Dieser Selbstzünder soll nicht nageln: Ein Lautsprecher im Auspuff macht den Biturbo-Diesel im Audi A6 akustisch zum Benziner. Doch die Geräuschkulisse schwächelt.
Berlin – Diesel fahren oft sparsamer, aber selten so kultiviert wie Benziner. Deshalb versucht Audi, dem größten Selbstzünder im A6 Otto-Manieren beizubringen. Soundaktuatoren, also Lautsprecher in der Auspuffanlage, machen ihn akustisch zum V8-Benziner. Sinn hin, Angeberei her – Sportsound gibt es auch für Polo (Sportauspuff) und Bonanza-Fahrrad (Bierdeckel in den Speichen). Beim Diesel-Audi funktioniert das so gut, dass Tuner die Schalldämpfer mit Schallverstärker zur Nachrüstung für schwächere Diesel-Modelle anbieten. 1. Gang: Die BasisQuelle: MOTOR-TALK Original gibt es den synthetischen Otto-Sound nur im stärksten A6-Diesel. Der 3,0-Liter-Sechszylinder leistet seit dem Facelift im vergangenen Jahr 320 PS sowie 650 Newtonmeter Drehmoment. Zu viel für das Audi-Doppelkupplungsgetriebe. Audi flanscht eine Achtgang-Automatik an den V6 und treibt serienmäßig alle vier Räder an. Die Antriebswellenflansche für die Vorderräder sitzen vor dem Drehmomentwandler. Damit rückt die Antriebseinheit im Vergleich zum Vorgänger einige Zentimeter nach hinten und verbessert so Gewichtsverteilung und Radstand. Letzteres schafft Platz im Innenraum. Vier große Erwachsene reisen bequem im A6. Mit voll besetzter Rückbank wird es kaum enger. Zum A8 fehlen gefühlt nur etwas Beinfreiheit und elektronische Spielereien im Fond. Der Kofferraum fasst mit 565 bis 1.680 Litern etwas mehr Gepäck als der eines BMW 5er, ist aber fast 300 Liter kleiner als ein E-Klasse-Laderaum. Audi verschenkt im A6 viel Platz mit einer flachen Heckscheibe. Schwach: Im Vergleich zum Vorgänger tat sich auf dem Papier fast nichts im Kofferraum. 2. Gang: Das BesteDafür ist technisch viel passiert. Der V6-Diesel in unserem Testwagen leistet 80 PS mehr als der stärkste Selbstzünder im Vorgänger. Bei niedrigen Drehzahlen verdichtet ein kleiner Turbolader mit variabler Turbinengeometrie die Ansaugluft. Ein zweiter, größerer Turbo rotiert mit niedriger Drehzahl. Ab 2.500 Touren öffnet eine Klappe, der Abgasstrom treibt den größeren Turbo stärker an. Gemeinsam quetschen die Lader viel Luft in den Motor machen den Selbstzünder stark und agil. Ganz ohne Gedenksekunde geht es trotzdem nicht. Bevor im Heck der Sound eines V8-Benziners wummert, bereitet sich vorn der Motor auf den Sprint vor. Bei spontanem Vollgas bauen die Turbos zischend bis zu 2,2 bar Ladedruck auf. Dann dreht der Sechszylinder kräftig bis 5.200 Touren. Gefühlt fehlen zu einem V8-Benziner nur mehr Drehzahl und etwas Spontaneität. Der große Diesel zieht den Zweitonner trotzdem in 5,2 Sekunden auf Tempo 100 und läuft (abgeregelte) 250 km/h Spitze. So schnell fuhr der Vorgänger nur als S6 mit V10-Benziner und 435 PS. Quelle: MOTOR-TALK Der Biturbo-Diesel im aktuellen A6 läuft dabei sparsamer als jeder Benziner in dieser Leistungs- und Gewichtsklasse. Im Stadtverkehr spritzen die Ventile selten mehr als zehn Liter pro 100 Kilometer in die Brennräume. Bei vorausschauender Fahrweise sind im Sommer ab drei Kilometern Fahrweg einstellige Verbräuche möglich. Auf längeren Strecken lässt sich der NEFZ-Wert von 6,4 Litern problemlos erreichen. Im Schnitt trank der Biturbo-Diesel im A6 bei uns knapp neun Liter pro 100 Kilometer. 3. Gang: Das SchwächsteLeider erreicht der A6 trotz aller Hilfsmittel nicht die Geräuschkulisse eines Benziners der oberen Mittelklasse. Ohne Aktuator nagelt der Motor wie jeder andere Diesel. Hinzu kommen unschöne Geräusche im Innenraum: Trotz einer Laufleistung von erst etwa 8.000 Kilometern klapperten im Standgas Plastikteile im Armaturenbrett. Auf unebenen Straßen schepperte die Verkleidung. Beides darf in einem 100.000-Euro-Auto nicht passieren. Dieser Preis macht ihn zudem höchstens für Dienstwagenfahrer im gehobenen Management interessant – für die meisten Familien ist selbst die Basisversion mit 320-PS-Diesel für 62.000 Euro zu teuer. 4. Gang: Das ÜberflüssigsteOhne elektronische Helfer lässt sich der Fünf-Meter-Kombi nicht genau manövrieren. In unserem Testwagen halfen Kameras an Front, Heck und Außenspiegeln sowie Abstandswarner beim Rangieren. Die reagieren sehr empfindlich auf Hindernisse. Wer mit der Beifahrerseite dicht an einer Wand oder einem Pfeiler parkt, der hört zwangsläufig einen durchgängigen Warnton. Abstände an Front und Heck lassen sich dann nur noch über den Monitor abschätzen. Das nervt auf engen Garagenstellplätzen und in verwinkelten Garagen – hier wünschen wir uns eine angenehmere Lösung. 5. Gang: Das WissenswerteDer Biturbo-Diesel soll künftig sportlicher werden. Im vergangenen Jahr hat Audi eine Studie vorgestellt, in welcher der V6 mit einer zusätzlichen Elektro-Unterstützung 385 PS sowie 750 Newtonmeter Drehmoment leistet. Der Elektromotor hilft immer dann, wenn der Abgasstrom zu schwach für hohe Turbinen-Drehzahlen schiebt. Innerhalb von zwei Zehntelsekunden erreicht der Lader eine Drehzahl von gut 70.000 Touren – schneller als ein Augenzwinkern. Damit verschwindet die Gedenksekunde fast vollständig. Diese Technik ermöglicht größere Turbolader und damit mehr Leistung. Allerdings benötigt sie viel Strom. Audi will deshalb ein Bordnetz mit 48 Volt einführen. Das debütiert bald im SQ7, gekoppelt an einen V8-Dieselmotor. Weitere Motorvarianten folgen im neuen A8. 6. Gang: Das BesondereAudi ist so überzeugt vom Biturbo-Diesel, dass er in einem S-Modell zum Einsatz kommt: In Europa fährt der Audi SQ5 mit dem stärksten Selbstzünder der Audi-Mittelklasse. Zudem bietet der Hersteller eine Sonderedition mit sechs zusätzlichen PS und Boost-Funktion um weitere 20 PS an. Er trägt den Namen „Competition“ – ein Schriftzug, der ursprünglich ein STW-Homologationsmodell des Audi 80 zierte. Mit dem Motorsport-Diesel aus den Le-Mans-Rennern hat der Motor allerdings nichts gemein. Audi A6 Avant TDI Quattro: Technische Daten
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