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Fahrbericht: Honda Mean Mower - Das Grasgeschoss von Honda

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Ein Rasenmäher, der 187 km/h fährt? Klingt böse, bitterböse. Und das ist der Mean Mower auch, vor allem wenn man mit zwei Metern Länge wie ein Frosch im Rennsitz klemmt.

Hondas Mean Mower ist offiziell der schnellste Mäher der Welt Hondas Mean Mower ist offiziell der schnellste Mäher der Welt Quelle: Honda

von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze

Erlensee – Wie hätte sich ein Frosch auf Münchhausens Kanonenkugel gefühlt? Ich tippe: So wie ich mit meinen zwei Metern Länge auf dem rasenden Mäher von Honda. Die Knie befinden sich auf Ohrenhöhe links und rechts vom Rennlenkrad, die Fußgelenke liegen bis zum Anschlag angewinkelt auf der Pedalerie.

Die nur 50 Zentimeter schmale Sitzschale umklammert mich wie ein Schraubstock. Die vermeintliche Marter ist jedoch spätestens dann sehr willkommen, wenn der „Mean Mower“ seinem Namen gerecht wird und bitterböse anschiebt.

Ralf Schütze auf dem Mean Mower - wie ein Frosch auf einer Kanonenkugel Ralf Schütze auf dem Mean Mower - wie ein Frosch auf einer Kanonenkugel Quelle: Honda

Zwischen Formel 1 und Supersport

Die 110 PS aus dem Sportmotorrad Honda VTR 1000 „Firestorm“ müssen beim Mean Mower mit nur 140 Kilogramm Ballast fertig werden. Das ergibt ein Leistungsgewicht von 1,27 kg/PS. Wahnsinn! Damit liegt der Mäher zwischen der aktuellen Formel 1 (etwa 1,2 kg/PS) und dem Supersportwagen Mosler Raptor GTR (1,4 kg/PS).

Allerdings bringen selbst extraweiche Quad-Reifen die bullige Kraft nicht so souverän auf den Asphalt, wie ausgewachsene Renn- und Sportwagen. Deshalb schätzt Honda den 0-auf-100-Sprint auf knapp vier Sekunden. Damit rückt das pfeilschnelle Gartengerät immerhin einem Ferrari FF auf die Pelle. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt rein rechnerisch bei 210 km/h. Doch das wird so schnell keiner ausprobieren. Bei 187,6 km/h wurde es den Testfahrern zu heiß - für einen Eintrag ins Guinness-Buch der Weltrekorde hat das locker gereicht.

Schalten per Knopfdruck

Bei einer ersten Sitzprobe lande ich nicht in, sondern auf der schmalen Rennschale. Mein Becken ist etwas zu breit und Betreuer Paddy vom Team Dynamics aus der britischen Tourenwagen-Serie schiebt mir eine zusammengeknüllte Jacke unter den Hintern. So kann ich gerade so über meine Knie schauen und sehen, wohin ich den Boliden für Heim und Garten lenke.

Durch das Auspuffrohr dringt der Klang des 1,0-Liter-V2 Durch das Auspuffrohr dringt der Klang des 1,0-Liter-V2 Quelle: Honda Schlimm genug, dass ich drei Pedalen mit maximal angewinkelten Füßen betätigen soll. Links die Kupplung, rechts außen das Gas, rechts innen die Bremse. Geschaltet wird per Druckknopf auf beiden Seiten des Lenkrads: Rechts erster Gang und runter, links hoch zu den weiteren der insgesamt sechs Gänge. Über Gang drei werde ich auf dem Testgelände der Honda Akademie Erlensee nicht hinauskommen.

Die Startprozedur wirkt einfach: Kupplung treten, Zündschlüssel drehen, mit dem rechten Druckknopf den ersten Gang rein - schon könnte es losgehen. Richtig, könnte. Tut es aber nicht. Denn die Rennkupplung greift schlagartig und in der Froschhaltung fehlt mir jegliches Gefühl fürs allmähliche Loslassen des Pedals.

80 km/h fühlen sich an wie 160

Irgendwann schaffe ich es dann doch. Ruckelnd und begleitet von der Klangkulisse des V2 setzt sich der gemeine Mäher in Bewegung. Nach ein paar verhaltenen Sprints und vorsichtigen Kringeln zum Eingewöhnen gebe ich mehr und mehr Gas, bewege mich im zweiten und dritten Gang, versuche mich an die Grenzen der Gras-Granate heranzutasten.

Die 50 Zentimeter breite Sitzschale hält den Piloten fest wie ein Schraubstock Die 50 Zentimeter breite Sitzschale hält den Piloten fest wie ein Schraubstock Quelle: Ralf Schütze Und siehe da: Es macht auch in Klappmesser-Position Spaß. Geschätzte 80 km/h fühlen sich im Renn-Rasenmäher an wie 160. Jetzt begreife ich, warum es die Rekordbrecher bei 187,6 beließen – ohnehin waren das 45 km/h mehr als die bisherige Bestmarke.

Der 1,0-Liter-V2 aus der Firestorm braucht Drehzahl, am liebsten 9.000 U/min. So richtig auf Touren gebracht, katapultiert mich der Mäher immer heftiger nach vorne. Das Visier meines Motorradhelmes schließe ich nach den ersten Metern. Denn nur so hält es unzählige von den Quad-Pneus hochgeschleuderte Steinchen davon ab, mir ins Gesicht zu schießen.

Formel-1-Feeling

Dadurch und durch die Lautstärke kommt bei der Fahrt mit dem Mean Mower Formel-Feeling auf. Die 98 dB, die der Mäher erzeugt, entsprechen dem üblichen Limit an Rennstrecken und sind trotz Helm sehr laut. Ursprünglich kreischte das Geschoss unglaubliche 130 dB in die Umwelt und war damit so laut wie ein Düsenjäger.

Wo Betreuer Paddy Donuts dreht, wächst kein Gras mehr Wo Betreuer Paddy Donuts dreht, wächst kein Gras mehr Quelle: Honda Aber so viel Krawall ist praktisch überall verboten. Und: „Die Auspufföffnung lag direkt unterm rechten Ohr des Piloten“, erzählt Paddy grinsend, „das hielt kein Mensch aus.“ Inzwischen sorgt eine Scorpion-Auspufftüte dafür, dass der Krach deutlich weiter hinten und in gesetzlichen Grenzen stattfindet.

Rund zehn Minuten Sprints und Kringel über Asphalt und Gras zeigen: Der Mean Mower liegt irgendwo zwischen einem Marketing-Gag und einem prickelnden Männerspielzeug. Ein ernstzunehmendes Renngerät ist er natürlich nicht. Eher eine ernstzunehmende Mähmaschine, denn mit bis zu 24 km/h stutzt der Rasend-Mäher die Halme im Eiltempo zurecht – doppelt so schnell wie seine technische Basis, der rund 6.000 Euro teure Honda HF2620.

Technische Daten: Honda Mean Mower

  • Motor: Wassergekühlter Zweizylinder-V-Motor aus der Honda VTR 1000
  • Hubraum: 996 ccm
  • Leistung: 110 PS
  • Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h (rein rechnerisch), 187,6 km/h (gemessen)
  • Tankinhalt: 15 l
  • Gewicht: ca. 140 kg
  • Grundpreis: Unverkäufliches Einzelstück

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