Auf Pässen macht Kurvenräubern Laune. Besonders mit dem BMW ActiveHybrid 5, der bergab die Akkus lädt. Unser Test-Terrain: Das 2.758 m hohe Stilfser Joch mit bis zu 15 % Gefälle.
Von Ralf Schütze Serpentinen bringen Fahrspaß: Gegenverkehr checken, anbremsen, den Scheitelpunkt anpeilen, wieder beschleunigen – und ab zur nächsten Kehre. Kontrolliert - aber je nach Aktivierung von ESP oder ASR möglichst mit ausbrechendem Heck und qualmenden Reifen. Umso schöner, wenn sich dieser reizvolle Ablauf auf 21,3 km zwischen Prad im Südtiroler Vinschgau und dem Gipfel am Stilfser Joch 48 Mal wiederholt. Wir klettern bis auf 2.758 Meter hinauf, auf den zweithöchsten aller befestigten Alpenpässe. Höher hinaus geht's nur noch am französischen Col de l'Isèran (2.770 m). Ab 2013 kostet die Kurvenhatz hier 10 Euro Maut für sieben Tage – befreit sind dann nur noch durchtrainierte Radfahrer, Elektro- und eben Hybridautos wie der BMW 5er. Blech & FormVon außen erkennt man den BMW ActiveHybrid 5 an dezenten Schriftzügen. Weitere Erkennungsmerkmale: Ein spezieller Kühlergrill, Auspuff-Endrohre in Mattchrom sowie die exklusive Farbe „Bluewater metallic“. Koffer & RaumDer Hybrid-5er kostet viel, aber richtig viel Nerven kostet er beim Gepäck verladen: Die Lithium-Ionen-Akkus verkleinern den Kofferraum von 525 auf 375 Liter. Der Stromspeicher verhindert zudem das Durchladen langer Gegenstände. Vorne finden Sitzriesen genug Raum, hinten reicht der Platz für zwei Passagiere bis 1,80 m Länge. Sitz fünf taugt nur als Notsitz. Kraft & QuelleDie Limousine holt sich die Kraft immer dort, wo sie gerade am günstigsten herkommt. Sind die Akkus voll, geht’s bis 60 km/h und vier Kilometer rein elektrisch vorwärts. Besonders schön beim Passfahren: Die Brems-Energie wandert geradewegs in die Akkus und später als Antriebskraft wieder an die Hinterräder. Rekuperation sagt man dazu im Fachjargon der nachhaltigen Mobilität.
Der Normverbrauch des ActiveHybrid 5 liegt gerade mal 1,7 Liter/100 km unter dem des BMW 535i mit identischem Benziner. Beim Fahrspaß aber hat der Hybrid die Nase richtig vorn: Dank zusätzlichem Strom-Motor hat er deutlich mehr Power. In der neuen Kühlschrank-Effizienzklasse liest sich das so: Vorbildliche, dunkelgrüne Öko-Klasse A für ihn, nur knallgelbe Klasse D für den 34 PS schwächeren, reinen Benziner. Fahr & SpaßFahrwerk, Lenkung und Antrieb sind beim ActiveHybrid 5 super, um es kurz zu sagen. Allerdings spürt man dem Auto das hohe Eigengewicht an, der ActiveHybrid wiegt fast zwei Tonnen - und ein Großteil seines Extra-Gewichts hängt am Heck. Zusätzlich zu seiner sehr guten Dynamik überzeugt das Auto mit Performance beim Überholen. Die Antriebskraft des Elektromotors plus die stattlichen 400 Nm Drehmoment des Sechszylinders-Benziners bedeuten in Summe 450 Nm. Das ist noch etwas mehr Druck als beim Porsche 911 Carrera S. Den Null-auf-hundert-Sprint absolviert der 5er in 5,9 Sekunden. Auch hier lässt der ActiveHybrid 5 den konventionellen 535i um eine zehntel Sekunde hinter sich, und das trotz 140 Extra-Kilos. (1.925 kg Leergewicht). Unser Testverbrauch liegt, von München bis Prad am Fuße der Passstraße, bei 7,8 l/100 km. Das ist wenig, für 160 km/h auf der Autobahn. Am Ende der Tour wedeln wir im Kurvenspaß-Modus die steile Serpentinen-Piste hinauf. Dabei gönnt sich der Hybrid 21,3 km lang 27,46 l/100 km Durchschnittsverbrauch. Das hebt den Gesamtverbrauch bis zum Gipfel auf 9,4l/100 km. Aber bei der Abfahrt zurück nach Prad spart sich der 5er, was er vorher versoffen hat. Das senkt den Gesamtdurst auf 8,8 Liter, vor allem aber füllt es die Akkus prallvoll mit Energie. Bis zu drei blaue Balken in der Instrumententafel zeigen fast ständig an: Volle Ladekraft bergab! Zum Fahrspaß kommt deshalb Sparspaß. Trotz weiterhin zügiger Gangart pendelt sich der Gesamtverbrauch bei 8,0 l/100 km ein. Dank der vollen Akkus „segeln“ wir auf dem Heimweg wieder auf München zu: Der Benziner wird abgekoppelt und ausgeschaltet, kein Schleppmoment erzwingt Spritverbrennung. Öko-Modus bis 160 km/h, das kann man sich gefallen lassen. Ende & UrteilDer 5er-Hybrid macht Spaß, und trinkt dabei sogar relativ wenig. Leider muss man dafür erst einmal mehr ausgeben, insgesamt 62.900 Euro. Die 4.500 Euro Aufpreis spart der Hybrid nach rund 25.000 km wieder ein. Der 535d kostet 5.400 Euro weniger, sprintet in 5,5 s auf 100 km/h und verbraucht nur 5,4 l/100 km. Aber: In USA und Japan sind Diesel kein Thema. Und wenn man sich sowieso über 50.000 Euro bewegt, kann man sich den Doppel-Spaß durchaus gönnen. Technische Daten
Mit 2.758 m Gipfelhöhe zweithöchster befestigter Pass in den Alpen. Verbindung zwischen dem Vinschgau im Raum Meran und dem lombardischen Bormio. Bis zu 15 Prozent Steigung, insgesamt 87 Kehren, davon alleine 48 auf der Nordostseite. Ab 2013 mautpflichtig (10 Euro pro Woche), außer für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Brotzeit-Tipp: Die Spezialität „Pizzoccheri“ (Buchweizennudeln mit Kartoffeln, Käse und Wirsing) im Gipfel-Restaurant „Tibet“. Elisabeth Angerer betreibt die Einkehr seit 1961 und hofft, dass die künftige Maut nur wenige Pass-Touristen abschreckt. Quelle: MOTOR-TALK |