UPDATE: Beim Autopreis der "Gelbe Engel" wurde gemogelt. Das hat der ADAC jetzt zugegeben. Auch vergangene Preisverleihungen sind betroffen.
Berlin - Beim Autopreis der "Gelbe Engel" ging es in diesem Jahr nicht mit rechten Dingen zu. Der zuständige ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter hat Fehler eingeräumt und seine Ämter niedergelegt. Die Zahl der abgegebenen Stimmen sei in der Kategorie Lieblingsauto der Deutschen "geschönt" und nach oben korrigiert worden, teilte der Autoclub am Sonntag in München mit. Michael Ramstetter (60), ADAC-Kommunikationschef und Chefredakteur der Mitgliederzeitschrift "Motorwelt", übernehme "die alleinige persönliche Verantwortung". Ab 2015 unter notarieller AufsichtRamstetter habe sich für sein Fehlverhalten entschuldigt, hieß es in der Pressemitteilung des Vereins. Der 60-Jährige habe bedauert, der Glaubwürdigkeit des ADAC Schaden zugefügt zu haben. Die "Bild am Sonntag" hatte schon vor der Veröffentlichung des Autoclubs von Ramstetters Rücktritt berichtet. Dem ADAC - mit rund 19 Millionen Mitgliedern größter Autoclub in Europa und größter Verein in Deutschland - droht nun eine massive Vertrauenskrise. Der Automobilclub bemühte sich am Sonntag sofort ums Schadensbegrenzung. Bei der Wahl des Lieblingsautos sei nur die Zahl der abgegebenen Stimmen geschönt worden, aber nicht die Rangfolge der Ergebnisse, wurde ausdrücklich betont. Alle anderen Kategorien seien ohnehin nicht betroffen. Zudem ordnete die ADAC-Spitze eine interne Prüfung der Preisvergabe der vergangenen Jahre an. 2015 solle der Leserpreis in einem notariell beaufsichtigten Verfahren vergeben werden, kündigte der Club an. ADAC wies zunächst alle Vorwürfe zurückDer Manipulationsskandal begann bereits wenige Tage vor der Preisverleihung, als die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf interne Dokumente des ADAC über Vorwürfe berichtete. Demnach stimmten deutlich weniger Leser bei der Wahl ab, als vom ADAC offiziell angegeben. Der VW-Golf, der zum diesjährigen Lieblingsauto der Deutschen gekürt wurde, habe zehn Mal weniger Stimmen erhalten als behauptet, berichtete die Zeitung. Der ADAC bestritt alle Vorwürfe. Bei der Preisverleihung sprach Geschäftsführer Karl Obermair vor den geladenen Gästen noch von "Unterstellungen und Unwahrheiten". Obermair hatte sogar gespottet, immerhin seien in dem Bericht die vier Buchstaben des ADAC richtig abgedruckt worden. UPDATE: Manipulationen auch in früheren JahrenQuelle: dpa/Picture Alliance Nun bemüht sich der ADAC um eine rasche Aufklärung. Mit ersten Ergebnissen: Vermutlich wurden die Zahlen für den ADAC-Autopreis schon seit Jahren manipuliert. Michael Ramstetter soll die Teilnehmerzahlen zum Lieblingsauto der Deutschen über Jahre hinweg nach oben geschönt haben. Das sagte Obermair der „Süddeutschen Zeitung“. Ähnliches berichtet die „Bild“. Demnach haben erste interne Untersuchungen ergeben, dass auch in den vergangenen Jahren, mindestens aber 2013 und 2012, die Zahl der abgegebenen Stimmen künstlich erhöht wurde. Die Prüfung stütze sich auf frühere Aufzeichnungen. Die Stimmzettel (Coupons) seien laut ADAC aus datenschutzrechtlichen Gründen vernichtet worden. Politik fordert OffenheitFür eine unabhängige Prüfung der Vorgänge beim Autoclub spricht sich auch CSU-Chef Horst Seehofer aus. „Am besten ist jetzt: alles auf den Tisch, Transparenz, und nach Möglichkeit eine unabhängige, objektive Prüfung“, sagte der Politiker am Montag bei einer CSU-Vorstandssitzung in München. Er sei von den aufgedeckten Manipulationen „nicht überrascht“. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, es sei nun seitens des ADAC „dringend geboten“, Offenheit an den Tag zu legen. „Da geht natürlich Vertrauen verloren bei solchen Vorgängen. Und das kann man nur zurückgewinnen, wenn man die Karten auf den Tisch legt, offen kommuniziert.“ Zudem sei schon grundsätzlich anzumerken, dass auch bei großen Verbänden „ein bisschen Bescheidenheit im Auftreten manchmal gut täte“. Dudenhöffer schlägt Neuordnung des ADAC vorAutomobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen hält den ADAC mit seiner derzeitigen Organisationsstruktur für gescheitert. „Es gibt keine Kontrolle beim ADAC. Man schottet sich ab“, sagte Dudenhöffer am Montag im Bayerischen Rundfunk. Er warf dem Verein Arroganz und Selbstherrlichkeit vor. „Offensichtlich ist das System ein Nährboden dafür, dass sich Dinge entwickeln, die sich in Unternehmen nicht entwickeln dürfen.“ Kosmetische Änderungen genügten nicht mehr, der ADAC brauche „eine völlig neue Struktur“. Sonst werde er seine Glaubwürdigkeit verlieren. Nach Ansicht des Experten sollte der ADAC in einen Pannenservice und ein Wirtschaftsunternehmen aufgeteilt werden. Denn es gebe Verflechtungen, die mit der Unabhängigkeit von einer Testorganisation nichts zu tun hätten. UPDATE: Zehn Monate später steht der ADAC unmittelbar vor einer grundlegenden Strukturreform. Lest hier mehr. Quelle: afp/sid |