Seit 60 Jahren nutzt die Polizei Radargeräte zur Geschwindigkeitskontrolle. Nicht ohne Kritik, aber mit hohem Ertrag. Kontrolliert werden Rasern in Deutschland bereits seit rund100 Jahren.
Düsseldorf – Nein, beliebt sind sie zweifellos nicht. Immer wieder haben Autofahrer fest installierte Radarfallen sogar tätlich angegriffen - beschossen, angezündet, abgesägt, mit Farbe besprüht oder mit Klebeband umwickelt. Vor 60 Jahren wurde erstmals in Deutschland ein Radargerät getestet, das zu schnelle Autofahrer gerichtsfest überführen sollte. Der Prototyp VRG 1 der Firma Telefunken war 1956 auf der Internationalen Polizeiausstellung in Essen vorgestellt worden. Nach ersten Feldversuchen 1957 in Düsseldorf, Hamburg und Ulm - das geht aus dem Firmenarchiv hervor – kam die „Radarfalle“ als Weiterentwicklung VRG 2 bundesweit zum Einsatz. Der Druck, den Verkehr schärfer zu überwachen, war damals groß. Die Zahl der jährlichen Verkehrstoten in der noch jungen Bundesrepublik war, trotz des relativ geringen Verkehrsaufkommens, auf erschreckende 13.000 Personen gestiegen. Eine solch hohe Zahl ist heute kaum noch vorstellbar: Für 2016 erwartet der ADAC laut einer Prognose rund 3.280 Verkehrstote. Das wäre der tiefste Wert seit Beginn der Unfallstatistik im Jahr 1950. Quelle: dpa/Picture Alliance Die Zeitungen feierten die Blitzer als neue „Wunderwaffe“ der Polizei, die ihrerseits davon begeistert war, „statistisch gesehen jeden Autofahrer alle zehn Tage kontrollieren zu können“. Mit der Blitzlichttechnik konnten die Radargeräte Temposünder neuerdings sogar in der Nacht erwischen. Ein Novum. In der Bevölkerung kam das neue Hilfsmittel nicht so gut an wie bei der Polizei, wie Fachzeitschriften damals vermerkten. Schnell wurden Vorwürfe der Abzocke und Wegelagerei laut. Rasender Politiker in der AutofalleWann aber „feiert“ der Blitzer genau seinen 60. Geburtstag? Als Stichtag der ersten Radarkontrolle gilt in vielen Publikationen der 21. Januar 1957. An diesem Tag fand wahrscheinlich ein früher Test in Düsseldorf statt. Historiker und Archivare tun sich jedoch schwer, das Datum des ersten Blitzereinsatzes auf den Tag genau zu bestätigen. Die Geschwindigkeitskontrolle als solche ist deutlich älter als die automatische Radarfalle, nämlich gut 100 Jahre. 1906 maßen Polizisten im badischen Kehl am Rhein erstmals nachprüfbar das Tempo von Kraftfahrern im Geschwindigkeitsrausch. Auf einer definierten Streckenlänge wurden Autofahrer mit Fahnenzeichen und Taschenuhr „überführt“. Ein Tourist aus den USA zeigte sich sehr erbost über die polizeiliche Maßnahme - die zu internationalen Verwicklungen führte, bis hin zu der Drohung mit einem Tourismus-Boykott. Prominentes deutsches Opfer der „Autofalle“ war der Politiker Ernst Ritter von Marx. Er wurde von der Polizei mit unverantwortlichen 20 Kilometern pro Stunde erwischt, statt der üblichen 12 km/h. Kuriose Einsprüche, zu schnelles FederviehHeute existieren in Deutschland rund 1.800 fest montierte Blitzergeräte. Felix Hoffmann, Leiter des Deutschen Polizeimuseums im westfälischen Salzkotten, hat als Polizist früher selbst zahllose Tempokontrollen durchgeführt und ist von ihrem Nutzen felsenfest überzeugt: „Zu schnelles Fahren ist immer noch die Unfallursache Nummer eins.“ In Hoffmanns Archiv lagern haarsträubende Einsprüche gegen Bußgeldforderungen: „Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass dem Verantwortlichen für das Königsschießen das Bier ausgegangen war.“ Und: Nicht immer kann der Delinquent zur Verantwortung gezogen werden. Auf Blitzerfotos identifiziert die Polizei regelmäßig Enten im Tiefflug, Hubschrauber, Pferde, den Weihnachtsmann oder auch mal einen Papagei in der Tempo-30-Zone. Quelle: dpa/Picture Alliance Hier und da konnten Rechtsanwälte durchsetzen, dass einzelne Blitzer wieder abgebaut wurden – dort nämlich, wo sie offensichtlich mehr der klammen Staatskasse dienten als der Verkehrssicherheit. Dennoch blitzt es landauf, landab munter - im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen allein durch die Polizei 2,1 Millionen Mal im Jahr 2015. Hinzu kommen kommunale Radaranlagen. Wettrüsten mit der PolizeiDie Autofahrer schlagen seit Jahren zurück: Illegale Maßnahmen wie Radarwarner und reflektierende Folien für das Nummernschild sollen vor Bußgeld, Punkten in Flensburg und Führerscheinentzug schützen. In anderen Ländern dürfen Navigationsgeräte vor fest installierten Blitzern warnen, im Nachbarland Frankreich ist die App „Coyote“ in vielen Autos an Bord. Hier informieren sich Nutzer gegenseitig über Radarfallen. In Deutschland sind diese Hilfsmittel weiterhin verboten. Die Polizei setzt seit Jahren auf moderne und kleine Lasergeräte, die genauer sind als herkömmliche Radargeräte. Neu bei der Polizei ist die halbstationäre Radarfalle. Die Anlagen sind auf Anhängern installiert und können für jeweils mehrere Tage an wechselnden Orten aufgestellt werden, ohne von Beamten bewacht werden zu müssen. Derzeit werden sie in Köln getestet: 47.000 Autofahrer wurden bereits in den ersten Wochen erwischt. Quelle: dpa |