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Alfa Romeo 4C Spider 2015: Ein erster Test - Der 4C ist der schmutzigste Alfa aller Zeiten

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In diesem Auto vom Typ Alfa 4C Spider steckt ein Stück Hure: Es ist schön und auch ein bisschen prollig, manchmal geil, manchmal schmutzig. Eine Einordnung.

Alfa Romeo 4C Spider 2015: MOTOR-TALK-Redakteur Timo Friedmann fährt mit dem 4C Spider über Fiats Teststrecke in Balocco Alfa Romeo 4C Spider 2015: MOTOR-TALK-Redakteur Timo Friedmann fährt mit dem 4C Spider über Fiats Teststrecke in Balocco Quelle: Alfa Romeo

Balocco – Viele Redakteure schmückten das Coupé des Alfa 4C mit wunderbaren Worten. Meine Kollegin Sabine schrieb ihm einen Liebesbrief. In ihm steht nur Wahres. Der sehr geschätzte Journalist Peter Ruch verfasste ein flammendes Plädoyer pro Alfa contra Audi TT mit dem Audi-Chef Ruper Stadler als Adressaten. Sein offener Brief erlangte im Netz Berühmtheit.

Die treffendste Beschreibung für den geschlossenen 4C fand die Schreiberlegende Georg Kacher: Er verglich den 4C mit einem Monoposto. Einem einsitzigen Rennwagen. Nun stattet Alfa das Auto mit zwei Sitzen aus. Aber auf dem Beifahrerplatz können wirklich nur zierliche Damen chauffiert werden. Als 1,81-Meter-Mann tun mir sehr bald entweder die Knie (weil sie ans Armaturenbrett stoßen) oder der Rücken (weil die Beine ausgestreckt sind) weh.

Eine bequeme Sitzposition bei einer Größe von 1,81 Metern lässt sich finden. Man muss sie nur suchen Eine bequeme Sitzposition bei einer Größe von 1,81 Metern lässt sich finden. Man muss sie nur suchen Quelle: Alfa Romeo

Der Alfa 4C macht Spaß und strengt an

Es geht hier aber nicht um das „german Jammern“. Bemängeln kann und könnte man am Alfa vieles. Es geht um die Zwitterrolle des Gefährts: Ein Rennwagen, der nebenbei als straßenzugelassenes Auto funktioniert. Das macht Spaß, solange es auf Rennstrecken gefahren wird. Und es strengt an, wenn man damit einkaufen will.

Die Erkenntnis, dass Verzicht auf Annehmlichkeiten aus Autos Spaßgefährte macht, die ist so neu wie die Entdeckung des britischen Roadsters. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs begeistern Zweisitzer mit wenig Schnick, aber einigem Schmackes Auto-Enthusiasten europaweit. Aktuellster, radikalster Vertreter dieser mobilen Spezies ist der Lotus Elise, der im Wesentlichen unverändert seit 1996 gebaut wird.

Alfas 4C kann vieles besser als der Brite. Technisch, weil der Alfa trotz offensichtlicher Mängel bei Material, Fugen und Abdeckungen besser verarbeitet ist. Dazu basiert er auf einem vollständigen Kohlefaser-Chassis mit seiner einzigartigen Steifigkeit. Nur der BMW i8 verfügt noch über ein solches.

Allein diese beiden Punkte plus Optik genügen, dass der Alfa 4C den Italienern aus den Werkshallen gerissen wird. Etwas mehr als 2.000 Fahrzeuge fertigte das Werk bislang. Mehr als 20 Prozent verkaufte Alfa in den USA. Dabei gibt es dort kaum einen Vertrieb. Deutschland erhielt 221 Fahrzeuge. "Dabei hätten wir 500, 600 Stück verkaufen können,“ sagt Produktmanager Alberto Cavaggione.

Der Kofferraum des 4C Spider ist winzig Der Kofferraum des 4C Spider ist winzig Quelle: Alfa Romeo

Das stört beim Alfa 4C im Alltag

Wer den Alfa 4C Spider im Alltag fährt, den stört: der miserable Einstieg, die enge Kammer, der Windlärm ab 120 km/h, das zu kleine, voll beheizte Kofferräumchen, null Übersicht und noch mehr. Aber wer Strecke und Kurven vor sich sieht, kein Tempolimit und keinen Regentropfen, der fliegt mit dem Biest über den Kurs. Was für eine Lust. Alles fließt in den Beschleunigungsorgien zusammen und vermischt sich zu einem untrennbaren Gemisch aus Leidenschaft und Unvernunft.

Der pfeifende Turbo-Vierzylinder (240 PS), der donnernde Auspuff, die Lenkung und der Heckantrieb. Das ist schmutzig, wild und geil. Wie Sex mit jemandem, den man bedingungslos begehrt, obwohl man weiß, dass das nicht gut ist. Schon gar nicht für einen selbst.

Trotzdem treibt den Alfa-4C-Fahrer ungezügelte Gier nach noch einer Runde, noch einem Tritt. Soll doch der Motor weiter stöhnen, er kann noch. Bezeichnend, wie das Gehirn dabei die Vernunft auf Null setzt. Störte auf der Autobahn noch der gehörgefährdende Lärm, erinnere ich mich an nichts dergleichen auf der Rennstrecke. 258 km/h Spitze soll der Alfa 4C Spider erreichen. Zumuten möchte man das nur seinen Feinden, ehrlich. Denn zurück im Alltag, im Leben, da schämt man sich immer ein bisschen für sein Triebverhalten.

Apropos Treiben: Die Preise des schmutzigsten Alfas aller Zeiten sind von anfangs 50.500 Euro auf aktuell 62.200 Euro gestiegen. Binnen eines Jahres. Ausstattungsbereinigt natürlich nur um 10 Prozent. Jetzt ziert den Alfa sogar ein lederbemanteltes Armaturenbrett, das von diversen Plastikarten eingerahmt wird.

Das Stoffverdeck des Alfa 4C Spider ist einfach und wird mit seitlichen Stiften und einem Zentralverschluß befestigt Das Stoffverdeck des Alfa 4C Spider ist einfach und wird mit seitlichen Stiften und einem Zentralverschluß befestigt Quelle: Alfa Romeo

Der 4C Spider hat ein Stoffdach und Bi-Xenon-Technik

Der Spider kostet noch einmal 10.000 Euro extra. Schließlich hat er ein Stoffdach, deutlich schönere Scheinwerfer (einer der Hauptkritikpunkte auch unserer MOTOR-TALKer) mit Bi-Xenon-Technik statt LED. Und er wiegt auch 49 Kilo mehr, weil die Klimaanlage im Spider zur Serie gehört (18 kg), das Chassis verstärkt wurde (8 kg) und noch viele Kleinteile dazu kamen. 940 Kilo wiegt der fahrfertige Spider, mit Doppelkupplungsgetriebe und Bluetooth-Alpine-Radio. Das Stoffverdeck wird von Hand aufgerollt und sehr schlicht befestigt. Der Kofferraumklappe fehlt eine Gasfederstütze.

Ob der Preis gerechtfertigt ist? Das hängt von der eigenen Lust ab. Einen puristischeren, selteneren Sportwagen gibt es für diese Summe nicht. Einen besseren schon. Wer sonst einen souveränen, sauberen 400-PS-Wagen fährt, der sehnt sich manchmal nach etwas kleinem, wilden. Das Geschäft mit der Lust gilt aus gutem Grund als eines der ältesten Gewerbe der Welt.

Technische Daten Alfa 4C Spider

  • Motor: 1,8-Liter-Vierzylinder-Turbo-Benziner
  • Getriebe: Sechsgang-Direktschaltgetriebe
  • Leistung: 240 PS
  • Vmax: 258 km/h
  • Verbrauch: unwichtig (6,9 l/100 km)
  • CO2: 161 g/km
  • 0 – 100 km/h: 4,5 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 257 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in m: 3,99 x 1,86 x 1,18
  • Kofferraum: 110 l
  • Preis: 72.000 Euro
  • Lieferzeit: 1 ½ Jahre

Avatar von TimoFriedmann
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