Fünf Wochen vor der Premiere zeigt Mercedes Zeichnungen des zweisitzigen GT. Der neue AMG-Sportler steht für das neue Mercedes-Design: weniger Barock, mehr Klarheit.
Sindelfingen – Alles ganz geheim: Graue Planen und dichtes Buschwerk verhindern Blicke von außen. Dazwischen eine kreisrunde Betonfläche, an der Gorden Wagener genußvoll den ersten Auftritt seiner neuesten Kreation zelebriert. Daimlers Chefdesigner gestattet heute freie Sicht auf den Supersportwagen Mercedes AMG GT, den direkten Nachfolger des SLS, von dem er Konstruktionsprinzip und Basis übernimmt. Die kleine Schar genehmigter Werksspione musste vor der Präsentation ihre Foto-Handys abgeben, offizielle Bilder gibt es erst in fünf Wochen – obwohl jeder bereits weiß, wie der AMG-Traumwagen ungefähr aussehen wird. Da ist er also, der neue Über-Benz. wie beim SLS lässt eine lange Motorhaube die Kuppel für die beiden Insassen weit nach hinten rutschen. Das runde Heck mit ausfahrbarem Spoiler zitiert ein wenig den Porsche 928. Dann diese Frontpartie: Ein senkrechter Kühler, der große Stern. "Ein gewollt fieser Blick", sagt Gorden Wagener. Solch ein Auto müsse angriffslustig sein, vor Selbstbewusstsein strotzen, sagt der Designer. 300 km/h wären machbarQuelle: Daimler Das Herzstück des GT ist ein weiterentwickelter Achtzylinder mit vier Litern Hubraum. Mit Doppelturbo mobilisiert er 510 PS und 650 Newtonmeter Drehmoment. Im schnellsten Fall dreht die Kurbelwelle sich bis zu 7.200-mal pro Minute. Zu Fahrleistungen schweigt Mercedes noch, aber sie werden über denen des SLS liegen. Wichtiger als diese Daten ist für Gorden Wagener das stilistische Signal, dass er mit dem GT senden will: "Das Design unterstreicht, dass Luxus mit Reduktion einhergehen kann", sagt er und meint damit den Verzicht auf Kanten und Falze beim Karosseriekleid. Glatte, gerundete Flächen lassen den flachen GT wie aus einem Guss erscheinen. "Kanten sind oft eine Verlegenheitslösung, wenn den Designern die Ideen ausgehen", sagt Wagener. "Viel schwerer ist es, große Bereiche der Karosserie ineinander übergehen zu lassen, ohne einen optischen Bruch zu riskieren". Beim GT irritiert nur ein Detail: Zwischen der steil stehenden Windschutzscheibe und dem oberen Ende der Motorhaube klafft ein zehn Zentimeter breiter Spalt, als wäre das Dach zu kurz geraten. "Ganz bewusst haben wir so die Länge des Vorderwagens optisch noch einmal gestreckt", sagt Wagener. Kein Abschied vom HaubensternObwohl Mercedes Designstudios in den USA und in China hat, wird ein Mercedes immer ein europäisches, vor allem deutsches Auto sein, glaubt Wagener. "Wir werden nie einen Mercedes bauen, der chinesisch aussieht und den nicht einmal die Chinesen wollen". Schließlich sieht eine Chanel-Flasche überall gleich aus". Als Indiz für die führende Rolle der Europäer in Sachen Autodesign nennt Wagener den Versuch vor allem der Asiaten, Fachleute aus Europa abzuwerben. "In Korea hat das schon geklappt", sagt er und meint damit seinen Kollegen Peter Schreyer, der als Design-Chef von VW zu Hyundai und Kia wechselte. Umgekehrt habe Mercedes viele Bewerbungen für die Kreativabteilung aus eben jenen Ländern. Ein Anflug von Wehmut überkommt Wagener dennoch. Es geht um den klassischen Mercedes-Kühlergrill mit dem aufgesetzten silbernen Stern, den es nur noch in drei Baureihen gibt. "Die S-Klasse wird ihn immer haben", verspricht er. Bei E- und C-Klasse entscheiden sich mittlerweile die meisten Kunden für die sportlicheren Versionen, bei denen der Stern im Kühlergrill montiert ist. "Wir werden das klassische Mercedes-Gesicht trotzdem weiterentwickeln".
Quelle: SP-X |