Dass Palmöl im Biosprit nicht wirklich "bio" ist, weiß auch die EU. Pläne wurden laut, die Zutat zu verbieten. Nun zittern Millionen Menschen um ihren Arbeitsplatz.
Strassburg/Jakarta - In den vergangenen Jahren wurde der Anbau von Palmöl massiv vorangetrieben. Der pflanzliche Rohstoff steckt in Kosmetik, Schokolade und - trotz seines Rufs als Klimakiller - auch in Biokraftstoffen. Die Plantagen brauchen Platz und dafür werden in den Herstellerländern Regenwälder abgeholzt. Das Bewusstsein für einen ökologischen Umgang mit der Natur wächst bei den EU-Bürgern. Vielen Verbrauchern ist klar, dass die Abholzung den Verlust von Lebensraum für Tiere bedeutet. Und die grüne Lunge unserer Erde wird immer kleiner. Pläne im EU-Parlament könnten die Branche nun auf lange Sicht gefährden. Am Mittwoch wollen die Europaabgeordneten unter anderem über ihre Position zur neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie abstimmen, die bis 2030 gelten soll. Viele Parlamentarier wollen Palmöl aus Biokraftstoffen verbannt sehen - eine Mehrheit zeichnete sich schon vor der Abstimmung ab. Mit dem Votum ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Bevor der Palmölbann Gesetz würde, muss sich das Parlament mit den Mitgliedsstaaten einigen. Quelle: Picture Alliance Bislang wird ein Drittel des in der Union verbrauchten konventionellen Biodiesels aus importiertem Palmöl gewonnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Nicht-Regierungsorganisation "Transport & Environment". Auto- und Lkw-Fahrer sind demnach die größten Palmölverbraucher in der EU. Kraftstoff auf Palmölbasis sorge dabei für dreimal so hohe Treibhausgas-Emissionen wie fossile Brennstoffe. Zum Preis von Millionen Hektar RegenwaldIn Südostasien wird die Debatte mit großem Interesse verfolgt. Die beiden größten Palmölhersteller der Welt sind Indonesien und Malaysia. Von den jährlich mehr als 60 Millionen Tonnen Pflanzenöl werden dort mehr als 80 Prozent produziert. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor also - wobei nach Ansicht von Kritikern internationale Konzerne den Markt bestimmen, während die örtliche Bevölkerung kaum profitiere. In Indonesien bedecken Palmölplantagen 15 Millionen Hektar des Staatsgebiets. Die Ölpalmen wachsen auf riesigen Plantagen, streng geometrisch. Es sind Gewächse der Superlative: bis zu 30 Meter hoch, mit sieben Meter langen Blättern und Tausenden Früchten. Vor allem aber: Sie benötigen viel weniger Platz als andere ölhaltige Pflanzen. Auf einem Hektar Anbaufläche lassen sich 3,3 Tonnen Palmöl gewinnen. Bei Raps, Kokospalme und Sonnenblumen sind es nur 0,7. Auf Borneo, das sich Indonesien und Malaysia (mit Brunei) teilen, und auf der Nachbarinsel Sumatra wurden im vergangenen Jahrzehnt mehr als sechs Millionen Hektar Regenwald abgeholzt - eine Fläche, so groß wie Bayern. Zu den Leidtragenden gehören neben dem Klima auch Elefanten und Orang-Utans, die aus ihrem Lebensraum vertrieben werden. Zum Preis von Millionen ArbeitsplätzenQuelle: Picture Alliance In den Ländern hängen viele Arbeitsplätze an der Herstellung von Palmöl, gerade für einfache Leute. Allein in Indonesien sind es mehr als drei Millionen. Präsident Joko Widodo und Malaysias Premierminister Najib Razak warnten in einer gemeinsamen Erklärung kürzlich davor, dass bei einer Umsetzung der "unfairen Praktiken" der EU Millionen Menschen in ihrem Leben beeinträchtigt würden. In Malaysia wurden für eine Petition an die EU soeben die Unterschriften von mehr als 600.000 Kleinbauern gesammelt. In manchen Zeitungen ist schon von einem "Palmöl-Krieg" mit den Europäern die Rede. Plantagen-Minister Datuk Seri Mah drohte bereits mit Gegenmaßnahmen. "Wenn diese Hasskampagnen gegen Palmöl weitergehen, können wir auch zurückschlagen", sagte Mah. "Malaysia, Indonesien und Thailand sind alles große Käufer von Produkten der EU." EU-Parlamentarier sind trotzdem überzeugt davon, dass Palmöl in Tanks nichts verloren hat. Biodiesel auf Basis dieses Pflanzenöls könne schlicht nicht als nachhaltig bezeichnet werden, heißt es bei den europäischen Grünen. Es schade der Umwelt und helfe nicht dabei, die Ziele des Klimaabkommens von Paris zu erreichen. EU-Verbrauch eher geringUnd der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sagt: "Die ganze Biokraftstoff-Debatte ist vergiftet durch das Thema Palmöl." Auch deshalb befürworte seine Fraktion ein Verbot in Biodiesel. "Man muss Raubbau an der Natur nicht auch noch fördern", meint er. Nach einer Studie des Singapore Institute of International Affairs gehen von Indonesiens Palmölexporten 17 Prozent in die EU. Malaysia liefert 13 Prozent seiner Ausfuhren nach Europa. Im Vergleich zu bevölkerungsreichen Ländern wie China, Indien oder Indonesien selbst - wo Palmöl hauptsächlich zum Kochen und Backen verwendet wird - ist der Verbrauch in der EU also eher gering. Und in Schokolade und Kosmetik darf das Öl auch in Europa vorerst weiter verwendet werden. Den Todesstoß kann die Europäische Union der Palmölindustrie also nicht versetzen - egal, zu welchem Ergebnis die Debatte führt.
Quelle: dpa |