F-Type oder Defender? Wie wäre es mit ein bisschen von beidem? Jaguar sagt, das gibt es. Mit dem neuen F-Pace. Wir haben den „praktischen Sportwagen“ ausprobiert.
Tivat/Montenegro – Wäre dieses Auto ein Mann, Frauen würden es vergöttern. Sportlich, gutaussehend, außerdem Familienmensch, Möbelpacker und Naturbursche. So weit Jaguars Idee. Die Kontaktanzeige für den F-Pace, sozusagen. Die Briten nennen ihr erstes SUV einen "praktischen Sportwagen", er soll agil und dynamisch sein, viel Platz bieten und eine Prise Offroad-Gefühl. Es ist nicht das erste Mal, dass uns das jemand für ein SUV verspricht. Wir haben auf den Straßen von Montenegro ausprobiert, ob Jaguar Wort hält. F-Type-Gene für den F-PaceAm Anfang steht die naheliegende Erkenntnis: Mit viel Kraft fährt jede Fuhre flott. Der aus dem F-Type bekannte 3,0-Liter-V6-Kompressor leistet im F-Pace S 380 PS und schiebt ihn mit seinen 450 Newtonmetern in 5,5 Sekunden auf 100 km/h. Nach dem ersten Kick-Down aus dem Stand ist klar: Der F-Pace fühlt sich richtig kräftig an. Und nach wenigen Sekunden zu schnell für Montenegros Landstraßen. Hier sind höchstens 80 km/h erlaubt. Quelle: Jaguar Macht nichts. Der F-Pace kann nicht nur schnell geradeaus, er kann auch Kurven. Die Lenkung ist schön gewichtet und präzise, das fühlt sich nach echter Kontrolle an. Das optionale adaptive Fahrwerk lässt sich an die flotte Fahrweise anpassen. Dann fegt der Jag ohne große Karosseriebewegungen um die Ecke. Dabei sitzt der Fahrer gefühlt etwas niedriger als von anderen SUV gewöhnt. Diesel oder Benziner?Noch schöner ist, dass Jaguar den Komfort nicht vergessen hat. Das mitunter angestrengte, meist aber schöne Fauchen des V6-Kompressors bleibt das präsenteste Geräusch im Innenraum. Bis 150 km/h bleibt der F-Pace für ein SUV schön leise. Bei den Rädern unseres S hat der Komfort allerdings schnell ein Ende. Die Felgen messen 22 Zoll, das bisschen Reifen darauf hat die Dimension 265/40. Also poltert der F-Pace durch Schlaglöchern und über Kanten – die 20-Zöller mit mehr Gummi fahren sich angenehmer. Der Diesel passt insgesamt besser zum SUV. Der große 3,0-Liter-V6-Biturbo (0-100 km/h in 6,2 Sekunden) stammt noch aus Ford-Zeiten und ist aus anderen Jaguar bekannt - begeistert aber im F-Pace erneut. Mit 700 Newtonmetern Drehmoment bereitet er auf den Bergstraßen kaum weniger Spaß als der Benziner, er macht dabei nur weniger Getöse. Etwas mehr Gewicht auf der Vorderachse und die sanftere Fahrwerksabstimmung lassen ihn ruhiger rollen. Und die 8,4 Liter, die der Bordcomputer anzeigte, können sich sehen lassen. Im Datenblatt stehen 6,0 Liter. Allrad-Know-How von Land Rover – aber keine TeileQuelle: Jaguar Serienmäßig werden alle F-Pace über vier Räder angetrieben, nur den kleinen Diesel 20d gibt es mit Hinterradantrieb. Dann verbraucht er nur 4,9 Liter. Der variable Allradantrieb verwendet laut Jaguar keine Land-Rover-Teile. Nur bei der Abstimmung der Software hilft die Schwester. Hinter der Sechsgang-Handschaltung oder der Achtgang-Automatik sitzt beim F-Pace ein kettengetriebenes Verteilergetriebe. Im normalen Betrieb bringt es 90 Prozent des Antriebsmoments an die Hinterachse, fehlt hier Grip können bis zu 50 Prozent an die Vorderachse gehen. Zum echten Offroad-Mobil wird der F-Pace damit nicht, aber Jaguar verspricht eine gewisse Geländegängigkeit. Anders als bei Land Rover gibt es keine verschiedenen Modi für Schotter, Sand usw. Es gibt einen Offroad-Modus und eine neue „Low-Friction-Launch“-Funktion fürs Gelände. Bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h verteilt die Elektronik dann wirklich nur so viel Antriebsmoment an die Räder, dass es gerade keinen Schlupf gibt – egal wie grob der Fahrer auf das Gaspedal tritt. Das funktioniert gut, mit Straßenbereifung in schwerem Gelände wird es aber kaum helfen. Viel Alu im F-Pace drückt Gewicht und VerbrauchUnter Jaguars erster SUV-Karosse steckt die vom XE und XF bekannte Plattform. Laut Jaguar sind nur 20 Prozent der Teile identisch mit den Limousinen. Der Karosserieaufbau besteht komplett aus Aluminium und wiegt weniger als 300 Kilogramm. Dazu kommen Stahltüren und eine Heckklappe aus Verbundmaterial. Das macht den F-Pace nicht zum Federgewicht, aber doch recht schlank. Der 180-PS-Diesel mit Hinterradantrieb wiegt 1.665 Kilo, die Allrad-Version mit Handschaltung 1.767 Kilo – der Audi Q5 (190 PS, Allrad, Schalter) ist mit 1.895 Kilo deutlich schwerer. Entsprechend liegt der Jaguar zumindest auf dem Papier auch beim Verbrauch weit vorne - um mindestens 0,7 Liter. Fast so viel Platz wie im X5Beim Kofferraumvolumen liegt der F-Pace mit 650 Litern gleichauf mit dem längeren und teureren BMW X5, der eigentlich eine Klasse höher fährt. Trotzdem sitzt man auf der Rückbank bequem und mit viel Platz. Kleines Gimmick: die hinteren Lehnen werden per Knopfdruck elektrisch verstellt. Mit einem Knopfdruck im Kofferraum legen sie sich automatisch um – der entstehende 1,80 Meter lange Laderaum mit 1.740 Litern Volumen ist gut nutzbar. Um auf das Bild vom Anfang zurück zu kommen: Wäre der F-Pace ein Mann, seine Kontaktanzeige wäre ein bisschen übertrieben. Wie üblich. So richtig "praktische Sportwagen" kann es eigentlich nicht geben. Aber: Jaguar hat ein gutes Auto gebaut. Der F-Pace kann schnell, er kann komfortabel – und er hat Platz. Und das bisschen Offroad ist ein netter Zusatz. Wer bei SUV bisher nur an Audi, BMW, Mercedes dachte, muss künftig auch Jaguar auf der Rechnung haben. Technische Daten: Jaguar F-Pace
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