Seit 48 Jahren baut Toyota den Pick-up Hilux, nun kommt die achte Generation nach Europa, um die Legende des unverwüstlichen Alleskönners fortzuschreiben. Kann sie das?
Windhoek/Namibia - Dem Toyota Hilux eilt der Ruf voraus, praktisch unzerstörbar zu sein. Der mittelgroße Pick-up von Toyota, sagt Entwickler Hiroki Nakajima, wurde für wildere Umgebungen als Europa gebaut. 1968 als leichtes Nutzfahrzeug eingeführt und seitdem in insgesamt acht Generationen gebaut, mobilisierte der Hilux leider nicht nur Farmer, Forstarbeiter oder Gärtnereibetriebe. Seine Stabilität machte den Toyota Hilux früh zum Vehikel der Wahl für Rebellen, Piraten und Armeen in aller Welt. Der Krieg zwischen Libyen und Tschad (1986-1987) ging als „Toyota War“ in die Geschichte ein. Afghanistan, Nicaragua, Somalia, Äthiopien, zuletzt Irak und Syrien – Toyotas leichter Pick-up, wendig, schnell und zäh, ist in jedem Krisenherd ein gefragtes Kriegsgerät. Zum Glück gibt es auch friedliche Anwender wie Hilfsorganisationen, Expeditionsteams und ganz normale Menschen, die abseits ausentwickelter Verkehrssysteme leben. Rund 18 Millionen Exemplare verkaufte Toyota seit 1968. Der Ruf des UnzerstörbarenQuelle: Jens Koch für ToyotaWas dieses Auto aushalten kann, testete die britische Sendung „Top Gear“ 2006 mit einem Augenzwinkern. In zwei Folgen versuchte das Team um Jeremy Clarkson, einen 18 Jahre alten Hilux mit rund 300.000 Kilometern auf dem Buckel kaputt zu bekommen. Sie fuhren damit gegen einen Baum, versenkten das Auto im Meer, zündeten es an und vieles mehr. Aber mit Hilfe von etwas Öl und einem Schraubenschlüssel sprang der Toyota stets wieder an. Zurück ins Heute: Die in Südafrika produzierte achte Hilux-Generation kommt im September 2016 endlich nach Europa. In anderen Teilen der Welt wird sie als Rechtslenker bereits verkauft. Und sie hat einen Ruf zu verteidigen. Am Grundprinzip hat sich nichts geändert. Die Karosse mit Single-, Extra- oder Doppelkabine sitzt auf einem Leiterrahmen hoch über der Straße, dazu Hinterradantrieb und eine Ladefläche. Deren Länge hängt vom Kabinenaufbau ab. Allradantrieb ist optional lieferbar. Beim neuen Hilux, sagt Herr Nakajima, hat man die legendäre Robustheit sogar noch weiterentwickelt, mit einem steiferen und massiveren Leiterrahmen sowie 120 zusätzlichen Schweißpunkten. Ein sperrbarer Allradantrieb mit zuschaltbarer Untersetzung erhöht die Geländegängigkeit. Mehr Komfort und mehr TechnikAuf den SUV-Trend musste Toyota reagieren, denn die (nicht mehr ganz) neuen Light-Geländewagen graben den urigen Pick-ups manchen Kunden ab. Deshalb wurde der neue Hilux komfortabler und sicherer. Aber passt das zum Hilux? Die ordentliche Dämmung gefällt, sie hält den Lärm des neu entwickelten 2,4-Liter-Dieselmotors (150 PS) wirksam vom Innenraum fern. Der Federungskomfort der weich abgestimmten „Comfort“-Variante ist beachtlich für einen Hecktriebler mit Starrachse und Blattfederung hinten. Mit Toyotas kamerabasiertem „Safety Sense“-System mit Spurwechselassistent, Notbremssystemen und Verkehrsschilder-Erkennung wird man dagegen in Regionen wie dem südlichen Afrika wenig anfangen können. Geteerte Straßen, gar mit Spuren, gibt es längst nicht überall. Haben vorausfahrende Autos viel Staub in die Luft gewirbelt, sieht die Kamera ohnehin nichts mehr. Hinzu kommt: Wo Elektronik ist, kann Elektronik kaputtgehen. Eine Start-Stopp-Automatik (400 Euro) in der Wüste wirkt nicht nur absurd, sie ist es auch. Hilfsorganisationen fluchen schon über elektrische Fensterheber, hören wir. Die baut Toyota ab der „Duty 4x4“-Version serienmäßig ein. Für den europäischen Markt zumindest, wo die nächste Vertragswerkstatt selten weit entfernt ist. Großer Diesel ab 2017In Ländern wie Namibia könnte man den 80-Liter-Tank des Europa-Hilux nicht einmal bedenkenlos füllen. Der dortige Sprit enthält viel Schwefel und könnte die empfindliche Euro-6-Abgasreinigung schädigen. Unser Verbrauch auf Wüstenpiste, Sand und Geröll: Rund 11 Liter auf 100 Kilometer, unter diesen Verhältnissen durchaus angemessen. Normverbrauch (6,8 l/100 km) hin oder her. Beim Umschalten auf Allradbetrieb erfolgt deutlich hörbar der Kraftschluss zur Vorderachse. Der große Hilux kommt im Gelände überall gut durch – solange er genug Platz hat und der Fahrer Überblick und Nerven behält. Berganfahrhilfe, Untersetzung und Sperre sind in allen Allrad-Hilux an Bord und Erleichtern das Manövrieren zwischen Felsen und Erdlöchern. Gelegentlich wünschten wir uns dennoch mehr Drehmoment. Das wird Toyota ab 2017 mit dem 2,8-Liter-Diesel aus dem Land Cruiser anbieten. Nicht ganz überzeugend: Wer am Hang schnell in einen kleineren Gang wechseln will und seine Schaltgassen nicht im Schlaf kennt, landet gelegentlich im Rückwärtsgang. Mit der schnellen Aisin-Sechsgang-Automatik kann das nicht passieren. Auch sonst ist sie die komfortablere Wahl, treibt aber den Preis in Deutschland auf mindestens 38.270 Euro. Fazit: Der Hilux ist immer noch der Hilux. 20 Jahre hält der neue, dickere Leiterrahmen mindestens, sagt Toyota – auch im Dschungel oder in der Wüste. Mit all der bei uns lieferbaren Erste-Welt-Elektronik taugt der Pick-up sogar zum Lifestyle-Fahrzeug. Wer ihn artgerecht einsetzen will, aber bitte zu friedlichen Zwecken, greift jedoch zur „Duty“-Ausstattung und verzichtet auf Rückfahrkamera, Touchscreen oder Klimaautomatik. Dann könnte man mit diesem Pick-up jederzeit sonnengetrocknetes Affenbrotbaum-Holz aus der Wüste holen. Wie eh und je. Toyota Hilux Technische DatenDer Einfachste
Automatik & Allrad
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