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Das kleine Wunder - fast rostfreier Alfasud

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Geniales Konzept. Aber der Rost! Er hat den Bestand der Alfasud dahingerafft. Gaudenz Fischer ließ sich davon nicht beirren: Er suchte ein gutes Exemplar. Nach einer sensiblen Behandlung kehrte es auf die Straße zurück.

Das mit der Liebe funktioniert ja nicht nach den Gesetzen der Vernunft. Man verfällt Schönheit oder Schrullen - und Charme natürlich. Ohne ihn wird es sehr schwierig.

Notorischer Roster - und trotzdem extrem liebenswert

Da hat der Alfasud gute Karten. Natürlich war er ein notorischer Roster. Ja und? Es gelingt ja auch eine Frau zu lieben, selbst wenn sie permanent Schuhe kauft. Dann müssen andere Dinge stimmen. Nicht nur der große Auftritt, nein. Es geht um die Details. Finessen verraten oft den wahren Charakter. Selbst bei Autos zählt so etwas. Eine Wassertemperaturleuchte zum Beispiel, sagt Gaudenz Fischer, die nach dem Starten so lange brennt, bis der Motor seine Betriebstemperatur erreicht hat. Das ist Fürsorge.

Gaudenz Fischer ist 35, wohnt in Zürich und ist seit zehn Jahren Alfa Romeo verfallen. Genauer: dem Alfasud. Seinen Beruf als Augenoptiker hat er kürzlich zu Gunsten einer Tischlerausbildung aufgegeben. Er wollte sich endlich, so sein Statement, auch umfangreicheren Projekten widmen können. Das ist keine schlechte Einstellung, wenn man über eine Restaurierung nachdenkt. Fischer hatte im Jahr 2000 seinen ersten Alfasud gekauft, einen roten Viertürer, der bereits restauriert war. Er experimentierte mit einem Sportfahrwerk, mit schärferen Nockenwellen und mit einem größeren Motor. "Der Alfasud-Baukasten bietet viele Optionen, selbst Alfa 33 -Technik passt noch."

Alfasud-Verkäufer: "Sie werden glauben vor einem Jahreswagen zu stehen."

Doch Rot war nicht die Farbe seiner Träume. Er hatte ein anderes Ziel vor Augen. "Ich wollte einen unrestaurierten Alfasud finden", so die Erinnerung, "einen aus der ersten Serie. Einen, den ich nicht schweißen muss - und der nicht rot ist." Es gibt einfachere Aufgaben. Gaudenz Fischer surfte durchs Netz, klickte hier und da, und stieß nach längerer Suche auf eine 1976er Alfasud Lusso-Version, die ein deutscher Händler anbot. In Giallo Pompei, einem grünlichen Gelb, mit 31.000 originalen Kilometern auf dem Tacho. Der Alfasud-Verkäufer versprach, was alle Verkäufer versprechen, wenn sie meinen, dass ihre Offerte ganz passabel über die Jahre kam. "Sie werden glauben", rief er Fischer durchs Telefon zu, "vor einem Jahreswagen zu stehen."

Doch was heißt das schon? Bei manchem Alfasud war einst nach dem ersten Jahr das Todesurteil schon verkündet. Dieses Exemplar stammte jedoch aus erster italienischer Hand. Vielleicht gab es eine Chance. Und tatsächlich: "Der Sud war richtig gut", sagt Fischer, "ich wusste genau, wo ich hinschauen musste. Und da gab es keine böse Überraschung." Etwas Flugrost fand er im Bereich des Alfasud-Unterbodens, das Blech wies ein paar Dellen auf, dazu Spuren quellender Fäule im Bereich der Kotflügelschraubkanten. Das war's schon. "Mir war klar", so der Alfasud- Fan, "dass ich Arbeit investieren musste." Sein Plan war eine sanfte, konservierende Restaurierung des Alfasud. Möglichst wenig wollte er in die bestehende Substanz eingreifen, auf der anderen Seite aber eine sichere Basis schaffen, die dem Alfasud die nächsten 30 Jahre ohne das Risiko tief greifender Schäden ermöglichen sollte.

Ehrgeiziger Plan - vor der Geburt der Tochter die Alfasud-Restaurierung abschließen

Mitte August 2006 startete er mit der Restaurierung seines Alfasud in der Werkstatt eines Bekannten. Dort fand er nicht nur Werkzeug, sondern gar eine Hebebühne. Druck gab es keinen, denn der Freund musste wegen einer Verletzung das Schrauben über Monate aussetzen - ideale Bedingungen also. Nur seine Freundin erinnerte ihn an einen Termin: Mitte November sollte die gemeinsame Tochter zur Welt kommen. "Bis dahin wollte ich unbedingt fertig sein", lautete sein Vorsatz.

Schnell war die Alfasud-Karosserie geräumt. Motor und Getriebe raus, die Innenausstattung ebenso, auch das Fahrwerk. Alle Alfasud-Blechteile, die Querlenker wie die Federn, die Räder wie das Gehäuse um den Lüfter, ließ Fischer chemisch entlacken. "Das funktionierte hervorragend." Ohne Handarbeit erhielt er dieTeile porentief sauber zurück. Jeden freien Abend und jedes Wochenende investierte der Zürcher in die Alfasud-Restaurierung. Gründlich reinigte er die leere Karosserie per Dampfstrahler. Dann konnte er aufatmen: Auch hier verbarg sich kein weiterer Gilb.

Kleines Wunder: Nur zwei Bleche müssen beim Alfasud eingeschweißt werden

Nur die Schraubkanten der vorderen Kotflügel des Alfasud und deren untere Enden zeigten Spuren von Korrosion. Am Unterboden: nichts. Selbst gefährdete Teile wie die A-Säulen blieben ohne Befund, obwohl Alfa sie - wie einige andere Hohlräume - einst ausgeschäumt hatte. In bester Absicht natürlich: Die bewusst leichte Alfasud-Konstruktion sollte entdröhnt werden, zudem verhinderte der PU-Schaum das Rosten von innen. Zumindest so lange er zum Blech eine innige Verbindung hielt. Weil die oft früh endete, sogen sich die Spalten mit Wasser voll - die Folgen sind so fatal wie bekannt.

Gaudenz Fischer reinigte die korrodierten Stellen mit einer Miniatur-Sandstrahlpistole. Im unteren Bereich der Alfasud-Kotflügel schweißte er zwei Bleche ein - keines größer als eine Briefmarke. Mit einem Nylonhammer beulte er die Dellen aus, ein selbstgenähter Sandsack bot dabei Gegenhalt. "Für eine Delle habe ich zwei Abende gebraucht - ein Spengler hätte es vielleicht in einer halben Stunde geschafft." Doch das Ergebnis überzeugt: Er musste seinen Alfasud weder spachteln noch füllern.

Den Farbton des Alfasud, das grün-gelbe Giallo Pompeji, mischte ihm ein Lackierer nach Rezeptur. Er passte perfekt. "Ob bei Kunstlicht oder unter der Sonne", sagt Fischer, "man sieht keine Unterschiede zum alten Lack." Vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass der Ton nur aus fünf Grundfarben besteht und nicht, wie heute üblich, aus einem Dutzend Zutaten. Punktuell lackierte Fischer die beschädigten Stellen nach. Allein die Alfasud-Heckschürze trägt über die gesamte Breite neue Farbe. Weil sie aus einem Hohlprofil besteht, musste Gaudenz Fischer hier ein Ziehgerät einsetzen: Er schweißte Stifte auf und zog die Delle so heraus.

Der kleine Alfa-Boxer blieb ungeöffnet

Den Boxer-Motor seines Alfasud öffnete Fischer nicht. Warum auch, nach nur 31.000 Kilometern? Der drehwillige Vierzylinder - 63 PS bei 6.000/min! - gab dafür keinerlei Anlass. Er war mit dem Tausch des Kurbelwellensimmerrings und der beiden Zahnriemen zufrieden. Fischer erneuerte alle Schläuche und Gummis, ebenso Kupplung und Bremshydraulik an seinem Alfasud. Schließlich erlag er, trotz aller Wertschätzung der Originalität, den Verlockungen des Boxer-Baukastens: Ein Weber-Registervergaser des Alfasud TI-Modells versprach ein Plus von fünf PS.

Ganz auf den Punkt landete Gaudenz Fischer am Ende doch nicht. An seinem vorletzten Schrauber-Wochenende rief ihn Freundin Pia nach Hause. Sonntags kam Tochter Edona zur Welt - sie war die meisten der bisher 7.000 Alfasud-Kilometer mit an Bord. Für ihren Kindersitz hatte Gaudenz Fischer eigens Automatikgurte aus einem Alfa 33 im Fond montiert. "Der Alfasud bietet enormen Fahrspaß und ist dennoch ein idealer Familienwagen", weiß er heute. "Leise ist er, geräumig und absolut langstreckentauglich."

So verbrachten sie ihren ersten gemeinsamen Urlaub in Dänemark. Nur am Rande sei vermerkt, dass dort ein Alfasud-Treffen stattfand - und sich der Besuch gelohnt hat: Der Lusso wurde zum Schönsten gekürt.

 

Quelle: Motor Klassik

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