Die Verkehrswege der Großstädte ächzen unter dem zunehmenden Verkehr. Die Folge: Lange Blechlawinen und schmutzige Luft. Radikale Lösungen werden diskutiert.
Quelle: picture alliance / dpa London - Die Bürgermeister von Shanghai, Rio, London oder New York haben das gleiche Problem: Zu viele Autos auf zu wenig Raum. “Nichts geht mehr - und das viel zu oft.“ So bringt es Boris Johnson, Stadtoberhaupt von London, auf den Punkt. Johnson ist in dieser Woche Gastgeber eines Kongresses, auf dem die Lenker der Großstädte mit Architekten, Stadtplanern, Verkehrs- und anderen Mobilitäts-Experten Lösungsansätze diskutieren. Der konservative Politiker will dem Dauerstau mit radikalen Lösungen entgegentreten. So soll die Londoner Innenstadt ab 2020 zu einer Superniedrig-Zone erlaubter Luftverschmutzung werden. Im Klartext bedeutet das: Wer mit einem Verbrenner nach Westminster oder zum Tower will, muss ein horrendes Eintrittsgeld zahlen. Schlechte Luft sei allein in London mit 4.300 Toten pro Jahr verbunden, so Johnson. Auch Oslo und Stockholm planen ähnliche Maßnahmen, in Deutschland sind Fahrverbotszonen regelmäßig in der Diskussion. Das Auto als Inbegriff individueller Mobilität muss “seine Rolle neu erfinden”, ist sich Julia Steyn, Vice President Urban Active Solutions von General Motors sicher. Eine Mietwohnung inklusive AutoJulia Steyn ist bei GM zuständig für neue Mobilitätskonzepte. “Die Kundenwünsche wandeln sich gerade in den Städten so rapide wie seit Jahrzehnten nicht”, sagt Steyn. Da in wenigen Jahren zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben werden, geht es also um neue Konzepte. Gerade die jüngere Generation stellt die Autohersteller vor Herausforderungen. Sonja Miokovic, Chefin des Forschungsinstitutes Youthfulcities, hat in 75 Städten so gennante “Millenials” befragt. Ihre Erkenntnis: “Besitz ist nicht mehr so wichtig - sie wollen in den Innenstädten wohnen und viel zu Fuß machen können.” Für Freizeit und das teure Wohnen im Zentrum geben sie gern viel Geld aus. Das Auto bleibt auf der Strecke. Zumindest das eigene. GM und Opel treiben deshalb neue Mobilitätskonzepte voran. In dieser Woche läuft das Car-Sharing-Programm der Rüsselsheimer (CarUnity) nach dem Rhein-Main-Gebiet auch in Berlin an. In New York versuchen die Amerikaner etwas anderes: Dort hat GM im noblen Apartment-Komplex “Ritz-Plaza” eine Reihe von Chevrolet Trax in die Miete der knapp 500 Wohnungen integriert - und Parkplätze in 200 Garagen reserviert. Die Bewohner können gegen eine Nutzungsgebühr die Schwestermodelle des Opel Mokka nutzen. Auf der anderen Seite der Welt leben dagegen Milliarden junger Menschen, für die das Auto ein unerschwingliches Freiheits- und Statussymbol ist. Für sie hat sich Steyns Truppe ein spezielles Projekt ausgedacht. Auf dem Campus der Jiao Tong-Universität in Shanghai können Studenten zusätzlich zu Bussen, Elektrofahrräder oder Autos auch GMs elektrischen Kleinstwagen EN-V 2.0 nutzen. Die dabei gewonnenen Daten sollen helfen, das Konzept auf andere Standorte anzupassen. Quelle: picture alliance / dpa GM fährt mehrgleisigDie Urbanisierung wird sich in den nächsten Jahrzehnten verstärken, unklar ist allerdings, wie die Menschen dort mobil sein wollen. “Sicher ist nur: Wir müssen uns anpassen”, sagt Steyn. Darum experimentieren die Amerikaner auch mit dem Verleih von E-Bikes oder autonom fahrenden Autos. Ende 2016 sollen auf dem Gelände der technischen Entwicklung in Warren mehr als 2.000 fahrerlose E-Autos vom Typ Volt für die Mitarbeiter bereitstehen. Die Chevys werden per App "gerufen" und kommen zum Abholort. Die Mitfahrer steigen ein und werden selbstständig zum Ziel geführt. Danach parkt das Fahrzeug von alleine ein. “Wir sammeln so auch Daten über das Auto und dessen Nutzung, die wir dringend brauchen”, sagt Steyn. Schließlich soll die “SuperCruise” genannte Technologie schon ein Jahr später im Cadillac CT6 vorgestellt werden. Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |