Ein Gelände-Dinosaurier, der den Anschluss verloren hat: Der Mitsubishi Pajero läuft bald aus. Wir waren zum Abschied zwei Wochen lang mit der Final Edition unterwegs.
Quelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Berlin – Er hat sich zum Abschied mächtig rausgeputzt. In der Final Edition trägt der Mitsubishi Pajero viel Chrom und rollt auf 20-Zöllern. Ungefähr so, wie es moderne SUV machen. Etwas traurig ist das schon, denn daran sollte sich ein Geländewagen nicht messen müssen. Die Stärken des Pajero sind seine Anhängelast und sein Können im Gelände, nicht das Blingbling. Aber Erfolg hängt in dieser Klasse kaum noch mit Untersetzungen, Differenzialsperren und Siegen bei der Dakar-Rallye zusammen. Es zählen ein eine hohe Sitzposition und Komfort wie in einem Pkw – SUV sind in Deutschland deutlich beliebter als (echte) Geländewagen. Mitsubishi scheut weitere Investitionen in den Pajero. Die wären aber nötig, um ihm eine Zukunft zu ermöglichen. Mit seiner Abgasnorm und dem mäßigen Fußgängerschutz ist er bald nicht mehr zulassungsfähig. In wenigen Monaten läuft er aus. Wir nehmen Abschied von einem rustikalen Auto, das heraussticht. Der Mitsubishi Pajero Final Edition im letzten Test. Abmessungen | Platzangebot | KarosserieQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Zugegeben: Mittlerweile sieht der Pajero alt aus. Kein Wunder, er ist in dieser Generation seit 2007 auf dem Markt. Und eigentlich gibt es nicht viel zu verbessern. Seine Legostein-Form und die riesigen Fenster machen ihn so übersichtlich, dass er ohne Parkpiepser und Kameras funktionieren würde. Nur an das Reserverad an der Hecktür muss man sich gewöhnen. Mitsubishi bietet ihn in zwei Karosserieformen an. Die Version mit kurzem Radstand misst 4,39 Meter in der Länge, hat drei Türen, kurze Überhänge und gilt als besonders praktisch im Gelände. Die große Variante (4,90 Meter) kommt mit fünf Türen, drei Sitzreihen und einem großen Hintern. Beide Autos messen 1,88 Meter in der Breite. Bei Platz und Sitzposition geht Mitsubishi Kompromisse ein. Im Pajero sitzt man nicht sonderlich bequem, zu den Seiten bleibt wenig Platz. Ein Knie reibt links an der Türverkleidung, das andere rechts an der Mittelkonsole. Zu siebt sollte man nur fahren, wenn man sich untereinander mag – und den Klappmechanismus der hintersten Reihe vorher geprobt hat. Innenraum | Verarbeitung | MaterialienQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Seine SUV-Verkleidung trägt der Pajero nur außen. Innen fühlt er sich vor allem robust an. Die Hebel und viele Knöpfe lassen sich durchaus mit groben Arbeitshandschuhen bedienen. Filigrane Details? Wozu.. Mehr Seitenhalt auf den vorderen Sitzen hätten wir uns trotzdem gewünscht. Nichts in unserem Testwagen klappert oder wackelt, alles ist gut verarbeitet. Aber der Pajero fühlt sich anders an als die meisten aktuellen Autos dieser Größe. Das Leder stammt nur an wenigen Stellen von echten Tieren, die Passagiere umgibt harter Kunststoff. Aus der SUV-Perspektive betrachtet ein Fauxpas.. Zum knorrigen Geländewagen passt es.
Infotainment | Radio | KonnektivitätSerienmäßig gibt es im Pajero ein CD-Radio mit MP3-Funktion und USB-Schnittstelle. Eine Rückfahrkamera (Stichwort: Reserverad!) mit 6,1-Zoll-Monitor und Bluetooth gehört zur zweiten Ausstattungslinie „Plus“. Die Topmodelle mit fünf Türen enthalten ein Infotainmentsystem mit Navigation und zwölf Lautsprechern von Rockford. Es wirkt etwas nachgerüstet, ist aber ordentlich ins Auto integriert. Quelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Mit modernen, vernetzten Systemen kann das Navi nicht mithalten. Die Bedienung könnte schöner laufen, die Grafiken moderner sein. Steuerung über die Lenkradtasten, Smartphone-Verbindung und Navigation arbeiten allerdings problemlos. In gewisser Weise ist das Navi wie der Pajero selbst: Es funktioniert. Hilfreich: Über dem Infotainmentsystem sitzt im Pajero ein Bordcomputer. Der zeigt Details zu Luftdruck, Temperatur, Höhe und Verbrauch an. Assistenzsysteme | SicherheitNeumodische, autonome Fahrfunktionen sind im Pajero kein Thema. Mitsubishi bietet Regensensor und Tempomat an, das muss reichen. Tut es auch, denn der Pajero hat einen anderen Typ Fahrhilfe an Bord: zuschaltbarer Allrad, mechanische Sperren für Mittel- und Heckdifferential und eine Getriebeuntersetzung. Damit schafft er, was digitale Autos nur selten können. Er watet durch 70 Zentimeter tiefes Wasser, fährt 70-prozentige Steigungen hinauf und kommt mit Schräglagen von 45 Prozent zurecht. Bei Böschungswinkel (34,5° vorn, 24,5° hinten), Rampenwinkel (22,2°) und Bodenfreiheit (21 cm) kann der Pajero zum Teil mehr als andere Autos seiner Klasse. Die Anhängelast liegt bei 3,5 Tonnen (12% Steigung). Mehr Assistenz braucht es in einem Geländewagen nur selten. Antrieb | Motor | GetriebeQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Die größte Stärke des Pajero ist gleichzeitig eine kritische Schwäche. Sein 3,2-Liter-Turbodiesel mit vier Zylindern (!) schafft zwar seit dem Modelljahr 2016 die Abgasnorm Euro 6. Eine Aufwertung auf Euro 6c oder Euro 6d-Temp wird es aber nicht geben. Ab dem 1. September 2018 kann Mitsubishi also keine Neufahrzeuge mehr verkaufen. Schade, denn gemeinsam mit dem Pajero stellt Mitsubishi einen tollen Antrieb ein. Sein Turbodiesel stemmt bei 2.000 Touren 441 Newtonmeter Drehmoment auf die Kurbelwelle und leistet 190 PS. Er ist nicht unbedingt spontan, kultiviert oder sparsam – im Gegenteil. Aber er ist ein bärenstarkes Arbeitstier. Über die knapp 2,4 Tonnen des großen Mitsubishi kann er nur schmunzeln. Was ihm an Leistung fehlt, holt der Antriebsstrang wieder rein. Mit aktivierter Untersetzung, gesperrten Differenzialen und dem Diesel auf seiner Drehmoment-Spitze kraxelt der Pajero mühelos Hänge und Flussbetten hinauf – in unserem Fall die bewässerte Offroadstrecke des ADAC-Testzentrums in Linthe (Steigung: 60 Prozent). Dabei spürt man: Mehr Steigung würde ihn nicht stören. So gut der Motor im Gelände und bei hoher Beladung funktioniert – im Alltag kann er nicht mit modernen Antrieben mithalten. Er ist laut und träge. Auf unserer Pendelstrecke ins Berliner Umland verbrauchte er im Schnitt 11,5 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Städtischer Berufsverkehr erhöht diesen Wert drastisch. Immerhin: Ein 88-Liter-Tank garantiert eine anständige Reichweite. Die serienmäßige Fünfgang-Automatik schaltet sanft und berechenbar. Fahrverhalten | Fahrwerk | LenkungQuelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Gleiches trifft auch aufs Fahrwerk zu. Der Pajero federt fast alles bequem weg, das ihm unter die Räder kommt. Dynamik sollte man allerdings nicht erwarten. Über schnelle Kurven beschwert er sich mit exzessiven Wankbewegungen. Mit hohem Tempo auf gerader Strecke kommt er hingegen gut zurecht. Die Lenkung des Pajero erinnert fast an die eines Lkw. Wenig Lenkwinkel bedarf viel Bewegung im Volant, auf der Straße fehlen Rückmeldung und Präzision. Und wieder: Abseits der Straße gibt es nichts auszusetzen. Dort lässt sich das Auto ausgezeichnet positionieren und ganz genau kontrollieren. Ausstattung | Preis | FazitObjektiv betrachtet ist der Mitsubishi Pajero nicht mehr zeitgemäß. Erst recht in der Stadt, wo er träge wirkt und (zu) viel verbraucht. Trotzdem brachte er die ganze Redaktion zum Schwärmen. Ein Motor mit Volumen, ein Aufbau mit Rahmenstruktur im Chassis, mechanische Sperren und eine Untersetzung. Farben, die Anden-Weiß oder Granit-Braun heißen. Wenn man doch nur im Gebirge wohnen würde. Oder zumindest in der Nähe eines Steinbruchs. Quelle: ausblenden.de I Marlene Gawrisch Kurzum: Der Pajero ist ein Auto für Leute, die tatsächlich einen robusten Geländewagen mit hoher Anhängelast brauchen. Für die könnte er zum Schnäppchen werden: Der Basis-Pajero mit drei Türen kostet 31.990 Euro. Für die Final Edition (kurzer Radstand) kommen 5.000 dazu. Die Ausstattung legt ihren Schwerpunkt im kurzen Pajero auf das Gelände, nicht auf Komfort. Der große Pajero kostet mindestens 35.990 Euro. In der getesteten Final Edition mit Vollausstattung liegt der Listenpreis bei 48.990 Euro. Wer auf Platz, SUV-Schminke, ein bisschen Luxus und eine halbe Tonne Anhängelast verzichten kann, sollte zur kurzen Version greifen. Achtung: Der Dreitürer hat einen Radstand wie ein Kleinwagen (2,55 Meter). Der einzig verbliebene direkte Konkurrent des Mitsubishi Pajero ist der Toyota Land Cruiser. Der startet als Automatik-Modell mit drei Türen bei 43.200 Euro. Sein Vorteil: Ihn wird es noch einige Jahre geben. Der Jeep Wrangler (ab 42.900 Euro) wurde kürzlich erneuert – er ist etwas kleiner als die asiatischen Geländewagen. Nissan ließ den Patrol auslaufen. Für den Pajero wird es ebenfalls keinen Nachfolger geben. Schade drum! Technische Daten Mitsubishi Pajero
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