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Vegane Autos bei Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel und VW - Das tun deutsche Autohersteller für Veganer

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Der vegane Trend hat die Autowelt erreicht. Die Nachfrage nach Autos ohne Tierprodukte steigt. Wir haben uns die Angebote der deutschen Hersteller einmal angesehen.

Für die Autohersteller ein Thema: Besonders bei Anbietern teurerer Fahrzeuge steigt die Nachfrage nach Fahrzeugen, die ein Veganer guten Gewissens kaufen kann Für die Autohersteller ein Thema: Besonders bei Anbietern teurerer Fahrzeuge steigt die Nachfrage nach Fahrzeugen, die ein Veganer guten Gewissens kaufen kann Quelle: Volkswagen & dpa/Picture Alliance

Von Haiko Prengel

Berlin - Vegane Lebensmittel, Kleidung oder Kosmetik ohne Tierversuche: Fleischlos boomt. 7,8 Millionen Menschen ernähren sich in Deutschland vegetarisch, 900.000 Menschen vegan. Und täglich kommen etwa 2.000 Vegetarier und 200 Veganer hinzu, schätzt der Vegetarierbund Deutschland e.V. Neulich eröffnete in Berlin sogar der erste vegane Metzger.

Ein veganes Autohaus suchen Tierfreunde dagegen vergeblich. Dabei sind die Autohersteller traditionell Großkunden der Tierindustrie. Karosserie, Fahrwerk und Motoren kommen zwar ohne Tierversuche aus. Auto-Innenausstattungen dagegen nicht - schon wegen der klassischen Ledersitze und Lederlenkräder oder Schaltknäufe.

Auch andere Materialien tierischen Ursprungs stecken, weniger offensichtlich, in vielen Autos. Etwa Wolle vom Schaf, als antistatisches und schwer entflammbares Material in Sitzen. Kleb- und Schmierstoffe enthalten ebenfalls häufig tierische Produkte.

Tesla machte den Anfang

Mercedes bietet mittlerweile in den meisten Baureihen Konfigurationen an, die ohne Tierprodukte auskommen Mercedes bietet mittlerweile in den meisten Baureihen Konfigurationen an, die ohne Tierprodukte auskommen Quelle: Screenshot Mercedes-Konfigurator

Vegan zu leben, hat für viele Menschen nicht nur mit Essen zu tun. Oftmals ist es eine politische Haltung. Deshalb steigt die Nachfrage nach „veganen“ Autos: „Häufig bekommen wir Mails von Unterstützern, die sich über das mangelhafte Angebot von lederfreien Lenkrädern und Schaltknüppeln bei vielen Automodellen beschweren”, erklärt Frank Schmidt von der Tierrechts-Organisation Peta.

Was manchen überraschen mag: Die Industrie nimmt das Thema längst ernst. Aus Gesprächen mit den Autobauern wisse man, teilt Peta mit, dass nach neuen ökologischen, tierfreien Innenausstattungen Ausschau gehalten werde.

Den Anfang machte, irgendwie klar, Tesla. Für das Elektroauto Model X bietet der Elektroauto-Hersteller eine komplett lederfreie Ausstattung an. Zurück geht diese Initiative auf das Aktionärs-Ehepaar Mark und Elizabeth Peters aus Texas. Ihre Forderung: Tesla solle die „erste gewaltfreie Premium-Marke“ in der Autobranche werden. Sie bekamen zumindest eine Ausstattungsvariante.

Porsche: Anfragen vor allem aus USA

Inzwischen haben auch deutsche Hersteller den Vegan-Trend erkannt, zum Beispiel Porsche. „Mit dem Thema lederfreie Ausstattung befassen wir uns seit geraumer Zeit – auch weil uns in der Tat Anfragen nach Fahrzeugen ohne Leder vorliegen, insbesondere von amerikanischen Kunden”, erklärt Nina Armbruster, bei Porsche zuständig für den Bereich „Lifestyle”.

Im aktuellen Produktportfolio des Zuffenhausener Sportwagen-Herstellers gibt es serienmäßig noch kein komplett veganes Modell: zumindest das Lenkrad ist bei Porsche immer mit Leder bezogen. Der Kunde habe aber die Möglichkeit, sein Fahrzeug bei Porsche Exclusive individuell lederfrei zu konfigurieren, sagt Armbruster. „Für zukünftige Modellreihen prüfen wir aktuell lederfreie Ausstattungsvarianten, die unsere Qualitätsansprüche erfüllen. Und wir schließen nicht aus, in der Zukunft lederfreie Modelle auch serienmäßig anzubieten.”

BMW: „Ständig am Radar“

Bei Opel sind es überwiegend die Basisversionen, in denen auf Leder an Sitzen und Lenkrad verzichtet wird Bei Opel sind es überwiegend die Basisversionen, in denen auf Leder an Sitzen und Lenkrad verzichtet wird Quelle: Screenshot Opel-Konfigurator

Auch BMW nimmt das Thema ernst. „Das haben wir ständig auf dem Radar”, sagt BMW-Sprecher Wieland Bruch. Der Trend gehe zum Einsatz nachwachsender Rohstoffe (z.B. Kapok-Nüsse), Recycling-Produkte wie Seeplastik und zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy).

„Speerspitze” dieser Entwicklung sei BMW i als Konzept für nachhaltige und zukunftsweisende Mobilität. So sei der BMW i3 in den tierfreien Innenausstattungslinien „Atelier“ und „Loft“ erhältlich. „Nur das Lenkrad ist dort (noch) mit Leder bespannt”, räumt Bruch ein. Anders sieht es in den Volumen-Baureihen aus: Bei BMW 3er oder 5er ist Leder weiter Standard.

Genaue Zahlen, wie viele Tiere die Autoindustrie „verbraucht“, gibt es nicht. „Millionen von Rindern werden jedoch auch für Ihre wertvollen Tierhäute getötet, damit Gerbereien Ledersitze und Verkleidung für deutsche Autobauer herstellen können”, meint Frank Schmidt von Peta. Er verweist auf Zahlen des Lederindustrie-Beraters David Peters von DLP Advisors: Danach hat die Automobilbranche allein im Jahr 2014 insgesamt 45 Millionen Rinderhäute und damit 17 Prozent der globalen Produktion verwendet.

Allein Audi verbaut laut Peta etwa fünf Millionen Quadratmeter Leder im Jahr. Misst eine Rindshaut im Schnitt fünf Quadratmeter, benötige Audi damit die Häute von einer Million Tieren. Unklar ist nach Angaben der Tierschutz-Organisation nur, ob der Verschnitt hier eingerechnet ist. Im Automobilsektor liege er üblicherweise zwischen 30 und 40 Prozent.

Audi und VW: Kunden wünschen Leder

Audi gehört zu den Herstellern, die vegane Autos noch nicht wirklich als Kundentrend ausgemacht haben. „Im Gegenteil: Speziell hochwertige Leder verzeichnen eine verstärkte Nachfrage und gehören in vielen Baureihen deshalb zur Serienausstattung”, erklärt der Audi-Sprecher Josef Schloßmacher.

Bei der Schwestermarke VW sieht es ähnlich aus: „Moderne, qualitativ-hochwertige Lederausstattungen werden von unseren Kunden aufgrund ihrer persönlichen Präferenzen und Erfahrungen für ihr Automobil gewünscht”, sagt ein VW-Sprecher. Zwar kann man beispielsweise den Golf auch ohne Leder bestellen – aber das geht in Standardkonfiguration nur in der Ausstattung „Trendline”. Und für diese nackte Basisversion können sich nur zehn Prozent der Kunden erwärmen.

Ford bietet eher die einfacheren Ausstattungen serienmäßig ohne Leder im Innenraum an Ford bietet eher die einfacheren Ausstattungen serienmäßig ohne Leder im Innenraum an Quelle: Screenshot Ford-Konfigurator

Ein Trend am Anfang

Vor allem Premium-Marken bemühen sich, die steigende Nachfrage nach veganen Autos zu bedienen. Aber: eine komplett lederfreie Ausstattung ist häufig nur auf Extrawunsch oder mit Aufpreis erhältlich. Zudem kann praktisch kein Autohersteller garantieren, dass ein Fahrzeug tierfrei ist. Etliche Teile und Materialien kommen von externen Zulieferern.

Sitzen die im Ausland, gelten mitunter laschere Tierschutzgesetze als in Deutschland. Hardcore-Veganer haben daher im Grunde nur eine Wahl: Sie müssen in letzter Konsequenz auf das Auto verzichten. Wie ein Mitglied eines Veganer-Forums schreibt: „Habe mich irgendwann gegen das Autofahren entschieden, da die Insekten, die an der Windschutzscheibe verenden, für mich nicht akzeptabel waren.”

Ratgeber: Vegane Angebote deutscher Hersteller

Porsche: Porsche bietet serienmäßig kein komplett lederfreies Modell an. Der Kunde hat die Möglichkeit, sein Fahrzeug über die Sonderausstattung individuell lederfrei zu konfigurieren. So können die Lederelemente der Innenausstattung gegen Aufpreis durch synthetisches Alcantara ersetzt werden. Für die Zukunft prüft Porsche, lederfreie Modelle serienmäßig einzuführen.

Mercedes-Benz: Daimler bietet in den Baureihen der A-, B, C-, E-Klasse, SLK sowie GLA und GLC Alternativen zu Leder und Stoff an. Auch in den höheren Baureihen können sich Kunden für Fahrzeugausstattungen ohne tierische Komponenten entscheiden. Im Innenraum der neuen E-Klasse verarbeitet Daimler den Recycling-Werkstoff Dinamica aus wiederverwendetem Polyester und wasserbasiertem Polyurethan.

Opel: Opel bietet nur seine Basismodelle ohne Leder an. Bei folgenden Varianten kann der Kunde frei wählen: Opel Adam (Basis), Opel Karl Selection/Edition, Opel Corsa E Selection/Edition, Opel Astra K Selection/Edition, Opel Mokka Selection, Opel Meriva Selection, Opel Zafira Selection, Opel Insignia Selection. Garantien oder Einblick in Verträge mit Zulieferern gibt Opel nicht.

Audi: Bei Audi gehört Leder in vielen Baureihen zur Serienausstattung. Für Tierfreunde stehen Alternativen wie textile Ausstattungen oder synthetische Materialien wie Alcantara zur Verfügung. Selbst bei der Luxuslimousine A8 sind beim „Normal-Sitzpaket” die Sitzbezüge aus Stoff.

BMW: Bei BMW verfügen sämtliche Fahrzeuge serienmäßig über Lederlenkräder. Eine Option „Leder abwählen“ existiert bislang nicht, allerdings mache BMW individuell jeden Wunsch möglich, heißt es. Das Konzept BMW i setzt vor allem auf nachwachsende Rohstoffe.

Volkswagen: VW setzt nach eigener Aussage auf Lederausstattungen. Auf Wunsch gibt es alle Fahrzeuge der Marke Volkswagen zwar auch mit Stoffbezügen. In höheren Ausstattungen ist jedoch zumeist mindestens ein Lederlenkrad an Bord. Dass Schmiermittel, Kunststoffe und andere Materialien tierfrei sind, kann der Konzern nicht garantieren. Gleichwohl würden derzeit „Realisierungsmöglichkeiten” eines veganen Modells geprüft, bei dem „weitgehend” auf den Einsatz von Materialien tierischer Herkunft verzichtet werde, so ein Sprecher der Marke.

Ford: Auch die Ford-Werke stellen bisher verstärkte Nachfrage nach veganen Fahrzeugen fest. „Jedoch wird das Thema mit großem Interesse beobachtet”, heißt es auf Nachfrage. Bei diesen Ford-Modellen wird in den Grundversionen kein Leder in Sitzen, Lenkrädern, Handbremshebeln oder Schaltknäufen verwendet:

Ford Ka+ („Basis” und „Cool and Sound”), Focus („Ambiente”), C-MAX („Ambiente”), Grand C-MAX („Ambiente”), Tourneo Courier („Ambiente”), Tourneo Connect („Ambiente”). Allerdings sind bestimmte optionale Audio- oder Geschwindigkeitsregelanlagen mit Multifunktionslenkrädern verbunden, deren Lenkradkranz mit Leder ummantelt ist.

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