Mit dem 124 Spider belebt Fiat derzeit das klassische Genre italienischer Rodaster neu. Vor 50 Jahren debütierte der legendäre Vorgänger - und überlebte bis 1985.
Köln - Eine italienische Ikone ist wieder da, auf der Plattform des Mazda MX-5. Ob der neue Fiat 124 Spider die Erfolgsstory seiner Ahnen fortführen kann, muss der Japan-Fiat noch zeigen. Vor 50 Jahren galt der Fiat 124 Spider als Antwort auf den Alfa Spider. Zwei 2+2-Sitzer, die Pininfarina gezeichnet hatte. Der Fiat verdankte seine Technik dem vormaligen Ferrari-Motoreningenieur Aurelio Lampredi, leistete aber anders als der Alfa anfangs nur 90 PS. Was den Erfolg in den USA nicht behinderte: Die Amerikaner kauften drei Viertel der Produktion. Als Fiat 1975 den Spider in Europa zu Grabe trug, freute sich Alfa bereits über eine Alleinstellung. Zu früh, denn Pininfarina schenkte dem Cabrio ein zweites Leben unter eigenem Label. Erst 1985 rollte der letzte Pininfarina Spidereuropa vom Band ins Museum. Ein Ehrenplatz für den mit 200.000 Einheiten meistgebauten Italo-Spider aller Zeiten. Kritiker: Schöner als der AlfaDie Premierenfeier war 1966 Bestandteil der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Fiat-Gründer Giovanni Agnelli. Und ein Neubeginn: Die Modelle wurden nun internationaler vermarktet und nicht mehr nach der Hubraumgröße benannt. Erstes Modell der neuen Nomenklatur war der Fiat 124, der auf drei Kontinenten vom Band rollte. Nur die exklusivste Version des Fiat 124, der Spider, kam allein aus italienischen Werken. Das anfänglich „Sport Spider“ genannte Cabrio basierte auf der verkürzten Bodengruppe der Limousine und war ausgewogener gezeichnet als der gleichfalls von Pininfarina karossierte Alfa Spider mit Rundheck. So jedenfalls die Bewertung zeitgenössischer Kritiker, die den Alfa erst in der 1969 eingeführten Fastbackversion lieben lernten. Quelle: Fiat Dagegen verriet der Fiat die Zahl seiner Jahresringe stets nur durch Details. Dazu zählen die Motorhaube, die ab 1970 zwei Powerdomes für stärkere Maschinen trug und die Mitte der 1970er-Jahre eingeführten Stoßstangen für US-Sicherheitsnormen. Andererseits kündete noch in den 1980er-Jahren ein klassisches Armaturenbrett mit Holzfurnier von den Swinging Sixties. Abarth Rallye ab 1972Heute sind Roadster Mangelware, damals konkurrierte der Fiat mit einem Dutzend offener Europäer. Allerdings fehlte es diesen fast immer am Italien-Flair, das besonders in Amerika gefragt war. Tatsächlich hatte sich Pininfarina bei der Linienfindung durch einen US-Sportwagen inspirieren lassen, das von ihm 1963 gebaute Concept Car Corvette Rondine. Die Karosserie des 124 Spider wurde bei Pininfarina gefertigt und dann zur Endmontage in die Fiat-Fabrik geliefert. Trotz dieses Aufwands und des anspruchsvoll konstruierten 1,4-Liter-Motors mit Leichtmetallzylinderkopf und Zahnriemenantrieb für die zwei Nockenwellen war der Fiat bezahlbar. Mit 10.980 Mark kostete der offene 124 deutlich weniger als ein Alfa Spider oder Triumph TR 4. Auch schnell war der Italiener: Auf ersten Autostrada-Testfahrten bescheinigte die Presse dem Fiat Spider eine Höchstgeschwindigkeit von fast 200 km/h. Jedoch war die Werksangabe von 174 km/h im Alltag realistischer. Mit ein Grund, weshalb Fiat mit dem ersten Facelift nachrüstete und 1970 einen 1,6-Liter-Vierzylinder mit 110 PS lancierte. Drei Jahre später folgte eine 1,8-Liter-Version mit 118 PS. Noch kräftiger war ab Ende 1972 eine Sonderserie zur Homologation für FIA-Rallyefahrzeuge: Der 128 PS starke Fiat 124 Abarth Rally. Er führte das 1971 eingeleitete Rallye-Engagement des Fiat Spider erfolgreich fort, bis 1976 der Fiat 131 Abarth ein neues Kapitel aufschlug. Heute zählt der 124 Abarth Rally zu den von Sammlern am höchsten dotierten Varianten des Spider. Kein Wunder, dass Fiat von diesem Imageträger weiter profitieren will und deshalb auf dem Genfer Salon 2016 den neu aufgelegten Abarth 124 Spider zeigte. Pininfarina macht allein weiterQuelle: FiatMit dem neuen Mittelklassemodell 131 Mirafiori wurde der 124 im Jahr 1975 ad acta gelegt. Allerdings nur in Europa, denn die Amerikaner erhielten den Spider nach wie vor. Einzelne US-Fiat fanden auch den Weg nach Deutschland, belieferte doch bis 1980 eine Vertriebsfirma hier lebende US-Bürger mit dem Turiner Sportwagen. Erst danach durfte die Heilbronner Fiat Automobil AG den Cabrio-Klassiker erneut ins Programm nehmen. Dort blieb er auch in seinem zweiten Leben, das 1982 begann. Fiat erlaubte Pininfarina die Produktion des nun Pininfarina Spidereuropa genannten Sportwagens in Eigenregie. Und zwar mit einem Triebwerk temperamentvollster Natur namens Volumex. Dahinter verbarg sich ein Zweiliter-Vierzylinder aus dem Fiat Argenta mit Kompressoraufladung und 135 PS. Das reichte, um den verbliebenen Rivalen Alfa Spider in der Leistungsausbeute zu übertrumpfen. Ebenso beim Absatzerfolg. Bis 1985, dann war der Fiat bzw. Pininfarina endgültig reif fürs Museum. Sergio Pininfarina sagte später nicht ohne Wehmut: Es sei zu kompliziert geworden, die alte Hinterradantriebstechnik von Fiat zu beziehen. Dort baute man inzwischen nur noch Frontantriebs- und Allradmodelle. Das ist auch heute so. Ein guter Grund für Fiat, den 124 Spider auf Basis des Mazda MX-5 und dessen klassischer Roadsterarchitekur neu zu beleben. Fiat 124 Spider: Chronik
Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht
Quelle: SPX; Wolfram Nickel |