Zu seiner Zeit galt der Kadett C als technisch überholt. Heute ist der letzte Kadett mit Hinterradantrieb ein Klassiker. Unterwegs mit einem fast originalen 115-PS-Kadett GT/E.
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Rüsselsheim –Als der Kadett C 1973 auf den Markt kam, polterte im VW Käfer ein Boxermotor im Heck. Der deutlich modernere Kadett hatte seinen Otto-Vierzylinder vorn und wollte den Käfer platt machen. Dann kam der Golf und überrollte den Kadett. Der sah plötzlich nicht mehr modern, sondern fast so alt wie der Käfer aus. Das galt konstruktionsbedingt (der Heckantrieb wurde mit dem Golf zum Auslaufmodell in dieser Klasse) auch für die schnellste Variante GT/E im Vergleich zum Golf GTI. Dazu war der GT/E teuer: 1978 kostete der schnellste Kadett 16.850 Mark. Kunden zahlten für einen Ford Escort RS2000 S mit 110 PS 14.400 Mark, für den 110 PS starken VW Golf GTI 15.085 Mark – und hatten damit das modernere Auto. Doch der GT/E hatte etwas, womit der VW nicht punkten konnte: Er war ein erfolgreiches Wettbewerbsauto. Kein Geringerer als Walter Röhrl trieb einen solchen Kadett über Schotterpisten – natürlich einen mit etwas mehr Leistung. 1976 landete Röhrl mit einem 2,0-Liter-16V und 240 PS Platz bei der Rallye Monte Carlo auf Rang vier, am Ende des Jahres stand für Opel die Rallye-Vizeweltmeisterschaft. Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de Gut, der Vierventiler war nicht standhaft und Röhrl zunehmend sauer. „Der Kadett war leicht zu fahren, aber im Gegensatz zum Ascona filigran. Entweder ist das Getriebe kaputtgegangen, das Kardanmittellager oder die Hinterachse. Irgendwas war immer“, sagt er im Rückblick. Röhrl wechselte danach zu Fiat. Der Motor reagiert direktDamals hatte es der Kadett C GT/E also nicht leicht. Heute dagegen stimmt alles: schnörkellose Form, robuster Motor, Hinterradantrieb und ein toller Sound. Klassisch die Rallye-Farbkombination Weiß, Gelb, Schwarz. Ob der kleine Heckspoiler am Kofferraumdeckel nennenswert Abtrieb gibt? Egal, das optische Tuning aus den 1970er Jahren sieht immer noch gut aus. Dazu kommen Rallye-Zutaten wie Sportlenkrad, Käfig, Sportsitze - und ein Renngetriebe: Der erste Gang des ZF-Getriebes liegt unten links. Sofort nach dem Einkuppeln hängt der Vierzylinder gierig am Gas, bleibt aber im unteren Drehzahlbereich träge. Ein guter, alter Sauger eben. Erst ab 4.000 Touren gibt der Zweiliter-Motor seine Leistung wirklich frei, bis 5.600 Touren. Pedale und Lenkrad vibrieren, die Leistung dieses sportlichen C-Kadett fühlt der Fahrer körperlich. Aus dem Edelstahl-Auspuff (nicht original) sabbert Kondenswasser. Der Abgastrakt schüttelt sich in den Gummiringen und klingelt fröhlich, patscht im Zwischengas kurz nach, um bei Vollgas wieder heiser zu bollern. Die schmalen Pedale vertragen nur schmale Turnschuhe, sonst hängt der Fuß auf Gaspedal und Bremse gleichzeitig. Kurzes Antippen mit der Seite genügt, und die Nadel des Drehzahlmessers schwingt in die Höhe. Sportlich zeigen die drei VDO-Zusatzinstrumente in der Mittelkonsole Wassertemperatur, Öldruck und Tankvolumen an. 115 PS auf 920 KiloDie Lenkung reagiert direkt und präzise, kräftige Oberarme vorausgesetzt – eine Servolenkung gibt es nicht. Langsam zu fahrende Kurven machen deutlich weniger Spaß als solche mit größeren Radien und höheren Geschwindigkeiten. Ungewohnt steil steht das kleine Lenkrad, dennoch kann man sich mit der Sitzposition schnell anfreunden. Die straffen Sportsitze (nachgepolstert) mit viel Seitenhalt wirken auch nach heutigen Standards sehr überzeugend. Den Käfig bot Opel damals ab Werk als Option an Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de 115 PS klingen heute nicht mehr nach viel, damals war das genug für einen sportlichen Kompakten. Und: der Motor muss nur 920 Kilogramm schleppen. Für den Sprint aus dem Stand benötigt der Kadett 8,5 Sekunden, je nach Hinterachsübersetzung. Mit einer kürzeren Übersetzung wären sogar acht Sekunden drin. Bei ausgedrehtem Motor im fünften Gang schafft der Kadett 190 km/h. Wir lassen es nicht darauf ankommen, sondern genießen lieber den Sound der wilden 70er, hören den schnatternden Ventilen und der schlürfenden Bosch-L-Jetronic-Einspritzung zu, wechseln mit viel Zwischengas die Gänge. Nicht, weil man müsste, sondern weil es einfach Spaß macht. Die 43 Liter Tankinhalt sind bei flotter Fahrt nach 300 Kilometern verbraucht. Mit der verstärkten Vorderachse, härteren Dämpfern und hinteren Stabilisatoren fühlt sich der Opel Kadett GT/E deutlich anders an als die zivileren Ableger der Baureihe. Laut und ungeniert poltert das stramme Fahrwerk über schlechte Straßen, statt die Schlaglöcher leise schmatzend wegzufedern. Die 13 Zoll kleinen Räder mit Pirelli-Reifen helfen auch nicht wirklich gegen Stöße. Nur wenige GT/E haben überlebtQuelle: Fabian Hoberg für mobile.de8.660 Fahrzeuge des GT/E der ersten Serie mit 105 PS verkaufte Opel, dann kam ab 1977 die Version mit 115 PS aus 2,0 Liter Hubraum. Davon verkaufte Opel nur 2.234 Autos. Viele endeten in der Hand des vierten Halters nach der Dorfdisco im Straßengraben, einige wurden bei Rallyes, Rundstrecken- oder Bergrennen erfolgreich eingesetzt. Entsprechend haben nur wenige überlebt. Nur ein sehr gutes (und teures) Exemplar wird derzeit bei mobile.de angeboten. Wer einen getunten Kadett akzeptiert, hat dagegen etwas mehr Auswahl. 1979 war nach über 1,7 Millionen Fahrzeugen Schluss für den Kadett C, und damit für den GT/E. Opel folgte der Wolfsburger Konkurrenz und setzte in der Kompaktklasse künftig auf Frontantrieb. Damals folgerichtig, aber heute doch schade. Denn damit verschwand der fahraktivste Opel seiner Zeit. Weiterlesen: Fahrt im Opel Kadett B TECHNISCHE DATEN OPEL KADETT C GT/E
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