So schnell, so laut, so wunderbar roh: Der 911 GT2 RS ist die Krone in Porsches Elfer-Baureihe. Erste Fahrt in einem 911, der sogar Supersportler ganz locker wegboxt.
Portimao – Manchmal muss es für die besonderen Momente und die besonderen Autos einfach ein Verbrenner sein. Ein Antrieb ohne Akkus, Supercaps oder Elektromotor. Ohne alles, was das Auto schwer oder kompliziert macht. Einfach nur ein bärenstarker Benziner ohne Schnick, aber mit viel Schmackes. So ein Auto kommt nun von Porsche. „Endlich“, möchte man rufen – und denkt dann an all die wundervollen GT- und RS-Modelle. Gibt es ja längst. Dieses hier ist trotzdem besonders. Denn der 911 GT2 RS steckt jeden Boliden in die Tasche, genauer: die Kolbentasche. Die kleinen und großen Sauger, die Stromer und Hybride, die Hyper- und Supersportler, die ganzen schnellsten Autos „aller Zeiten“. Klar, manche davon sind (noch) stärker, einige fahren geradeaus schneller. Aber: Spätestens auf der Nordschleife zieht der GT2 RS vorbei. Eine Runde dauert mit dem richtigen Fahrer nur 6:47,3 Minuten. Zum Vergleich: Porsche 918 Spyder 6:57 Minuten, Lamborghini Huracán Performante 6:52,01 Minuten. Porsche 911 GT2 RS: Renn-Elfer für die StraßeDafür musste Porsche den Elfer nicht einmal neu erfinden. Das Rezept ist simpel und bewährt. Im GT2 RS geht es um viel Leistung, wenig Gewicht und eine feine Abstimmung. Das kleine Einmaleins des Sportwagenbaus sozusagen. Trotzdem fühlt sich dieses Auto kaum noch nach einem Schwabinger Flanier-911 an. Denn die Ingenieure haben den Alltag aus dem GT2 RS heraus- und ganz viel Rennstrecke hineinentwickelt. Quelle: Porsche Das soll nicht bedeuten, dass dieser 911 in der Stadt, auf der Landstraße oder der Autobahn nicht funktioniert. Die Pflicht gelingt ihm sogar erstaunlich gut - trotz straffer Federrate, Semislicks und Käfig im Heck. Aber ihm fehlt jede Gemütlichkeit. Bremsbeläge reiben hörbar an den Keramik-Scheiben, die Reifen rupfen dem Asphalt kleine Steinchen aus. Die prasseln und poltern gegen kaum gedämmte Bleche und Kunststoffteile. Von hinten brummt und zischt der Turbo-Boxer, als wenn er neben Dir sitzt. Nein, der GT2 RS ist kein Alltagsauto mit Sportausstattung, in dem man sich nett bei 180 Sachen unterhält. Da muss man schon brüllen. Zum Glück ist er auch kein Auto, in dem man sich bei diesem Tempo unterhalten will. Das Reden überlässt man lieber dem Elfer. Der sagt ganz genau, was gerade los ist: Ob Ladedruck ansteht, wann die Kraft kommt. Und wann die Traktion abreißt. „Alles andere als ein gechipter Turbo“Das kommt nämlich durchaus vor, wenn man es krachen lässt. Zu spitz in die Kurve gebremst, zu früh am Gas, schon schiebt das Heck seitwärts. Kein Wunder: Im 911 GT2 RS treffen 700 PS auf Heckantrieb. Das macht diesen Porsche Jahrgang 2017 nicht zu einem Witwenmacher vom Schlag der 911 Turbos aus den 1980ern. Aber nochmal: Siebenhundert PS auf der Hinterachse! Damit sollten normal begabte Fahrer nur sehr dosiert Scherze treiben. Der 3,8-Liter-Boxer des GT2 basiert auf dem des aktuellen Spitzenmodells. Baureihenleiter Andreas Preuninger betont allerdings: „Das ist alles andere als ein gechipter Turbo.“ Nur mit einer neuen Software lasse sich diese Leistung nicht realisieren. Porsche installierte neue Kolben und größere VTG-Lader. Außerdem einen überarbeiteten Ansaugktrakt und eine Wasseraufspritzung für die Ladeluftkühler. Der Ladedruck steigt von 1,3 (911 Turbo S) auf 1,55 bar (GT2 RS). Quelle: Porsche Trotz großer Turbos und ordentlich Druck: Der Sechszylinder im GT2 entwickelt seine Leistung linear. Zwischen zweieinhalb und viereinhalbtausend Umdrehungen prügelt er das maximale Drehmoment von 750 Newtonmeter ins Getriebe. Danach fällt seine Kraft allerdings kaum ab. Der Boxer dreht munter weiter bis 7.200 Touren. Theoretisch würde der Wagen 360 km/h schnell fahren. Porsche regelt bei 340 Sachen ab. Für die Reifen. Leichtbau und Aerodynamik im 911 GT2 RSDie Michelin-Semislicks kleben ordentlich, wenn sie auf Temperatur sind. Der GT2 braucht diese Reifen, denn jeder Straßenpneu wäre mit seiner Kraft überfordert. Schon so funktioniert es nur gerade so: Die ESP-Lampe flimmert noch im dritten Gang, trotz Quersperre und 325er- Breite. Porsche stimmt die Helferlein aber so ab, dass sie behutsam und nicht störend eingreifen. Allrad stand während der Entwicklung zur Debatte. Als probates Mittel, viel Leistung auf die Straße zu bringen. Porsche entschied sich gegen die Kardanwelle und damit für weniger Gewicht. 50 Kilo spart diese Auslegung. Weitere Kilos entfielen in Karosserie, Rädern, Verglasung und Innenraum. Trotz Käfig, adaptiven Dämpfern und Hinterachslenkung wiegt der GT2 RS im Idealfall 1.470 Kilogramm. Ein 911 GT3 RS (Vor-Facelift) wiegt nur einen Zentner weniger. So richtig genial wird der GT2 RS aber erst durch seine Abstimmung. Porsche setzt starre Lager ein, die wirklich jedes Steinchen im Lenkrad erspürbar machen. Das ist selbst gemessen am Elfer-Standard sehr viel Präzision und perfekte Rückmeldung. Schnell fahren kann mit so einem Auto jeder. Profis brechen damit Rekorde. FazitDer GT2 RS ist kein Auto für die Eisdiele, sondern eins für die Rennstrecke – und vielleicht für den Weg dahin. Für den Alltag ist der GT2 RS zu roh, zu eng, zu laut. Seine Bremsen greifen erst so richtig, wenn sie heiß sind. Und den kalten Reifen mag man nicht zuhören. So wenige Kompromisse gehen Elfer heute normalerweise nicht mehr ein. Und genau das macht diesen so toll. Fährt man ihn scharf, zeigt er seinem Hintermann rotglühende Kats durch die geöffneten Auspuffklappen. Und Spaß macht er bereits auf Autobahn und Landstraße. Sein ganzes Potenzial zeigt dieser Ausnahme-Porsche allerdings erst auf der Rennstrecke. Technische Daten Porsche 911 GT2 RS
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