Mehr Reichweite, schnelleres Laden, bessere App-Anbindung. Der Smart Fortwo Electric Drive macht viel besser als der Vorgänger. Aber nicht alles. Erste Fahrt im Smart ED.
Miami – Neben der Ampel steht ein Lamborghini Hurcacan Spyder V10. Fetter Sound. Der Fahrer mit Basecap und Goldkette prollt mit dem Gaspedal. Und schaut mich mitleidig an. Ich sitze gefühlt einen Meter höher als er. In einem Smart Fortwo Electric Drive. Dem absoluten Gegenteil vom Lambo. Und blinzle nach unten, ziehe anerkennend eine Schnute. Die Ampel springt auf Grün, das Smart-Pedal klebt sofort am Bodenblech und der Smart stürmt nach vorne. Als Erster. Wenn auch nur für ein paar Meter. Dann ist der Lambo weg, nur das Auspuffknallen bleibt noch im Ohr. Miami ist ein Pflaster voller Kontraste: Millionäre und Promis, dazwischen Rentner und Touristen. Zwischen Lambo und Ferrari parken Toyota Prius und eben Smart Fortwo Electric. Neid? Ist nicht zur spüren. Warum Miami? Smart hat nicht wegen des Wetters zur ersten Testfahrt hierher eingeladen. In den USA werden die ersten E-Versionen des neuen Fortwo verkauft, Europa folgt erst Anfang nächsten Jahres. Bisher ging jeder vierte Elektro-Smart in die USA. Die vierte Generation soll den Absatz steigern. Vor allem an der Batteriekapazität und der Ladegeschwindigkeit feilten die Stuttgarter. Smart Electric Drive: 60 kW und 160 KilometerDer Elektromotor leistet nun 60 kW (81 PS, statt vormals 75 PS) und 160 Newtonmeter Drehmoment (vorher 130 Nm). Damit rennt der Zweisitzer von 0 auf 100 km/h in 11,5 Sekunden und fährt bis zu 130 km/h schnell. Smart hat den Verbrauch gesenkt. Statt 15 kW zieht sich der E-Motor 12,9 KW pro 100 Kilometer aus der Batterie, statt 145 Kilometern Reichweite sind jetzt im NEFZ 160 Kilometer drin. „Im realen Betrieb sind es immer noch zwischen 110 und 120 Kilometer“, sagt Rouven Remp, Produktmanager Smart Electric. Und tatsächlich. Nach der rund 100 Kilometer langen Testfahrt zeigt die Batterie noch 20 Prozent Strom an. Den Motor liefert Renault. Er stammt nicht vom Zoe, sondern wurde für Smart entwickelt. Auch bei der Batterie setzt Smart auf Kooperationen. Die 96 Zellen kommen von LG, die ganze Lithium-Ionen-Batterie mit 17,6 kWh Kapazität baut die Deutsche Accumotive zusammen – eine 100-prozentige Daimler-Tochter. 160 Kilogramm wiegt die 400-Volt-Batterie, 20 Kilo weniger als beim Vorgänger. Möglich wurde das durch ein leichteres Stahlgehäuse, verbesserte Anordnung der Zellen und ein geändertes Kühlsystem. Für einen besseren Schwerpunkt liegt der in Unterflurbauweise im Fahrzeugboden. Ladekapazität des Smart ED steigt auf 7,2 kWStatt mit 3,3 kW füllt sich der Smart nun mit einer Ladeleistung von 7,2 kW. Mit dem neuen On-Board-Lader erreicht die Batterie an einer Wallbox in 3,5 Stunden 80 Prozent ihrer Kapazität. An einer konventionellen 230-Volt-Steckdose mit 12 Ampere dauert es sechs Stunden. Nächstes Jahr steht ein Schnelllader mit 22 kW für rund 750 Euro zur Verfügung. Dann ist die Batterie nach 45 Minuten zu 80 Prozent geladen. Und noch etwas zur Batterie: Acht Jahre Garantie oder 100.000 Kilometer Laufleistung gibt Smart bei mindestens 70 Prozent Nennkapazität. Heißt: Die Batterie gehört zum Auto, muss jetzt gekauft und kann nicht mehr gemietet werden. Okay, aber: Wie würden Käufern von Verbrennern reagieren, die ihren Tank nach acht Jahren nur noch zu 70 Prozent voll kriegen? Der Smart passt sich smart dem Verkehr anIm Innenraum unterscheidet sich das Elektroauto kaum vom Verbrenner: Auf der linken Seite zeigt ein Zusatzinstrument auf dem Armaturenbrett die Batterieladung und den derzeitigen Verbrauch an. In der Mittelkonsole markiert der Eco-Drive-Schalter den Unterschied: Im Eco-Modus reagiert das Fahrpedal träger, die Geschwindigkeit wird bei 110 km/h gedrosselt und die Rekuperation wird stärker. Ein Radarsensor in der Front gibt dem System Hinweise, ob die Straße frei ist (Segelfunktion) oder Vorausfahrende zum Bremsen zwingen (rekuperieren). Und noch was hilft künftig beim Sparen: Mit der Smart-Control-App hat der Kunde Verbrauch und Reichweite vom Sofa aus im Blick. Er kann von dort den Ladevorgang starten und den Innenraum vorheizen – so wird während der Fahrt weniger Strom verbraucht. Wie der Verbrenner-Smart misst der Elektro-Smart 2,69 Meter, sein Wendekreis liegt bei 6,95 Metern. Beides ideal für die Stadt. Im Gegensatz zum Benziner nervt hier kein rauer Motorlauf, die konstante Beschleunigung ohne Schaltrucken fühlt sich gut an. Die E-Maschine zieht kräftig, bis 40 km/h sogar heftig, darüber angenehm. Ein Brummton warnt bis 30 km/hBis 30 km/h macht ein künstlicher Soundgenerator auf den Smart durch einen Brummton aufmerksam. Innen ist das Geräusch nicht zu hören, für Schleichfahrten lässt er sich deaktivieren. Noch. Ab 2019 soll Sound bei E-Autos in den USA Pflicht werden. Die Mehrleistung zum Vorgänger ist kaum zu spüren. Denn das Coupé schleppt 82 Kilogramm mehr Gewicht mit sich herum als der Vorgänger. Ein Kassenschlager war der nicht. Nach Angaben des ADAC wurden in drei Produktionsjahren insgesamt rund 15.000 Einheiten abgesetzt. Neben dem neuen Coupé wird Smart auch wieder das Cabrio und erstmals den Viersitzer Forfour als Elektroauto anbieten. Produziert wird das Triebwerk im Renault-Werk im französischen Cléon. Die Produktion des bisherigen Elektro-Kleinstwagens hatte Daimler im August 2015 gestoppt. Der Startpreis für die E-Version liegt bei 21.940 Euro, der Forfour kostet mindestens 22.600 Euro, das Cabrio mindestens 25.200 Euro. Zur Markteinführung gibt es ein Sondermodell mit Designdetails in Grün für 27.839 Euro. Zieht man in Deutschland die Elektroprämie von 4.000 Euro ab, kostet das ED-Coupé 17.540 Euro. Für einen Lambo-Fighter, wenn auch nur für ein paar Meter, ein faires Angebot. Ein paar Straßen weiter fahre ich übrigens am Lambo vorbei. Er steht am Straßenrand mit einem Streifenwagen und erhält gerade ein Speedticket. In der Gegend sind nur 15 Meilen die Stunde erlaubt. Ein hämisches Grinsen habe ich mir verkniffen. Dafür war der Sound des Lambos zu gut. Technische Daten Smart Fortwo Electric Drive
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