München - In mehreren deutschen Städten wirkt es, als hätte jemand einfach einen Sack Fahrräder ausgekippt. Das ist nicht so weit entfernt von der Realität. Die silber-gelben Leihrädern von Obike stehen oft im Weg und sind häufig Ziel von Vandalismus. Beispiel München: Zwar habe der Anbieter aus Singapur versprochen, alle oder einige Räder wegzuräumen.
Passiert sei aber nicht viel, sagt der Fahrradbeauftragte der Stadt München, Florian Paul. "Das ist ein großes Ärgernis. Wir versuchen, seit Wochen und Monaten bei Obike jemanden zu erreichen, der sich um die Entfernung der Räder kümmert." Auf 1.000 Räder sollte Obike seinen Fuhrpark in München reduzieren, aber noch immer seien 3.000 in der Stadt.
Rund 10.000 Leihfahrräder stehen in einer Lagerhalle in Barsbüttel. Die soll neu vermietet werden, aber der Besitzer der Räder ist nicht zu erreichen Quelle: dpa/Picture Alliance
Obike wurde erst 2017 gegründet und bietet in mehreren europäischen Städten seine Leihräder an. Zuständig für das Einsammeln der Räder ist nach eigenen Angaben das Schweizer Transportunternehmen "Umzug 24". Problematisch sei aber die Ortung der Räder, weil die App für die Nutzer nicht mehr richtig funktioniere, sagte "Umzug 24"-Mitarbeiter Sercan Ocar der dpa.
App defekt, Firma am Stammsitz insolvent
Mit deutschen Städten habe sich "Umzug24" bislang noch nicht in Verbindung gesetzt, sagt Firmenchef Firat Kutal. Das habe er aber bald vor. Bislang hätten sie nur in Rotterdam, Zürich und Wien Räder eingesammelt. Obike in Singapur war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Für Unruhe sorgt, dass Obike Singapur Insolvenz angemeldet hat. Auf die Geschäfte an anderen Standorten habe dies keine Auswirkungen, teilte der Anbieter im Juni mit. In Deutschland müssen Nutzer laut Obike-Website eine "zurückerstattbare Kaution von 79 Euro" zahlen. Beschwerden von Nutzern waren dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) laut einer Sprecherin bislang nicht bekannt.
Trotzdem melden auch andere Städte Probleme mit Obike. In Hannover erreicht man laut einer Sprecherin der Stadt seit dem vergangenen Donnerstag niemanden mehr bei Obike. In Frankfurt habe die Firma immer seltener falsch abgestellte Räder entfernt und sei dann teils nicht mehr erreichbar gewesen, sagte der Sprecher des Verkehrsdezernats.
Im Juni hatte Obike angekündigt, sich aus Frankfurt zurückzuziehen. Vergangenen Mittwoch habe die Stadt das letzte Mal etwas von dem Anbieter gehört. "Da hieß es, sie würden noch nach einer Firma suchen, die die Fahrräder wegräumt." Der Verleiher habe 1.200 Räder in Frankfurt.
Hamburg: 10.000 Räder nicht abgeholt
In München ist man schon einen Schritt weiter: "Wir lassen rechtlich prüfen, welche Möglichkeiten die Stadt hat." Weil die Obikes weder herrenlos noch städtisches Eigentum sind, darf die Stadt sie nicht einfach selbst entsorgen. "Sie gehören dem Unternehmen, und das ist verpflichtet, sich darum zu kümmern." Dass nun "Umzug24" zuständig sein soll, habe der Stadt München bisher noch niemand mitgeteilt, sagte der Radverkehrsbeauftragte Paul am Mittwoch. Warum ruft er dort nicht an? "Erster Ansprechpartner bleibt für uns erst mal Obike", sagt Paul. "Es geht auch darum, dass Obike klar macht, ob mit den Rädern noch etwas passieren soll.»"
Obike-App: Nach Angaben der Firma, die die Räder einsammeln soll, funktioniert sie nicht mehr richtig Quelle: dpa/Picture Alliance
In Hamburg hat Obike laut Verkehrsbehörde zwar Mitte 2017 versucht, einen Fuß in den Markt zu bekommen, daraus wurde aber nichts. Dennoch gibt es in der Nähe jemanden, der mit Obike ein Problem hat: Harald Ploß, der eine Lagerhalle in Barsbüttel bei Hamburg an Obike vermietet hat. Bei ihm stehen rund 10.000 Obikes, die er wieder loswerden will, um die Halle weiterzuvermieten - aber Obike sei nicht mehr erreichbar, sagte Ploß der Deutschen Presse-Agentur.
Berlin: letzter Kontakt im April
Berlin hat immerhin Obike-Räder, die auch fahren. Wie viele genau, ist der Senatsverkehrsverwaltung nicht bekannt. "Der letzte Kontakt war im April, aber wir haben es seitdem auch nicht mehr versucht", teilte ein Sprecher am Dienstag auf Anfrage mit. Es sei bisher nichts darüber mitgeteilt worden, ob sich das Unternehmen aus Berlin zurückziehe. Probleme mit Obike seien dem Sprecher nicht bekannt.
In Rotterdam hat Obike die ursprünglich 2.500 Räder laut Stadtverwaltung bereits auf 700 reduziert. Kaputte oder deutlich herrenlose Räder sammelt die Stadt selbst ein. In Wien hat Obike nach Angaben der Stadt seinen Standort aufgelöst, die Räder aber noch nicht entfernt. Obike Italien sagte auf dpa-Anfrage am Dienstag knapp, dass es keine Pläne gebe, sich aus Italien zurückzuziehen.
In Zürich - hier hat "Umzug24" seinen Sitz - klappt es besser als in den anderen Städten: Nach Angaben von Mike Sgier vom Tiefbau- und Entsorgungsdepartement der Stadt läuft die Räumungsaktion dort bislang reibungslos. Obike sei seit Ende Juni aus dem Geschäft.
Quelle: dpa