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Für einen Tag Taxifahrer in New York - Der König der Cabbies

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Taxifahren in New York – das kann ja jeder! Klar, auf der Rückbank vielleicht. Wir haben vorne links Platz genommen. Und sehen Taxifahrer jetzt mit ganz anderen Augen.

Autofahren in New York ist die Hölle. Aber Taxifahren? Wir haben es getan Autofahren in New York ist die Hölle. Aber Taxifahren? Wir haben es getan Quelle: Nissan

Von MOTOR-TALK-Autor Thomas Geiger

New York - Autofahren in New York ist die Hölle. Wer es sich leisten kann, leistet sich kein eigenes Auto. So zähflüssig der Verkehr, so lang die Staus und so nervig der Weg von Up- nach Downtown. In Manhattan ist das Yellow Cab das Fortbewegungsmittel der Wahl. Rund 14.000 der gelben Taxen stehen bereit: 50.000 Taxifahrer spulen mit ihnen im Schnitt knapp 500.000 Touren am Tag ab. Jeder Fahrer legt in einem Jahr Fahrstrecken von einer Länge zurück, die fast dreimal um den Globus reicht.

Der Nissan NV 200 soll den guten alten Ford Crown Victoria verdrängen - viele Cabbies sind damit nicht einverstanden Der Nissan NV 200 soll den guten alten Ford Crown Victoria verdrängen - viele Cabbies sind damit nicht einverstanden Quelle: dpa/Picture Alliance Wer hier Taxifahren will, muss "normalerweise" zumindest rudimentäres Englisch sprechen und sich halbwegs in der Stadt auskennen. Er muss rund 500 Dollar in eine Prüfung investieren, um das nachzuweisen. Trotzdem wirken viele Cabbies so, als seien sie selbst erst fünf Minuten vor ihren Fahrgästen am JFK-Airport gelandet.

Das kann doch nicht so schwer sein

Keine Regel ohne Ausnahme, und die bin ich. Zumindest rede ich mir das ein. Um für das „Taxi of Tomorrow“ zu trommeln, schickt mich Nissan für einen Tag in den Dschungel von New York. Als Cab Driver sitze ich am Steuer eines NV 200.

Das Auto hat gute Publicity nötig. Nachdem die Japaner 2011 den Wettbewerb für das Taxi-Monopol in Manhattan gewonnen haben, gab es statt Applaus nur Ärger. Die Fahrer wehrten sich mit Händen und Füßen gegen den seelenlosen Kastenwagen. Binnen zehn Jahren sollen 25.000 der gelb lackierten Nissan durch New York fahren. Mittlerweile sind immerhin die ersten 500 unterwegs.

Spätestens am Times Square klingeln die Ohren und die Augen nehmen kaum noch wahr, was wichtig ist Spätestens am Times Square klingeln die Ohren und die Augen nehmen kaum noch wahr, was wichtig ist Quelle: Nissan In einem der ersten kurve ich gerade am Südzipfel der Insel um den Battery Park. Die Passagiere genießen durch ein großes Panoramadach die Skyline und fürstliche Platzverhältnisse. Ich hingegen beginne mich nach wenigen Minuten zwischen Frontscheibe und Plexiglas-Trennwand zu fühlen wie ein Karpfen im Goldfisch-Glas.

Keine Zeit für Sightseeing

Nein, für die Schönheit der Stadt habe ich heute keinen Blick. Noch ein paar Minuten und ich kämpfe mich durch den Verkehr, der nie zur Ruhe kommt. Die Ohren klingeln vom ewigen Gehupe der Kollegen. Die Sinne sirren von Sirenen. Ständig, überall und natürlich immer auf meiner Spur bricht sich ein Krankenwagen oder ein Feuerwehrtruck Bahn. Spätestens am Times Square laufen die Augen über vor Rücklichtern, Ampeln und Leuchtreklamen, die zu einem gigantischen Gleißen verschmelzen.

Mit 131 PS und stufenlosem Getriebe durch New York - kurze Ampelsprints funktionieren mit V8 besser Mit 131 PS und stufenlosem Getriebe durch New York - kurze Ampelsprints funktionieren mit V8 besser Quelle: Nissan Wenigstens nimmt die Angst vor den anderen Autos nach einigen Minuten ab: Denn Taxifahrer haben Narrenfreiheit in New York – oder nehmen sie sich zumindest. Erst ein bisschen zögerlich und später mit fast diebischer Freude, wechsle ich ebenso rücksichtslos wie unvermittelt die Spuren, schneide an Kreuzungen ganze Schlangen von Linksabbiegern und drehe auf den wenigen Straßen, die keine Einbahnregelung haben, ohne Rücksicht auf Verluste.

Es geht doch

„Hup doch, in deinem ärmlichen Geländewagen“, rufe ich erbosten Hintermännern im Geiste zu und schicke ein mitleidiges Lächeln hinterher: Ich bin Cabbie und der King of the Road. Und überhaupt: Wie soll man schon auf Verkehrsschilder und andere Autos achten, wenn man die ganze Zeit an den Straßenrand starrt, ob dort vielleicht gerade jemand die Hand hebt und „Taxi“ ruft?

Allein auf der Fahrt hinauf zum Times Square hätte ich heute ein kleines Vermögen machen können. Allerdings hätte ich dafür vorher auch ein großes Vermögen in die TLC-Medaille investieren müssen. Nur sie macht auch den abgerocktesten Ford Crown Victoria zu einem echten NY-Taxi. Jedes Cab trägt die Marke stolz auf der Motorhaube wie ein Kriegsveteran seine Orden. Kein Wunder, die „Taxi and Limousine Commission“ gibt davon nicht einmal 14.000 Stück aus. Und kaufen kann man diese Blechschilder auch nicht einfach. Man muss sie für aktuell rund 800.000 Dollar ersteigern.

Gut, dass ich mich damit nicht beschäftigen muss. Ich bin schließlich nur Aushilfs-Cabbie. Mir reicht der Kampf mit dem Nissan und den miserablen Straßen der Stadt. Mag ja sein, dass der Vierzylinder kaum halb so viel säuft wie der 4,6 Liter große V8-Motor des ehemaligen Ford-Stammtaxis Crown Victoria. Aber dafür muss ich jetzt mit 188 Newtonmeter und 131 PS auskommen und mich obendrein mit einer stufenlosen Automatik herumschlagen, die jeden Funken Fahrfreude im Keim erstickt. Kurz vor Rot über die Ampel huschen, mal eben einen Kollegen abhängen oder schnell in die Lücke auf dem Joe DiMaggio-Highway einscheren – das ist mit dieser Antriebskombination eine echte Mutprobe.

Nach sechs Stunden endet meine Taxi-Fahrt. Für meine Kollegen endet sie irgendwie nie. Die Knochen tuen weh Nach sechs Stunden endet meine Taxi-Fahrt. Für meine Kollegen endet sie irgendwie nie. Die Knochen tuen weh Quelle: Nissan

Die Zeit des Tomorrow Taxis kommt

Die Nissan-Ingenieure haben eigens für die Fahrwerksabstimmung des NV 200 Taxis eine Straße aus Manhattan auf ihrem Testgelände nachgebaut. Die Lenkung agiert überraschend direkt. Dennoch ist der Kampf gegen die Schlaglöcher und Kanaldeckel in dieser Stadt aussichtslos. Nicht nur die Kunststoffe im Auto knirschen und quietschen auf jedem Kilometer, sondern auch meine Knochen. Da ist auch der sechsfach verstellbare Sitz mit dem atmungsaktiven Kunstleder-Polster nur ein schwacher Trost.

Aber ich habe gut lachen. Die Knochen tun weh, der Schädel raucht, die Ohren klingeln. Doch mein zu gigantischer Größe gewachsenes Ego als König von Manhattan kann mir keiner mehr nehmen. Abgesehen davon gibt es auch nichts, was meinen geschundenen Körper nach diesem Tag noch Halt gibt. Meine Schicht endet nach sechs Stunden.

Ich denke an meine Ex-Kollegen. Sie müssen Tag für Tag aufs Neue ran. Und jeder einzelne schwärmt nur von seinem letzten Auto und schimpft auf sein neuestes. So ist es beim Nissan und so war es schon, als der Crown Victoria das Checkers verdrängte. Zur Zeit allerdings sollten sie froh sein, dass sie überhaupt noch im Taxi sitzen. Sie haben größere Sorgen als einen gelb lackierten Kastenwagen eines japanischen Herstellers aus einer mexikanischen Fabrik. Der Fahrdienst Uber hat seit Kurzem erstmals eine größere Flotte auf der Straße als die Yellow Cabs.

Quelle: Spotpress

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