Indien wehrt sich gegen Autohupen

Indiens Metropolen haben ein Lärmproblem: Alle Autofahrer hupen pausenlos, aus unterschiedlichsten Anlässen. Mumbai will jetzt dagegen kämpfen.

Verkehr in Mumbai: Vielerorts wird ein Wert von 85 Dezibel überschritten. Ab diesem Wert, warnen Ohrenärzte, drohen Tinnitus und Hörverlust Quelle: studioraffi, climber28 - istockphoto.com

Neu Delhi – In indischen Metropolen ist es voll und laut. Sehr laut. Denn indische Autofahrer hupen gerne und viel. Jetzt hat sich eine Reihe lärmgeplagter Inder zur „Stop Honking“-Bewegung zusammengeschlossen, gegen das größte Hupkonzert der Welt.

Die Inder benutzen ihre Hupe als Blinker, wenn sie eine Parklücke verlassen. Sie nutzen sie zur Begrüßung des Nachbarn, aus Frust an der roten Ampel und als Warnung an den Rikscha-Fahrer, wenn sie überholen wollen. In den dicht besiedelten Städten wird daraus ein fast unerträglicher Dauerton, den ganzen Tag und die ganze Nacht lang.

Da einzelne Hupen im dichten Lärm kaum zu hören sind, rüsten viele Hersteller ihre Autos mit besonders lauten Hupen aus. Wie auch in China geht in Indien nichts ohne verstärkte Hupe, wissen Automanager zu berichten.

Aufruf zum Hupen: Solche Bemalungen finden sich an vielen LKW und Bussen Quelle: Youtube

Nervig und gefährlich

Bürgerbewegungen wollen bereits seit Jahren durch „Nicht hupen“-Schilder den Lärm reduzieren - bislang erfolglos. Lkw-Fahrer fordern Autos, die hinter ihnen fahren sogar zum Hupen auf, damit sie sie bemerken. Ein ganzer Berufsstand lebt davon, „Bitte hupen“ farbenfroh auf Laster und Busse zu malen.

Gruppen wie „Stop Honking India“ versuchen nun, aufzuklären. Denn der Lärm ist nicht nur nervig, sondern massiv gesundheitsgefährdend. In Mumbai überschreitet der Geräuschpegel an vielen Stellen konstant 85 Dezibel. Normaler Straßenverkehr in Europa erreicht etwa 70 Dezibel.

„Ich kenne viele Menschen in Krankenhäusern, die wegen des Lärms in Intensivbehandlung sind", sagt Sumaira Abdulali, Gründer der „Awaaz Foundation“, die gegen den Lärm kämpft. Die Patienten leiden an hohem Blutdruck, Gehörschäden und Herzproblemen.

Proteste gegen das Dauer-Hupen haben nichts gebracht. Mumbais Stadtverwaltung testet deshalb nun elektronische "Erziehungshilfen" Quelle: Stop Honking India

Mumbai testet technische Erzieher

Trotz der warnenden Stimmen: Die meisten Fahrer glauben daran, dass das Signal sie vor Unfällen mit Ochsenkarren, Fußgängern und Ziegen bewahrt. In Fahrschulen wird Hupen als Selbstschutz gelehrt.

In Mumbai wird nun gehandelt. Die Stadtverwaltung will die Autofahrer erziehen und erprobt mehrere technische Vorrichtungen: Das „Bleep“-Projekt von Mayur Tekchandaney' rüstet Autos mit einem Blinkgerät aus: Wenn der Fahrer zu viel hupt, leuchtet eine Warn-LED im Cockpit auf. Mayur sagt, in Autos mit seinem System hupen die Fahrer bis zu 60 Prozent weniger.

Die "Hindustan Times" berichtet von einer noch radikaleren Maßnahme: Das „Oren Horn Usage Meter“ erlaubt ein bestimmtes Hup-Kontingent. Ist es aufgebraucht, blinken die Rücklichter des Autos dauerhaft. Die Polizei kann daran Vielhuper erkennen und sanktionieren.

Ein Verhaltensforscher glaubt: Das funktioniert. „Die meisten Menschen sagen, das zu viel gehupt wird. Sie glauben aber, es sind nur die anderen“, sagt Ram Prasad. Er hat das Hup-Phänomen in Mumbai untersucht und findet: „Subtile Hinweisgeber sind deshalb genau das Richtige“.