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60 Jahre Ford Transit - Der Kasten aus Köln wird 60

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Vor 60 Jahren begann die Erfolgsstory des Ford Transit. Heute ist er der meistverkaufte Transporter Europas. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte des großen Kölners.

Seit 60 Jahren rollt der Kölner Transporter. Wir feiern den Transit. Seit 60 Jahren rollt der Kölner Transporter. Wir feiern den Transit. Quelle: Ford/MOTOR-TALK

Köln - Beim Blick auf das Leben des Transit könnte man meinen, der Lastesel sei ein "Renntier". Der Transporter fuhr im Jahr 1953 als rheinischer Eilfrachter FK 1000 mit einer Höchstgeschwindigkeit von knapp 100 km/h allen Rivalen davon. 1965 sorgte er als wilder Reiter im Le-Mans-Dress auf den Rennstrecken der Welt für Furore.

1972 stellten einige Transit auf dem Grand-Prix-Kurs von Monza gleich mehrere Weltrekorde auf. Damals legte ein zwölfsitziger Diesel-Bus 16.000 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 119 km/h zurück. Noch forscher fuhren die feurigen Supervans von Ford Motorsport. Mit der 5,0-Liter-V8-Maschine des Supersportwagens GT40 fuhr einer der Kastenwagen 1971 bis auf 240 km/h.

1996 leistete der Supervan III 650 PS, dank Formel-1-Motor 1996 leistete der Supervan III 650 PS, dank Formel-1-Motor Quelle: Ford 1985 brachte die Technik des Le-Mans-Rennwagens Ford C100 einen Transit auf 280 km/h. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte das Transit-Wettrüsten zehn Jahre später mit dem Supervan III, der über einen 650 PS starken Cosworth-V8 aus der Formel 1 verfügte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Scotland Yard den flotten Ford bereits zum meistgesuchten Van Großbritanniens erklärt: „In 95 Prozent aller Banküberfälle setzen die Täter auf einen Transit mit den Fahrleistungen eines Pkw“, meinte schon 1972 ein Polizeisprecher.

Von Köln in die Welt

Der Transit startete nicht nur auf der Straße, sondern auch am Fließband durch. Dieses Jahr im Sommer wird der Fracht-Ford 60 Jahr alt mit insgesamt sieben Millionen produzierten Einheiten aus Werken in zehn Ländern. Ab 2014 soll er sogar in den USA vom Band laufen.

Unverzichtbarer Bestandteil des Erfolgsrezept damals wie heute: Relativ günstige Preise und eine einzigartige Vielfalt bei Aufbauten und Antrieben. Ob starker Benziner, sparsamer Diesel- oder Elektromotor, ob Vorderrad- oder Allradantrieb, fast immer war der Ford Vorreiter.

Doch noch etwas hat sich bis heute nicht geändert: Der Produktionsweltmeister bei den Transportern stammt weiterhin aus Wolfsburg. Mit rund elf Millionen Einheiten und einem unerreichten Kultstatus bleibt der Volkswagen Bulli in der ewigen Bestenliste ganz oben.

Konstrukteur Alfred Haesner entwarf den Eilfrachter FK 1000 und den Volkswagen Transporter Konstrukteur Alfred Haesner entwarf den Eilfrachter FK 1000 und den Volkswagen Transporter Quelle: Ford

Den Bulli zum Bruder

Dabei haben die beiden Urgesteine der deutschen Transporterbewegung denselben Vater. Zuerst konzipierte der geniale Konstrukteur Alfred Haesner den Volkswagen Transporter. Dann wechselte er an den Rhein, wo er in den Jahren 1952/53 aus bereits vorhandenen Prototypen einen modernen Lastesel kreierte, der unter der kryptischen Bezeichnung FK 1000 auf der Frankfurter IAA vorgestellt wurde. Ein Typencode, der für Ford Köln und stolze 1.000 Kilogramm Nutzlast stand und kurz danach um die Werbeslogans „Die Feuerwehr fährt 100 Sachen“ und „Fahrender Raum“ ergänzt wurde.

Die Modellpalette war schon frühzeitig vielseitig Die Modellpalette war schon frühzeitig vielseitig Quelle: Ford Journalisten texteten daraus den „rasenden Raum“ und den „fliegenden Teppich“. Schließlich konnte der Ford nicht nur mit einem kräftigen 38 PS 1,2-Liter-Vierzylinder-Benziner aufwarten, sondern sogar mit verschiedenen Komfortausstattungen aus der Limousine Taunus 12M. Das war damals außergewöhnlich für ein Nutzfahrzeug. Der Volkswagen Transporter leistete anfangs lediglich 25 PS und eine bescheidene Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h bei einer Nutzlast von nur 750 Kilogramm.

Kleine konstruktive Schwächen

Dafür litt der Kölner Eilfrachter an einer konstruktiven Schwäche, die Entwickler Haesner zugunsten des maximalen Ladevolumens in Kauf genommen hatte. In unbeladenem Zustand war der FK 1000 durch den weit vorn platzierten Frontmotor arg kopflastig und hoppelte geradezu bockig über die Straßen. Erst als die kritischen Stimmen in der Presse und auch bei Kunden immer lauter wurden, rückte Ford den Motor 20 Zentimeter weiter nach hinten zwischen die Vordersitze.

Nicht ganz so wichtig, aber kurios war ein anderes Problem. Ford bezog das Blechkleid vom Karosseriebauer Drauz in Heilbronn via Verschiffung. Immer wenn Rhein und Neckar Hoch- oder Niedrigwasser führten, stockte so die Endmontage des Eilfrachters in Köln. In den Stückzahlen konnte es der vielseitige Ford so nicht mit dem VW aufnehmen.

1966 nutzten bestimmt nicht nur The Tremeloes einen Transit als Bandbus 1966 nutzten bestimmt nicht nur The Tremeloes einen Transit als Bandbus Quelle: Ford Als sich der ab 1960 Taunus Transit genannte Kölner fünf Jahre später in den Ruhestand verabschiedete, lautete die ernüchternde Bilanz: 255.832 Transit vs. 1.535.595 Volkswagen Transporter.

Anordnung von ganz oben

Damit war der Ford zwar immerhin die Nummer zwei in Deutschland. Mit der zweiten Transit-Generation, die Konzernchef Henry Ford II höchstpersönlich in Auftrag gab ändern, sollte der Transit nun auch noch zum Exportschlager werden.

Unter dem Projektnamen „Rotkäppchen“ (englisch: „Redcap“) wurde der neue Lieferwagen zuerst in den USA konzipiert und anschließend in Deutschland und Großbritannien zur Serienreife gebracht. Das erste paneuropäische Ford-Projekt ging 1965 am englischen Nutzfahrzeugstandort Langley und wenig später auch im neu erbauten belgischen Werk Genk in Serie.

Mit über 50 unterschiedlichen Aus- und Aufbauvarianten, optionaler Diesel-Motorisierung und als Tour-Bus legendärer Rock- und Popgruppen gelang dem runderneuerten Transporter nun endlich eine Karriere als kultiger Kasten für Familie, Freizeit und Gewerbe. Im Juli 1985 wird das „Rotkäppchen“ zum Doppelmillionär. Zwei Millionen Transit waren in fünf europäischen Ländern vom Band gelaufen. Ansporn, mit der 1986 präsentierten Transit-Neuentwicklung endlich den Sprung an die Spitze der europäischen Verkaufsranglisten zu absolvieren.

Sportlich: 2006 kam der Ford Transit Sport Van Sportlich: 2006 kam der Ford Transit Sport Van Quelle: Ford

Einer für alle

Mit dem cW-Klassenbestwert von 0,37, neuen Top-Motorisierungen und bis dahin noch nicht erlebtem Pkw-Komfort überholte der Ford nicht nur die nachgewachsene Konkurrenz von Peugeot, Citroen und Fiat, sondern auch Volkswagen. 1997 trug der Transit zum neunten Mal in Folge die Krone des Klassenprimus als meistverkaufter europäischer Transporter. Eine Erfolgsbilanz, die er in jenem Jahr auch auf Asien ausdehnte. An neuen Produktionsstandorten in Vietnam und China lief die Fertigung an.

Einer für alle sollte der Transit von nun an sein, weshalb Ford Europa mit der im Jahr 2000 präsentierten Neuauflage des Transporters erstmals die Marke von 1.000 Ausstattungsvarianten übertraf. Noch mehr Vielfalt ermöglichten wenig später der kleinere Transit Connect und alternative Antriebe von LPG über CNG bis zu Batterieversionen. Nicht zu vergessen die Dynamiker wie der Transit Sport, der 2006 als erster Serienkastenwagen mit zwei weißen Le-Mans-Streifen auf dunkelblauer Metallic-Lackierung sportlich an den Start ging.

So schaffte es der Transit vom Schnell-Laster der Wirtschaftswunderjahre und biederem Brötchenbringer zum Familien- und Freizeittransporter. Damit schrieb der Ford fast so viel Alltagsgeschichte wie sein früherer Wolfsburger Halbbruder. Wir gratulieren!

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