Im Jahr 1985 galt die 300-km/h-Marke für Straßenfahrzeuge als unerreichbar. Dann kam der Porsche 959, er schaffte sogar 315 km/h. Das und seine prominenten Käufer machten ihn berühmt.
Köln – Drei knackige Sportler sorgten 1985 für Schlagzeilen: Ein unbekannter 17-Jähriger gewann Wimbledon, bei den US-Masters siegte als erster Deutscher der Golf-Profi Bernhard Langer und Porsche baute mit dem 959 den schnellsten und teuersten Sportwagen mit Straßenzulassung. Astronomische 420.000 Mark sollte der Supersportler auf Basis des 911 kosten. Trotzdem (oder deswegen?) war der 450 PS starke Turbo begehrt. Die limitierte Auflage war schon vor Serienstart ausverkauft, die ersten gebrauchten 959 wurden mit Aufschlag auf den Neupreis gehandelt. Porsche 959: Das erste 300-km/h-SupercarDaraufhin wollten viele dem Supercar-Trend folgen: Bugatti (EB 110), Ferrari (F40), Jaguar (XJ 220). Garantien auf den Ausverkauf gab es jedoch keine. Der Porsche 959 blieb ein Klassiker für sich, 315 km/h schnell, Allrad. Seine Technik und seine prominenten Käufer aus Sport, Show und Finanzwelt machten ihn legendär. Heute erschreckt sich niemand mehr. Doch 1985 zählte eine bis 350 km/h reichende Tachoskala noch etwas. Bis dahin galt auch die 300-km/h-Marke für Straßenfahrzeuge als unknackbar. Der Lamborghini Countach S quattrovalvole etwa erreichte laut Prospekt 295 km/h. 5,8 Sekunden von null auf 100 km/h machten ihn und den Ferrari Testarossa zu unschlagbaren Assen im Autoquartett. Dann kam der Porsche 959. Fast doppelt so teuer wie der Ferrari, brachte er die Wucht eines Gruppe-B-Renners in alltagsgerechte Form auf die Straße. Mit elektronisch geregeltem Allradantrieb, tempoabhängig regelndem Stoßdämpfersystem und reichlich Renntechnik brannte der 959 die Beschleunigungsbestzeit von 3,9 Sekunden in die Bahn. Keine Straßenzulassung in den USAFrustriert waren nur die amerikanischen Porsche-Fans. In die USA lieferte Porsche den 959 nicht. Microsoft-Gründer Bill Gates soll sich trotzdem einen gekauft haben. Allerdings erlaubte erst das sogenannte "Show & Display-Gesetz" nach 1998 die Einfuhr und das Fahren des 959 in den USA. Der Wert gebrauchter 959 stieg dadurch weiter, die Millionen-Mark-Marke wurde durchbrochen. Selbst eine 1992 nachgeschobene Sonderserie von acht Porsche 959, gebaut aus Teilebeständen, fand zu 747.500 Mark sofort Käufer. Das entsprach dem Wert von sechs Porsche 911. Gleichzeitig konnte Jaguar seinen Supersportler XJ 220 nur mit Mühe verkaufen. Was machte den ultimativen Porsche so begehrenswert? Es war der Mix aus Tempo-Rekorden, Technik und Alltagstauglichkeit. Und: Es gelang Porsche, dass man in gewissen Kreisen einfach 959 fahren musste. Zu den angeblichen Käufern gehörten Stardirigent Herbert von Karajan, der Popstar Falco und die Tenniskönigin Martina Navrátilová, nicht zu vergessen ein arabischer Scheich, der seinen 959 teilweise vergolden ließ. Gruppe B für die StraßeGerechnet hatte damit niemand. Eigentlich plante man in Zuffenhausen, mit dem 959 im Rallyesport zu glänzen. Passend zum neuen „Gruppe-B-Reglement“ entwickelte Porsche den 959 auf Basis des 911 SC. Laut Regelwerk mussten mindestens 200 Fahrzeuge produziert werden: daher die Straßenversion. Schon der Prototyp des neuen Supersportwagens erntete auf der IAA 1983 viel Beifall. Die Produktionszahlen wurden wenig später um fast 50 Prozent erhöht. Bereits bei der Rallye Dakar 1984 testeten mehrere Porsche 911 das elektronisch geregelte Allradsystem des 959 und erzielten auf Anhieb einen Doppelsieg. Ein Versuchseinsatz mit 959-Prototypen bei der Dakar 1985 endete zwar vorzeitig, nach unsanften Berührungen mit Felsbrocken. Dafür holte die finale Version des 959 im Folgejahr souverän den Gesamtsieg bei der härtesten Rallye der Welt. Dann stricht die FIA die Gruppe-B in der Rallye-WM. Porsche konzentrierte sich auf Le Mans: 1986 holte ein 959 unter dem Typencode 961 den Klassensieg an der Sarthe. Dann startete endlich die Auslieferung der Straßenversion. Porsche 959: Viel Technik für reiche KundenDie wohlhabenden Privatkunden hatten teils Jahre gewartet. Jetzt bekamen sie neben dem elektronisch geregelten Allradantrieb auch die weltweit erste geschwindigkeitsabhängige Niveauregulierung. Hinzu kamen ABS und ein Reifendruckkontrollsystem: in den 1980ern echte Innovationen. Die 17-Zoll-Zentralverschluss-Felgen waren hohlgeschmiedet und mit Reifendrucksensoren ausgestattet. Im 450 PS starken Triebwerk arbeiteten geschmiedete Titan-Pleuel und eine gasnitrierte, siebenfach gelagerte Stahlkurbelwelle. Für die glücklichen 959-Besitzer blieb der Sportler die beste aller Fahrspaßmaschinen - und nebenbei eine Geldanlage mit Wertsteigerungsgarantie. Das Angebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt ist dünn: Aktuell bietet ein Porsche-Händler in Bayern einen 959 an, für 999.850 Euro. Insgesamt produzierte Porsche 292 Exemplare des Sportlers, davon 29 Stück mit Sportspezifikation ohne Klimaanlage, Rücksitze, elektrische Fensterheber und rechten Außenspiegel.
Technische Daten: Porsche 959
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