Seit 2008 fährt die Formel 1 mit einer Einheitselektronik. Sie wird von McLaren geliefert und gab bislang nie Anlass zu Problemen. Mit der amerikanische Firma Freescale zog McLaren einen neuen Partner an Land. Ab 2014 soll das Gehirn eines Formel 1-Autos noch kleiner und leistungsfähiger werden.
Der Streit zog sich über Jahre hin. Traktionskontrolle ja oder nein. Startautomatik ja oder nein, Motorbremse ja oder nein. Mal waren die elektronischen Helferlein verboten, mal erlaubt. Der eine verdächtigte den anderen. Irgendwann hatte FIA-Präsident Max Mosley die Nase voll. Er verordnete der Formel 1 gegen den erbitterten Widerstand der Hersteller ab 2008 eine Einheitselektronik.
Die Ausschreibung gewann ausgerechnet McLaren Electronic Systems (MES), Tochterfirma des Rennstalls, den der Weltverband 2007 zu der Rekordstrafe von 100 Million Dollar wegen Spionage verknackt hatte. Seitdem beliefert MES mit seinen 140 Mitarbeitern den gesamten Zirkus.
Seit die handtellergroße ECU, die etwas mehr als ein Kilogramm wiegt, in jedem Formel 1-Auto die elektronischen Abläufe von Motor, Getriebe, KERS und DRS steuert, ist Schluss mit den Klagen. Man hat sich daran gewöhnt, dass die aus 6.000 Einzelkomponenten bestehende Box einwandfrei funktioniert. 20.000 Verbindungen in den Leiterplatten überstehen massive Einwirkungen durch Hitze, Vibrationen, Lärm und Feuchtigkeit.
Freescale neuer ECU-Entwicklungspartner
Seit neuestem kommt die Hardware von einem neuen Partner. Es ist der Halbleiterspezialist Freescale aus Austin, dem Ort an dem 2012 der GP USA stattfinden wird. Die Eckdaten der Standard-Steuereinheit sind bis 2012 festgeschrieben. Dabei wurde die Hardware so gestaltet, dass die Software auf neue Regeln adaptierbar ist. Mit und ohne KERS, mit verstellbarem Frontflügel-Flap oder mit DRS.
2013 wird ein Übergangsjahr. Vermutlich werden die Teams mit den aktuellen Steuerboxen weiterfahren. Erst mit den neuen V6-Turbos ab 2014 wird es auch auf dem Gebiet der Standardelektronik wieder einen Entwicklungsschub geben. Die Entwicklungsziele: Mehr Prozessorleistung, weniger Gewicht. Das liegt daran, dass der Hybridantrieb bei den neuen Motoren deutlich komplexer ausfallen wird und daher mehr Elektronik verlangt.
MES und Freescale beliefern neben der Formel 1 auch die IndyCar-Serie und neuerdings NASCAR. Dort wird gerade von Vergasertechnik auf Einspritzung umgestellt. Der Sprung von der Stein- in die Neuzeit verlangt auch nach moderner Elektronik. Mit den Anforderungen in der Formel 1 sind die beiden amerikanischen Serien trotzdem nicht zu vergleichen. In der Königsklasse drehen die Motoren höher, schalten die Getriebe schneller, werden Gaspedal, Kupplung und Differenzial elektronisch angesteuert, und mehr Daten verarbeitet.
Einheitselektronik übersteht Horror-Crash
Die Standard-ECU ist das mit Abstand langlebigste Teil in einem Formel 1-Auto. Theoretisch könnte sie fünf Jahre lang ohne Austausch ihren Dienst tun. Es liegt an den Teams, wie oft sie die Einheiten austauschen. Manche fahren ein ganzes Jahr mit einer Box. Die rechteckigen schwarzen Kästen überstehen sogar die schlimmsten Unfälle. Als der Engländer Mike Conway bei den 500 Meilen von Indianapolis 2010 kopfüber in den Sicherungszaun flog und sein Dallara in zwei Teile zerbrach, da holte man die Blackbox aus den Wrackteilen und sie lief noch einwandfrei.
Quelle: Auto Motor und Sport