Jetzt gibt es das 3D-gedruckte Auto auch in Schön: Im Nationallabor Oak Ridge entstand innerhalb von sechs Wochen eine Cobra-Replika mit Elektroantrieb.
Detroit – Mit seinem Namen könnte Lonnie J. Love problemlos in Erwachsenenfilmen mitspielen. Der US-amerikanische Wissenschaftler denkt aber lieber an die automobile Zukunft: Im Oak Ridge National Laboratory arbeitet Love als Teamleiter für Automatisierung, Robotertechnik, Messwissenschaften und Systemdesign. Auf der Detroit Motor Show zeigt er seine Idee eines leichten, günstigen Elektroautos – eine Shelby-Cobra-Replika mit ausgedruckter Plastik-Karosserie. Plastik-Cobra: Sechs Wochen EntwicklungszeitEin Auto aus dem 3D-Drucker gibt es bereits. Die Firma Local Motors druckte im September 2014 auf der Technology Show IMTS in Chicago den Strati aus, einen Zweisitzer mit dem Motor eines Renault Twizy. Eine kleine Revolution mit rau strukturierter Karosserie. Keine Schönheit, aber ein Hingucker. Quelle: OAK RICH COBRA Die Oak-Ridge-Cobra entstand auf ähnliche Art und Weise: Die „Big Area Additive Manufacturing Machine“ („BAAM“) kopierte mit unzähligen Kunststoff-Carbon-Schichten eine der schönsten Autokarosserien aller Zeiten. Aufhängungs- und Achsteile bestehen aus Stahl, Motor und Batterien kommen aus dem Zubehör. Sechs Wochen dauerten Entwicklung und Bau des Einzelstücks. Das Oak-Ridge-Team schloss die Arbeiten kurz vor der Messe ab. Love, der kahle Mann mit den kleinen Augen, versteckt aber seine Erschöpfung. Begeistert spricht er von der Arbeit seines Teams. Seine Stimme überschlägt sich, wenn er die Möglichkeiten des 3D-Drucks aufzählt. Gedruckte Negativ-Formen für Kunststoff-Laminierungen seien binnen weniger Tage funktionstauglich und kosten nur einen Bruchteil des Pendants aus Stahl. Kein Sound: Elektroantrieb mit 100 kW„Das einzige, was jetzt noch fehlt, ist der richtige Sound“, sagt Love im Gespräch mit MOTOR-TALK. Denn unter der obszön langen Motorhaube steckt kein fetter Achtzylinder, sondern ein 100-kW-Elektromotor und Batterien. Offizielle Fahrdaten gibt es nicht. Aber darum geht es nicht. Die Cobra gibt einen Ausblick auf das, was möglich ist. Love stellt sich einen Bausatz à la Caterham vor. Die Materialkosten überschlägt er mit rund 30.000 US-Dollar. Zwei Drittel davon kosten Batterien und Elektronik. Die Karosserie liegt bei ungefähr 2.500 US-Dollar. Sie lasse sich an den Kundenwunsch anpassen und individuell gestalten. Probesitzen auf SockenQuelle: dpa/Picture Alliance Probesitzen dürfen wir, aber bitte ohne Schuhe. Love achtet penibel auf sein Einzelstück und beobachtet misstrauisch die Einstiegs-Akrobatik. Wie beim Original hängt der Scheibenrahmen auf Augenhöhe. Dafür ist der Elektro-Flitzer bequemer: Trotz der Wandstärke der Karosserie ist in der Kopie mehr Platz für Ellbogen und Beine. Und wenn wir ehrlich sind, waren die Türen des Vorbilds vor allem ein Deko-Element. Toll: In der Sonnenblende sitzt ein Iris-Scanner als Zündschlüssel-Ersatz. Der Hersteller gibt an, er sei sicherer als Gesichtserkennung, Fingerabdruck-Scanner oder die Apple-Touch-ID. Die Fehlerrate betrage 1 in 1,5 Millionen. Allerdings hat Jan Krissler, Forscher an der TU Berlin, im Dezember 2014 auf dem Chaos Communication Congress ähnliche Systeme mit Fotos ausgetrickst. Davon lässt sich Love nicht die Laune verderben. Er zeigt stolz die glatte Karosserie seines Projekts. Während Local Motors auf der gleichen Messe einen neuen Strati schichten lässt, versteckt der Roadster seine Rillen. In mühsamer Arbeit haben Loves Kollegen die Furchen weggeschliffen und –gespachtelt. Raues Plastik gibt es nur noch im Innenraum. Der Traum vom Cobra-BausatzOb Love seinen Bausatz-Traum irgendwann umsetzen kann, wissen wir nicht. In Deutschland müsste der TÜV erst die Karosserie prüfen – und würde dann nur bestimmte Varianten zulassen. Aber vielleicht gibt es bald wieder eine Karosserie-Vielfalt wie zu Käfer-Kit-Car-Zeiten. |