Der Dacia Duster war nicht die IAA-Premiere mit dem meisten Sex. Aber vielleicht die mit der meisten Relevanz. Weil er tatsächlich bald kommt und Renault vieles geheim hielt.
Quelle: Janik Osthöver für mobile.de Frankfurt – Klar, die IAA 2017 bietet schnellere, futuristischere und geilere Exponate als diesen Dacia Duster. Trotzdem: Für viele ist die Weltpremiere der zweiten Generation Duster das heimliche Messe-Highlight von Frankfurt 2017. Warum? Ganz einfach: Dieses vorgestellte Fahrzeug ist tatsächlich neu und nimmt im Programm der Marke eine bedeutende Rolle ein. Und: Es ist schon bald in der gezeigten Form erhältlich. Hinzu kommt: Renault beherrscht die Geheimniskrämerei und bewahrte bis zur Messe einen Rest Spannung. Offene Fragen im Fall des Dacia Duster: Wie genau sieht der Innenraum aus? Wird er hübscher? Wie sieht das Motorenprogramm aus? Dass der zweite Duster nicht die gemeinsam von Renault und Nissan entwickelten CMF-Plattform nutzt, sondern weiterhin die B0-Basis, hatte Renault Medien gesagt, aber nicht offiziell kommuniziert. Neues Blech, alte Basis„Jedes einzelne Karosserieteil ist neu“, wiederholt man am Dacia-Stand in Frankfurt gebetsmühlenartig, fast schon beteuernd. Vermutlich, weil sich auf den ersten Blick am Erscheinungsbild nicht allzu viel änderte. Mit 4,3 Metern Länge und 1,8 Metern Breite entsprechen die Maße des neuen Duster in etwa jenen des Vorgängers. Er sieht gewohnt aus. Und doch irgendwie anders. Das liegt vor allem an den weiter nach außen gezogenen vorderen Leuchten. Und an der flacheren A-Säule, die früher ansetzt als beim Modell von 2010. Quelle: Janik Osthöver für mobile.de Der neue Duster baut, nun offiziell, auf derselben Plattform auf wie sein Vorgänger. Dem werden eine recht indirekte Lenkung und abenteuerliche Seitenneigung in flotteren Kurven nachgesagt. Auch wenn mit dem Modellwechsel eine neue, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung kommt: Dacia behauptet nicht, die Neuauflage wäre ein Sportler. Wenn, dann will dieser Duster ein Offroader sein. Neu ist ein 4 x 4-Monitor, der Infos über Kraftverteilung und Fahrzeugneigung anzeigt. Außerdem kommt die zweite Generation des Günstig-SUV mit Berganfahrhilfe und Bergabfahrassistent. Ansonsten neu im Assistentensektor: Das Multiview-Kamerasystem, welches die Umgebung rund um das Fahrzeug am Bildschirm zeigt. Für Fahrten im Gelände, sagt Dacia. Häufiger werden Dacia-Käufer das System wohl beim Rangieren in der Stadt verwenden. Erstmals hat der Duster einen Toter-Winkel-Assistenten und die automatische Ver- und Entriegelung per Schlüsselkarte – bei den Fahrzeugen der Mutter Renault ein recht beliebtes Feature. Motoren und GetriebeQuelle: Janik Osthöver für mobile.de Den Duster gibt es weiterhin mit Front- und Allradantrieb, die Aggregate kennt man: Der 1,6-Liter-Benziner mit 115 PS kann ausschließlich mit Frontantrieb kombiniert werden, der turbobefeuerte 1,2-Liter-Benziner mit 125 PS ist mit Front- und Allradantrieb erhältlich. Dafür wird der schwächere Ottomotor auch als Flüssiggasversion bestellbar sein. Daneben steht ein Diesel mit 1,5-Liter-Motor und 90 oder 110 PS im Programm. Auch hier ist die kleinere Variante an den Frontantrieb gebunden. Die Option auf das Doppelkupplungsgetriebe besteht nur beim stärkeren Diesel. Reichlich kompliziert für ein Angebot aus nur vier Aggregaten. Noch komplexer: Nach der Anzahl der angetriebenen Räder richtet sich die Größe des Kofferraums. Beim Frontantrieb stehen 445 Liter bereit, Allrad-Duster fassen 374 Liter. Es steht ein Klavier im BankfoyerQuelle: Janik Osthöver für mobile.de Wären Pamela Anderson und Justin Bieber gemeinsam auf der IAA aufgetaucht, sie wären weniger häufig fotografiert worden als der Innenraum des neuen Dacia Duster. Nicht nur, weil das Interieur noch niemand kannte. Beim Vorgänger geriet das Innenleben recht karg, was manche Interessenten gar vom Kauf abschreckte. Und gleich vorweg: Wer gegen Hartplastik allergisch ist, wird im Duster auch weiterhin leiden. Doch das neue Interieur wirkt gefälliger. Und es fühlt sich solide an: Man muss schon gezielt nach Stellen suchen, die unter sanftem Fingerdruck etwas nachgeben. An sich hätte die klobige Mittelkonsole mit ihrem nahtlos integrierten Bildschirm ja den überschaubaren Charme eines Fahrkartenautomaten. Doch durch die Bedientasten im Klavierstil passt das, irgendwie. Zum etwas schickeren Gesamtbild tragen auch die darunterliegenden Drehregler für die Klimaanlage bei. (Und die gehören erstmals beim Duster zu einer Klimaautomatik.) Sehen gut aus, fühlen sich gut an und wackeln nicht nennenswert. Was will man mehr von einem Discounter? Nicht überall regiert das PlastikZum Modellwechsel bekommt der Duster das Vierspeichen-Lenkrad, wie wir es aus den Dacia-Neuvorstellungen der vergangenen Jahre kennen. Das Leder fühlt sich überraschend hochwertig an, der Kranz liegt gut in der Hand. Doch: Wer mit einer vorbildlichen Dreivierteldrei-Lenkradhaltung unterwegs sein will, wird sich an der enormen Breite der mittleren Speichen stören. Nach wie vor befindet sich der Touchscreen recht weit unten, sodass der Fahrer den Blick öfter von der Straße abwenden müssen wird. Quelle: Janik Osthöver für mobile.de Eines fiel uns in jüngster Vergangenheit bei mehreren preiswerten Fahrzeugen aus dem Renault-Konzern auf: Die Sitze mögen über dicke Seitenpolster verfügen. Doch sind diese mitunter so weich und nachgiebig, dass es mit dem Seitenhalt nicht weit her ist. Das Gestühl des Duster muss sich das nicht vorwerfen lassen. Die lederbezogenen Hocker scheinen hinreichend tailliert, die Polster ausreichend fest. Doch sie werden womöglich nicht in jeden Duster-Innenraum finden. Auf der Messe zeigt Dacia ausschließlich Fahrzeuge der Prestige-Ausführung – bisher die höchste von fünf Ausstattungslinien beim Kompakt-SUV. Auf die gehobene Ausstattungsvariante sind auch die edel gepolsterten Armlehnen an den vorderen Türverkleidungen zurückzuführen: Ein kleines Stückchen Stoff und etwas Leder, wo ansonsten das Hartplastik regiert. An den Türverkleidungen in der zweiten Reihe gibt es das selbst beim Messe-Fahrzeug nicht, die wirken wie aus einem Plastik-Guss. Dafür sitzen erwachsene Mitfahrer im Fond einigermaßen bequem. Die Anforderungen sind gestiegenDer Duster bleibt, was er immer war: Eine clevere Lösung für alle, die ein günstiges SUV wollen. Und keine Wünsche haben, die allzu weit über die absoluten automobilen Basisanforderungen hinausgehen. Diese sind seit dem Start des ersten Modells im Jahr 2010 gestiegen, der Nachfolger trägt dem Rechnung. Und dürfte dennoch preislich im Rahmen des Vorgängers liegen. Dacia verlautbarte noch nichts Offizielles, wir gehen beim Marktstart Anfang 2018 von Einstiegspreisen ab rund 11.000 Euro aus. |