Beim Goodwood Revival fahren nur die schönsten und seltensten Autos. Selbst dann, wenn sie gar keinen Motor haben. Wie beim Settrington Cup, einem Tretautorennen.
Goodwood – Autorennen rund um Goodwood sind stets besonders exklusiv. Antreten darf nur, wer seltenes Blech vorweisen und die Originalität belegen kann. Bei den Veranstaltungen auf dem Gelände des Earl of March starten Modelle, die selbst die größten Autofans nicht sofort erkennen. Besonders schön: Beim Goodwood Revival sind auch die kleinsten Autofans am Start. Wortwörtlich, denn es gibt ein eigenes Rennen für Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren. Sie treten im sogenannten Settrington Cup an, einem Wettkampf mit klassischen Tretautos. Settrington Cup: Serious BusinessQuelle: dpa/picture alliance In Goodwood nimmt man das Spielzeug-Rennen so ernst wie alle Fahrten mit großen Autos. Es gilt die wichtigste Regel: Beim Revival dürfen nur Autos teilnehmen, die schon zu aktiven Zeiten der Rennstrecke Goodwood Circuit verfügbar waren, also von 1948 bis 1966. Deshalb fährt der komplette Nachwuchs mit klassischen Tretautos. Die kommen vom Autobauer Austin. Der stellte Ende der 1940er Jahre ehemalige Minenarbeiter ein, die wegen unfallbedingter Behinderungen nicht mehr unter Tage arbeiten konnten. Sie bauten aus Resten der Autoproduktion Spielzeug für Kinder. Es entstand der Austin Junior Forty (J40), ein fescher Roadster mit dem Austin A40 Dorset (später: Devon) als Vorbild. Bis 1971 wurden gut 30.000 Exemplare gebaut. Nur diese Autos treten in Goodwood an. Seit 2012 existiert die Mini-Rennserie, und mit ihr ein Kult. Ein originaler Spielzeug-Austin kostet mittlerweile rund 5.600 Euro. Rennfertige Exemplare werden für umgerechnet 6.700 Euro verkauft. Die Nachwuchs-Fahrer tragen zeitgenössische Overalls und Schiebermützen. Viel Aufwand für die Mini-RennenQuelle: dpa/picture alliance Sie parken ihre Autos in eigenen Garagen und bringen Boxencrews mit zum Rennen. Obwohl sie nur knapp 220 Meter weit unterwegs sind, muss alles stimmen. Neue Lager reduzieren die Reibung und erhöhen damit das Tempo. Lenkung und Achsen müssen perfekt eingestellt sein. In einigen Fällen wird der Innenraum an den Fahrer angepasst, manchmal fliegt sogar überflüssiges Gewicht raus. Insgesamt 77 Austin J40 warten akkurat mit der korrekten Pedalstellung am Start auf ihre Fahrer. Die rennen von der Fahrbahnmitte zu ihren Autos, ganz im Stile der früheren Le-Mans-Starts. Wer zuerst sitzt, kann zuerst losdüsen und einen Vorsprung herausfahren. Alle Modelle verfügen über funktionierendes Licht, eine echte Hupe und fest vorgegebenen Dunlop-Reifen. Sie brausen über eine lange Gerade, unterbrochen von einer engen Schikane. Hier zahlt sich der Vorsprung aus, im breiten Mittelfeld kann man dort viel Zeit verlieren. Hinten ungeschickt, vorn verbissenDas Rennen wird professionell kommentiert. Zwei Moderatoren erzählen von „Schatten auf dem Asphalt, die den Einsatz reflektieren“, „rauchenden Reifen“, und dem Rhythmus, den man auf keinen Fall verlieren darf, weil sonst die Hinterräder blockieren. Das kostet Zeit, das darf man nicht riskieren. Zugegeben: An manchen Stellen sieht das Rennen etwas unkoordiniert aus. Aber an der Spitze entwickeln sich spannende Zweikämpfe. Joe Stanley und Callum McWhirter wollen ganz oben aufs Treppchen, teilen sich ihre Kräfte aber unterschiedlich ein. Dahinter duellieren sich Harry Dark und Katherine Taylor um Platz 3, jeweils begleitet von Fotografen und Kameramännern. Am Ende gibt es einen Pokal und Schokolade statt Champagner. Der Nachwuchs ist außer Atem und gibt Tipps an die Fans: „Starke Beine“ sind wichtig. Selten sah die Zukunft des Motorsports gleichzeitig so niedlich und professionell aus.
***** In eigener Sache: Du willst regelmäßig die besten Auto-News lesen? Dann abonniere unseren wöchentlichen E-Mail-Newsletter oder täglichen Whatsapp-Newsletter (Mo-Fr). Es dauert nur 1 Minute. |