Erst der richtige Motor macht aus dem attraktiven Kölner Facharbeiter-Coupé einen echten Sportwagen. Der V6 sorgt im Ford Capri für Sound und Dynamik. Das Fahrwerk ist hart, aber gut. Ford und Sport? Eine enge Verbindung. Hot-Rods mit Flat-Eights in den Dreißigern, Fairlanes auf der Carrera Panamericana in den Fünfzigern. Der erfolgreichste Formel 1-Motor aller Zeiten ist ein Ford- V8 - der siegte in den 60er und 70er Jahren. Der Mustang-Mythos wurde in Europa zum Capri-Kult, die Zweikämpfe des RS mit dem BMW CSL in der Deutschen Sportwagen Meisterschaft sind legendär. Capri und Sport? Das fängt schon beim 2.0-V6 an. Der Capri ist erst mit Sechszylinder ein Sportwagen Wie schwer die Definition Sportwagen fällt, macht das Beispiel Ford Capri deutlich. Damit ein Sportwagen nicht bloß ein Coupé ist, sollte er niemals von der Limousine abgeleitet sein. Auch ein auf hohe Leistung getrimmter drehzahlfester Kurzhub-Motor aus Alu mit zwei obenliegenden Nockenwellen wäre eine gute Reverenz für den Titel Sportwagen. Ein dank 160 PS starkem Sechszylinder durchaus leistungsfähiger Opel Commodore B GS/E stolpert über seine Limousinen-Gene. Der erste BMW M3, ein Paradoxon. Streng genommen eine zweitürige Limousine, doch unbestritten ein waschechter Sportwagen mit grandiosem Hochleistungsmotor und großartiger Rennkarriere. Beim Ford Capri müssen wir für das Prädikat Sportwagen aber den Numerus Clausus einziehen, es braucht mindestens 90 PS und eine soundträchtige V6-Qualifikation. Auch seine außerordentliche Rennhistorie vom Ford Capri RS mit Weslake-getuntem V6 aus der Ära Heyer, Ludwig und Neerpasch bis zu den Zakspeed Turbo- Capris der Achtziger beschleunigt ihn über die Sportwagen-Schallgrenze. Ein Nachmittag mit dem gletscherblauen 84er Capri 2.3 S in der final-fülligen Variante "Super GT" zerstreut alle Sportwagen-Zweifel. Super GT-Austattung macht auf sportlich Ford Capri-Enthusiast Harald Vogel aus Landsberg am Lech steuert mit dem serienmäßigen RS-Lederlenkrad ein wahres Prachtexemplar bei. "Es ist mein Traumwagen. Ich will keinen Porsche, keinen Jaguar und keinen BMW. Beinahe hätte der Vorbesitzer beim Verkauf einen Rückzieher gemacht, aber ich blieb hartnäckig", sagt der 47-jährige Installateur, der Wartung und Reparaturen - "bisher gab es keine"-, selbst übernimmt. Erst 47.000 Kilometer gelaufen, ungeschweißt, erster Lack, einziger Fauxpas die AHK, aber da geht er nochmal ran. Super GT bedeutet im Ford Capri Fünfganggetriebe, Lederschaltknauf, Sportsitze im speziellen Streifendesign, nicht so auffällig kariert wie bei den S-Modellen, sechs Zoll breite Alu-Räder im sternförmigen RS-Design, grünes Colorglas und eine Ablagebox zwischen den Sitzen. Der Ford Capri Super GT mit 114 PS wurde nur noch vom 2,8 Liter Super Injection getoppt: K-Jetronic, 160 PS, 210 km/h, 29.000 Mark teuer, und damit bereits als Neuwagen so exklusiv wie ein BMW 323i. Schon die entspannte Sitzposition im Ford Capri verführt zum sportlichen Fahren. Ein Blick auf die komplette, klassische Instrumentierung mit sechs separaten Uhren, die auch ein Ölmanometer einschließt, steigert die Vorfreude. Der Ford Capri-V6 ist elastisch und durchzugsstark Die Pedale liegen im Ford Capri günstig im langen, bequemen Fahrerfußraum, die Schaltung operiert mit kurzen Wegen und macht dank ihrer Exaktheit jeden Gangwechsel zum Vergnügen. Dabei lässt sich der elastische, ungemein durchzugskräftige Sechszylinder, wenn man denn in Cruiser-Laune ist, sehr schaltfaul fahren. Schon ab 1.000/min nimmt er in den oberen Gängen willig Gas an. Das kompakte Sixpack klingt dabei so schön melodisch, dass man immerfort mitsummen möchte. Eine Schaltdrehzahl von 4.500 mag der Gusseiserne bei forcierter Gangart am liebsten. Da verwandelt sich das leise, sonoren Brummen des denkbar unspektakulär konstruierten V6 in ein scharfes Trompeten. Für einen Stoßstangenmotor wirkt der Ford Capri-V6 erstaunlich drehfreudig. Bei 2,3 Liter Hubraum, verteilt auf sechs filigrane Zylinder, müssen eben nur geringe Massen bewegt werden. Der "Tornado", so sein amerikanischer Projektname aus den frühen Sechzigern, ist beileibe kein Hochleistungsmotor, seine Literleistung von nur 49 PS höchst bescheiden. Tuner erkannten die üppigen Leistungsreserven, die tief im Kurbelgehäuse schlummern, optimierten Brennräume und Einlasskanäle und setzten drei Weber-Vergaser ins 60-Grad-Vau. Wie seine großen V8-Brüder Windsor und Cleveland schöpft der langlebige Ultrakurzhuber sein gelassenes Temperament aus dem Hubraum, schon ein simpler 1600er-Golf-GTI-Motor schafft 110 PS ohne konstruktive Raffinessen. Ford Capri - Sixpack, Styling, Straßenlage So unspektakulär wie der Motor geriet auch das Fahrwerk des Ford Capri. Anders als beim Taunus oder gar beim aufwendigen Granada-Fahrwerk übernehmen simple Blattfedern Führung und Federung der starren Achse. Das war bei den Luxussportwagen von Maserati auch nicht anders. Nur das Führen nimmt das eine Blatt pro Rad wirklich ernst, denn der Ford Capri ist ein harter Bursche. Er federt kaum, dafür liegt er gut. Leicht untersteuernd nimmt er schnell gefahrene Kurven, bei hohem Tempo lässt er sich wie ein Nullzweier-BMW mit dem Gaspedal lenken, sonst übernimmt dies die präzise Servo-Zahnstangenlenkung, die im Super GT noch Aufpreis kostete. Selbst mit simplem Rezept kann man einen Sportwagen zaubern, wenn die Zutaten stimmen. Dieser Ford Capri beweist es, denn er ist schnell, hat ein agiles Handling und gute Bremsen. Er ist ehrlich, robust und lässt sich leicht reparieren. Auch das kann glücklich machen. Die Begriffe Tuning und Capri gehören zusammen In den 70er und 80er Jahren, als der Ford Capri aktuell war, führten die Ford-Haupthändler das Rallye-Sport Center. Das war eine Art Boutique, in der motorsportbegeisterte Ford Capri Fans ihr individuelles RS-Paket schnüren konnten, um einen Hauch Renntourenwagen in ihren 2,3-Liter zu zaubern. Sportlenkräder, Siebenzoll-Alu-Felgen, härtere Federn und Konis, ja sogar ein Spoilerpaket, Schalensitze und Hosenträgergurte hielt der RS-Händler bereit. Heute gibt es viele originale Ford Capri RS-Teile von damals bei Ebay. Ford Capri-Alternativen bis 7.500 Euro Die Preisklasse bis 7.500 Euro gilt als unteres Limit für echte Sportwagen. Der agile Mittelmotor-Fiat X 1/9, der muskulöse Transaxle-Porsche 944 und der unterschätze VW Corrado als VR6 oder G 60 fordern den Capri heraus. Fiat X 1/9 1300, 1500 Wie sein größerer Bruder, der Fiat 124 Spider, gehört der Fiat X 1/9 zu den Evergreens im Fiat-Programm. Als Nachfolger des FIat 850 Sport Spider wurde er als moderner offener Mittelmotor-Sportwagen mit Targabügel von 1972 bis 1988 bei Bertone gebaut. Ab 1980 lief er in Eigenregie vor allem für den US-Export als Bertone X 1/9. Er ist ein Kurvenkünstler, der vor allem mit dem 85-PS-Motor viel Fahrspaß vermittelt. Der Purismus der frühen Modelle betört. Porsche 944, 944S Ohne Audi-Motor gibt sich der Porsche 944 gleich viel selbstbewusster als ein 924. Der durchzugsstarker Großkolbenvierzylinder, der einen halbierten 928-Motor darstellt und das traktionsfördernde Transaxle-Prinzip mit idealer Achslastverteilung sorgen für große Fahrfreude. Die Vierventil-Version 944 S leistet 190 PS, die Zweiventiler 160 bis 165 PS. Spätere S2-Modelle mit 190-PS-Dreiliter- Motor sind viel teurer, frühe 944 kriegen schon das H-Kennzeichen. VW Corrado VR6, G 60 Viele empfinden den VW Corrado (Typ 53i) nur als kurze VW-Sportwagen-Episode. Dabei wurde der attraktiv gestylte Fronttriebler auf Golf II-Basis von 1988 bis 1995 in 97.521 Einheiten bei Karmann gebaut. Für Liebhaber sind vor allem die leistungsstarken Versionen VW Corrado G 60 (160 PS mit mechanischem Spirallader) und der soundstarke 2,9-Liter-VR6 (190 PS mit engwinkligen 15°-Sechszylinder). Rost ist beim VW Corrado kein Problem, aber er muss original sein.
Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 09.03.2012
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