München - Seit Jahren investieren die deutschen Autobauer viel Geld in neue Mobilitätsdienste. Damit sie nicht eines Tages von Fahrdienstleistern wie Uber oder Didi zu Zulieferern degradiert werden. Nun legen Daimler und BMW ihre Angebote Car2Go und Drive Now zusammen und sind mit rund 40 Millionen Kunden in diesem Punkt auf Augenhöhe mit Uber.
Car2Go und DriveNow wollen Anbietern wie Didi-Chuxing oder Uber nicht allein das Feld überlassen Quelle: Picture Alliance
Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte am Mittwoch: "Als Pioniere des Automobilbaus werden wir nicht anderen das Feld überlassen, wenn es um die urbane Mobilität der Zukunft geht." Beim Autobau bleiben BMW und Daimler weiterhin Wettbewerber. Aber gegen die Tech-Konzerne aus Silicon Valley und China schließen sie sich zusammen: "Mit der geplanten Zusammenlegung unserer Mobilitätsdienste setzen wir ein Zeichen in Richtung neue Wettbewerber und bündeln unsere Kräfte", sagte BMW-Chef Harald Krüger. Ziel sei, das Geschäft weltweit schnell auszurollen und einer der führenden Anbieter von innovativen Mobilitätsdienstleistungen zu werden.
Die bisher konkurrierenden Carsharing-Anbieter Car2go und DriveNow sowie Mytaxi, Moovel, ParkNow und Parkmobile sollen künftig auf einer gemeinsamen Plattform arbeiten. Daimler und BMW werden je 50 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen halten. Die Zustimmung der Kartellwächter steht allerdings noch aus.
"Ein Kampf der Welten"
"Der Zusammenschluss macht Sinn. Sie beflügeln sich gegenseitig", sagt Analyst Marc-René Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg. Die Kunden bekämen ein größeres Angebot, damit stiegen Nutzung und Umsatz. Flottenmanagement und Verwaltung werden schlanker: "Die Firmen sparen Kosten und erreichen schneller die Gewinnschwelle. Je mehr man die Kräfte bündelt, desto besser."
Wer den Markt erst einmal besetzt und die Konkurrenz verdrängt hat, könnte am Ende richtig Geld verdienen. Matthias Bentenrieder von der Unternehmensberatung Oliver Wyman sagt: "Man muss größere Plattformen schaffen, um profitabel zu sein." Wenn die Autohersteller "es bei den Mobilitätsdiensten richtig machen, können sie in zehn Jahren wesentlich höhere Gewinnmargen haben. Dazu müssen sie aber ihren Kundenkreis stark ausweiten."
Zumindest unter den Autobauern haben die drei deutschen Konzerne Volkswagen, Daimler und BMW das breiteste Angebot, sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Wirtschaftshochschule in Bergisch-Gladbach - deutlich vor GM, Ford, Nissan oder Tesla. Aber auch Internetriesen wie Apple und Google erweitern ihr Angebot um Mobilitätsdienste. Das sei "ein Kampf der Welten", sagt Bratzel.
Ein deutlicher Trend ist erkennbar
Dank der Nachfrage in China verkünden die deutschen Autobauer fast jeden Monat neue Verkaufsrekorde. Aber in den Metropolen und Ballungsräumen ändert sich der Trend. "In Paris, London, New York besitzt weniger als die Hälfte der Haushalte ein eigenes Auto", sagt Bentenrieder. "Die Urbanisierung nimmt zu. Wenn mehr Leute in die Städte ziehen, wird sich dieser Trend verstärken."
Nach und nach wird der Ausbau der verschiedenen Mobilitätskonzepte das "eigene" Auto in Großstädten verdrängen Quelle: Picture Alliance
Denn zugleich machen die Städte Druck - sie wollen weniger Dreck, weniger Autos, mehr Platz. "Sie können das Parken verteuern, Maut erheben wie London oder Zonen einrichten, wo private Pkw nicht mehr fahren dürfen", sagt Klaus Stricker von der Unternehmensberatung Bain. Viele Menschen wollten einfach von einem Punkt zum anderen fahren, bequem und nahtlos auch zwischen Bahn und Auto wechseln, ohne lange Wartezeiten. "Wenn es bequem und günstig ist, wird die Nachfrage nach solch vernetzten Mobilitätsdiensten steigen."
Mittelfeld lohnt sich nicht
Die Autobauer haben heute allerdings so viele teure Baustellen, dass sie nicht überall vorne mitspielen können. Elektrifizierung, autonomes Fahren, Mobilitätsdienste - "wer sich bei allen Zukunftsthemen richtig aufstellen will, muss extrem hohe Investitionen stemmen", sagt Unternehmensberater Stricker. "Es wird unmöglich sein, auf jedem Gebiet unter den Besten zu sein." Milliarden zu investieren und im Mittelfeld zu landen, wäre Verschwendung.
In zehn Jahren dürften nur wenige Anbieter pro Region übrig bleiben, erwartet auch Bratzel. Uber hat in China, Russland und Südostasien inzwischen der regionalen Konkurrenz das Feld überlassen. In Europa könnten Daimler und BMW mit ihrer gemeinsamen Plattform ein Schwergewicht werden.
Quelle: dpa