgebockten "Baja-Käfer" ein. Einverstanden, ich bin mit Sicherheit das schlechteste Beispiel. Denn ich bin ein echter Motorsportvollidiot.Dennoch drängte uns unsere Neugier, in die Lausitz zu fahren. Und es war nicht einzig das Versprechen, hier auf die Herren James, Block und Baldwin treffen zu dürfen. Es war eher, dass wir die Vorahnung hatten, etwas Neues kennenlernen zu dürfen. So saßen wir also, ehe wir uns versahen, im Wagen. Rudimentär informiert, auf was wir da eigentlich zusteuern würden. "Irgendwas mit Offroad". Im Schlepptau ein paar Jungs, die noch deutlich weniger Ahnung hatten, aber auch ihrer Nase vertrauten. Viel Zeit zur Orientierung hatten wir nach dem Eintreffen nicht, bevor uns unser Gastgeber - General Tire/Continental - fragte: "Lust, in einem Trophy Truck mitzufahren?" Und während Chris einer Einladung von Gustavo Vildosola folgte, stieg ich mich zu B.J. Baldwin in den Wagen. Jeweils in einen Wagen der Königsklasse, in einen "Trophy Truck". Und ich befürchte, dass Chris und ich nicht bis zum ersten Sprung gebraucht haben, um völlig druff zu sein. Aus. Ende. Vorbei. "Baja" hatte uns erwischt. Volle Breitseite. Insektenähnliche Buggie-Konstruktionen, gewaltige "Trophy Trucks" und giftige Motocross-Maschinen. Dazu Sandfontänen, ein extremes Tempo und atemraubende Sprünge. Willkommen in der Baja-Welt. Dem wohl härtesten Offroad-Abenteuer weltweit. Die amerikanische Offroad-Rennserie dürfte bislang nur den eingefleischtesten Motorsportenthusiasten ein Begriff gewesen sein. Doch das hat Ex-Rallye-Europameister Armin Schwarz und deutscher Baja-Teilnehmer, zusammen mit Sal Fish, Präsident der Score International, am vergangenen Wochenende grundlegend geändert. Und infizierte mit seinem "Powerdays"-Spektakel im Tagebaugebiet in der Lausitz kurzerhand rund 20.000 Zuschauer mit dem ungezähmten Offroad-Virus. Das Ziel der "Powerdays" war es, die "Baja 300" vorzustellen, die schon im kommenden Jahr in Deutschland toben soll. Dafür griff Armin Schwarz tief in die Trickkiste und überzeugte mit einem beeindruckenden internationalen Offroad-Aufgebot, das sich aus über 30 internationalen Top-Piloten zusammensetzte. So begeisterten nicht nur Baja-Helden wie B.J. "Ballistic" Baldwin oder Jesse James, sondern auch Rallyegrößen wie Gigi Galli (Italien), Petter Solberg (Norwegen) und Ken Block (USA). Und da Baja-Rennen nicht nur von vierrädrigen Querfeldeinspezialisten bestritten werden, zeigte auch gleich noch eine Schar internationaler Motocross-Spezialisten, was man besser nicht zuhause nachmacht. Das deutsche Rennen, das im Juli 2010 stattfinden soll, erbt seinen Namen von der amerikanischen "Baja 1000", die international einen Ruf wir Donnerhall geniesst. Das anspruchvollste Offroad-Rennen, die wenigsten Regeln, die skurillsten und prominentesten Teilnehmer. Kurzum: Der wohl spektakulärste Offroad-Sport. Kostprobe: Man kann sein Fahrzeug nahezu so bauen, wie man will. Und will man überholen, "klopft" man vorher an. Mit "Anklopfen" ist gemeint, dass man das Heck des Vordermanns rammt, um auf sich aufmerksam zu machen. Diese eigenwillige Art ist schlichtweg der Tatsache geschuldet, dass der Rückspiegel in der Wüste wertlos ist. Es sei denn, man möchte die eigene Staubwolke bewundern. Denkt man über großflächigen Offroad-Sport in Deutschland nach, dann drängt sich einem das Tagebaugebiet an der Lausitz, 90 Autominuten südöstlich von Berlin, förmlich auf. Eine unwirkliche Mondlandschaft, gezeichnet von den gigantischen Narben, die durch Tagebaubagger, groß wie ganze Straßenzüge, in die Landschaft gerissen werden. Weiträumig und perfekt für alle, die sich mit ihrem Fahrzeug mal über die Grenzen katapultieren wollen. Hinzu kommt, dass "Made in Germany" bei den amerikanischen Motorsportenthusiasten hoch im Kurs steht. Ist doch Deutschland nicht nur das Heimatland einiger angesehener Autohersteller, sondern auch das Zuhause verschiedener Fahrwerks- und Hochleistungsvirtuosen, die erst warm werden, wenn es richtig krachen soll. Insofern lässt sich die Enttäuschung derjenigen Baja-Piloten auch nachvollziehen, die zur "Powerdays"-Auftaktveranstaltung sogar auf eigene Kosten angereist wären, aber ob der begrenzten Veranstaltungsgröße mit ihren Fahrzeugen nicht hätten teilnehmen können. Diejenigen Offroad-VIPs allerdings, die das Glück hatten, sich auf der 2.350 m langen Spezialstrecke austoben zu dürfen, hatten offensichtlich ihren Spass. Und zwar gewaltig. Dakar-Sieger Cyril Despres staunte: "Ich habe schon viel erlebt, aber dies gehört wohl zu meinen verrücktesten Erfahrungen. Ich springe mit meiner Motocross-Maschine durchs Gelände und lese auf Seitenscheiben unter mir plötzlich Namen wie Block, Solberg und Galli - einfach irre!". Peter Sollberg brachte es schliesslich auf den Punkt: "Wer das verpasst hat, ist selber schuld." Wir haben an dieser Stelle eigentich ganz andere Sorgen. Wie kommen wir eigentlich im November nach Mexico? -> Fotogalerie: Baja 300 Powerdays (94 Bilder; s/w, Farbe)-> Link: Baja 300 Powerdays (Lausitz) -> Link: General Tire -> Link: Continental -> Link: Jo Fischer (schwarzweiß Fotografie)
Nachtrag. Im Rahmen unserer Gespräche fiel immer wieder der Film-Tipp "Dust To Glory". "Wer verstehen will, was es mit der Baja auf sich hat, der sollte diesen Film sehen" - so die Erklärung. Diesen Tipp möchten wir gerne weitergeben.
Quelle: Chromjuwelen |
verfasst am 29.07.2009
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