- Porsche 911, Generation 992: Marktstart 2019
- Überarbeitete 3,0-Liter-Turboboxer mit Partikelfiltern
- Hybridantriebe vorbereitet, aber noch nicht verfügbar
- Perfekte Sitzposition wie beim Vorgänger
- Schaltgetriebe bleibt im Programm
Stuttgart – Porsche hat sich für den 911 viel vorgenommen. So richtig modern sollte er werden. Das geht am besten mit Strom, zumindest in Teilzeit. Bei der Entwicklung wurde aber klar: Die Ziele „Sportwagen“ und „Plug-in-Hybrid“ lassen sich beim Elfer nicht kombinieren. Die Akkus wären zu schwer, das Elfer-Fahrverhalten war in Gefahr. Aktuell nicht lösbar.
Deshalb ist Deutschlands Vorzeige-Sportwagen vorerst nur auf Hybrid vorbereitet. Hybrid-ready sozusagen. Sein neues Getriebe schafft Platz für einen Elektromotor. In der Karosserie verteilt sind doppelte Böden mit Platz für Akkus. Wenn sie leicht genug sind, kann es sofort losgehen. Aktueller Stand: Frühestens passiert das beim Facelift.
Porsche 911 (992): Vorbereitet auf Hybrid
Sitzprobe im Porsche 911: Beinahe identische Innenraummaße, perfekte Sitzposition, digitales Cockpit. Dass man einen halben Zentimeter tiefer sitzt, merkt man nicht Quelle: Porsche
Porsche entscheidet zugunsten des Handlings. In einem Sportwagen prinzipiell vertretbar. Aber es ist nicht der einzige Punkt, den der neue Elfer nur im Konjunktiv schafft. Denn eigentlich hätten grundlegende Überarbeitungen des Motors Partikelfilter überflüssig machen sollen. Die Filter kommen trotzdem.
Den Unterschied wird kaum jemand hören und niemand spüren. Vier Kilogramm Gewicht sind im Entwickler-Maßstab die Welt, aber für einen Eineinhalbtonner nicht viel. Das fährt nicht einmal Walter raus. Dennoch: Es ist Ballast. Genau wie das hybridfähige Getriebe, das 25 Kilogramm mehr wiegt als der Vorgänger. Insgesamt wird der neue Elfer 50 Kilogramm schwerer als bisher. Zum Teil liegt das allerdings an neuen Richtlinien und Gesetzen.
Bei der Premiere in Los Angeles verkündet der Hersteller stolz: Trotz allem sei man auf der Nordschleife des Nürburgrings fünf Sekunden schneller als im Vorgänger. Der hatte allerdings 30 PS weniger. Und, ganz wörtlich gemeint: Er sieht absolut nicht alt aus. Denn beim Design zählt Evolution. Porschisti mögen sich nicht umgewöhnen.
Der Elfer verändert sich optisch nur wenig
992 (oben) und 991 (unten) im direkten Vergleich: Die Maße ändern sich kaum Quelle: Porsche
Klar, jeder erkennt in der Baureihe 992 einen Porsche 911. Aber nur Profis erkennen ein neues Auto. Hinten wird der Elfer böser, sein Spoiler breiter, die Lichtleiste flacher. Am Bug muss man ganz genau hingucken. Dann sieht man zwei Zentimeter mehr Nasenlänge für Assistenten und Fußgängerschutz. Und einige winzige Details.
Weil man es kaum erkennt: Die Scheinwerfer stehen jetzt ein bisschen steiler, die Schürze ist neu und die Haube wird größer. Der größere Überhang entstammt einer Zwickmühle: Einen Sportwagen fährt man am liebsten ohne Helfer. Aber die Konkurrenz darf nicht mehr können. Deshalb gibt es jetzt ein Nachtsichtgerät gegen Aufpreis. Bitteschön.
Alle Blechteile am Elfer sind neu. Das muss extra erwähnt werden, denn das Datenblatt suggeriert etwas anderes. Radstand und Höhe bleiben gleich, die Breite verändert sich im Millimeter-Bereich. Jetzt gibt es allerdings die breite Karosserie für alle Modelle. Bisher gab es die nur in Verbindung mit Allradantrieb. Porsche zieht die Parallele zum ersten 911 Turbo, der Baureihe 930.
Digitaler Innenraum im neuen Porsche 911
Nur noch ein Instrument zeigt analog an, den Rest übernehmen Displays Quelle: Porsche
Fast identische Formen und Maße erlauben keine Überraschungen im Innenraum. Vorn sitzt es sich tief, intim, perfekt eingefasst – fantastisch. Hinten nicht so sehr, die Rückbank taugt für sehr kleine Kinder oder als Ablage. Elfer-Fahrer bestehen trotzdem drauf. Mehr Platz als im Vorgänger gibt es im 992 jedenfalls nicht. Aber auch nicht weniger. Immerhin.
Dafür ist das Drumherum neu. Der 911 nimmt sich Infotainment und Tacho von Panamera und Cayenne. Nur der Drehzahlmesser bleibt analog, links und rechts daneben leuchten Displays. Sie simulieren die Rundinstrumente, die so charakteristisch für den Elfer sind. Die äußeren Instrumente verschwinden hinter dem Lenkradkranz und zeigen nur halb-Wichtiges an, das Datum zum Beispiel. Bei Bedarf wird aus zwei Uhren eine große Navi-Karte.
In der Mittelkonsole sitzt ein großes Touchdisplay, darunter eine sichere Stütze für die Hand. Beides liegt einen Tick zu weit entfernt, um es bequem zu bedienen. Das System steuert fast alle Funktionen im neuen Porsche 911. Dadurch ist erstmals seit vielen Jahren die Mittelkonsole fast unbeknopft und übersichtlich. Ungewohnt: Der winzige Automatik-Wählhebel kommt vom Supersportler 918. Schalten kann man hier nicht mehr, nur die Richtung einstellen.
Kein Platz im Motorraum des Porsche 911
Vorn trägt der neue Porsche 911 20-Zöller, hinten 21 Zoll Quelle: Porsche
Mehr technischen Parallelen zum Super-Hybriden fehlen. Die Vorbereitung auf Strom umfasst den Umbau des Panamera-Getriebe (Achtgang-PDK) auf Elfer-Layout. Es arbeitet mit vier Wellen, eine mehr als im Vorgänger. Dadurch wird es kürzer, in die Glocke passt nun ein Elektromotor. Ein einziger Prototyp mit Saugmotor und Stecker desillusionierte die Entwickler. Sie warten auf leichtere Akkus oder neue Ideen.
Zur Debatte stehen Voll- und Plug-in-Hybride. Besonders letztere wären wichtig, wenn Verbrenner in Innenstädten nicht mehr verbrennen dürfen. Option eins könnte bereits Sprit sparen. Konkreter wird Porsche nicht. Nur so viel: Einen Mildhybrid mit 48 Volt bringt der Hersteller erst für die Abgasnorm Euro 7. Dann führe kein Weg an elektrisch angetriebenen Verdichtern vorbei, erklärt 911-Motorenchef Matthias Hofstetter.
Seine größte Herausforderung bei der Baureihe 992 fasst er in einem Satz zusammen: „Wir fahren keine Luft spazieren“. Der Motorraum des Elfers ist voll bis oben hin. Mit Turbos (seit dem Facelift), Partikelfiltern (seit einigen Wochen) und einer serienmäßigen Klappenauspuffanlage (neu, für Geräuschvorschriften) und der Hybrid-Basis bleibt im Elfer-Heck kein Platz.
Porsche 911: Überarbeitete Turboboxer
Porsche 911, Baureihe 992 Quelle: Porsche
An der reinen Mechanik des 3,0-Liter-Turboboxers ändert sich nichts. Block, Köpfe und Ansaugspinne bleiben gleich. Aber Porsche verbessert Luftführung und die Nutzung Frischluft. Ladeluftkühler und Luftfilter tauschen ihre Plätze. Die Filter sitzen nun in den Radhäusern, die Kühler unter der Heckklappe. Das neue Layout entdrosselt den Ansaugtrakt und verbessert das Ladeluftsystem.
Im Teillastbereich ändert sich der Nockenwellenhub. Bisher öffneten beide Einlassventile je 3,6 Millimeter weit. Im 992 bewegt sich ein Ventil um 4,0, das andere um 2,0 Millimeter in den Brennraum. So erreicht Porsche bessere Verwirbelungen und eine vollständigere Verbrennung. Piezo-Injektoren (bisher: Magnet-Injektoren) spritzen bis zu fünfmal pro Brennvorgang ein, die Verdichtung steigt auf 10,5:1.
Auf der Abgasseite setzt Porsche jetzt Gusskrümmer ein. Mit dieser Fertigungstechnik lassen sich die Gase besser auf die Schaufelräder der Turbolader (von Borg Warner) richten. Bisher kamen zwei identische Lader zum Einsatz, im neuen Modell gespiegelte Varianten. Der Aufbau ist jetzt symmetrisch und lässt sich besser berechnen. Ein elektrisch gesteuertes Wastegate hilft, die Kats schneller aufzuwärmen.
All das sollte reichen, um den Partikelausstoß zu reduzieren. Mitten in der Abgaskrise will Porsche aber keine Risiken eingehen. Nicht mit dem Elfer, dem Aushängeschild der Marke. Deshalb bekommt er trotzdem zwei Partikelfilter. Immerhin: Ihre Lebensdauer dürfte deutlich steigen, denn im Motor entsteht weniger Feinstaub. Außerdem soll der Motor spontaner ansprechen.
Ein Nässe-Programm und viele Derivate
Neue Türgriffe: Die Klinken fahren aus, wenn sich der Schlüssel nähert Quelle: Porsche
Der Porsche 911 war zuletzt bei seiner Premiere im Jahr 1963 (damals: 901) ein Revolutionär. Seitdem entwickelt Porsche nur noch behutsam weiter. Große Änderungen waren und sind ein Risiko. Konsequenz: Wenn der neue Elfer auf den Markt kommt, bietet er wenig Mehrwert zum Vorgänger.
Ein ganz neues Extra gibt Porsche dem neuen Elfer doch mit. Sensoren in den Radhäusern erkennen nasse Straßen, das Auto empfiehlt den „Wet“-Modus. Er verändert Gasannahme und Schaltstrategie, macht das Auto auf rutschiger Piste also leichter beherrschbar. Außerdem fährt er im Stau automatisch mit und bremst selbstständig, wenn er ein Hindernis erkennt. Eine App unterstützt bei der Planung von Roadtrips.
Porsche führt zunächst nur den 911 als Carrera S (120.125 Euro) und Carrera 4S (127.979 Euro) ein. Der Preis steigt gegenüber dem Vorgänger um rund 8.000 Euro. Das Basismodell reicht Porsche bald nach. Hier fällt das Leistungsplus aber niedriger aus, wir rechnen mit 380 PS. Die üblichen Derivate (Turbo, GTS, GT3) sowie alle wichtigen Karosserieformen (Cabrio, Targa) folgen. Ein manuelles Getriebe mit sieben Gängen bleibt im Angebot. Das ist nicht neu oder revolutionär. Aber etwas, das sich viele 911-Fans wünschen.
Porsche 911 Carrera S (4S), Baureihe 992: Technische Daten
- Motor: 3,0-Liter-Turboboxer
- Getriebe: Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe
- Leistung: 450 PS (331 kW) bei 6.500 U/min
- Drehmoment: 530 Nm bei 2.300 bis 5.000 U/Min
- Höchstgeschwindigkeit: 308 km/h (306 km/h)
- 0 – 100 km/h: 3,7 s (3,6 s)
- Gewicht: 1.640 kg (EU-Norm inkl. Fahrer)
- Verbrauch: 8,9 l/100 km (9,0 l/100 km)
- Basispreis: 120.125 Euro (127.979 Euro)