Der neue BMW M5 kommt erst im März 2018. Die M GmbH lässt sich trotzdem schon über die Schulter schauen. Denn der Neue ist erklärungsbedürftig. Bis man ihn gefahren ist.
Miramas/Frankreich - In Miramas ist Rush Hour. Eigentlich fast immer. Rund um die Uhr an fast 365 Tagen im Jahr prügeln die Entwickler und Testfahrer von BMW hier Prototypen über die Rennstrecke. 1986 hat der Hersteller die damals stillgelegte Rennstrecke gekauft und zum Testgelände umgebaut. In diesen Tagen haben sich ein paar große Limousinen unter Erlkönige des BMW X7 oder des kommenden 3er gemischt. Es sind 5er, die Form ist also bekannt. Doch diese sind auf Vollgas programmiert. Mehr noch als Modelle wie der M550i xDrive oder der M550d xDrive. Wenige Monate nach der 5er-Markteinführung bekommt der nächste M5 großzügigen Auslauf im französischen Süden. BMW M5 (G30): Der erste mit AllradDie BMW M GmbH lässt sich dabei über die Schulter schauen. Ausnahmsweise. Womöglich auch, weil Mercedes-AMG kürzlich den Konkurrenten E 63 auf den Markt gebracht hat. Aber nicht nur. Der neue M5 ist erklärungsbedürftig. Zum ersten Mal wird es in einem M-Car einen Allradantrieb geben. X5 M und X6 M ignorieren wir. Das sind SUV, keine "echten" M. Frank van Meel, der Chef der M GmbH, begründet die Notwendigkeit des Allradantriebs mit den mehr als 600 PS und über 700 Newtonmetern Drehmoment des M5. Die M GmbH presst diese Kraft aus dem bekannten 4,4 Liter großen V8 (S63), der schon im Vorgänger arbeitet. Schon da leistete er im Jubiläumsmodell "30 Jahre M5" und im Abschiedsmodell "Competition Edition" 600 PS und 700 Newtonmeter. Zu viel für reinen Hinterradantrieb? Meel sagt: „Irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem man so viel Kraft nicht mehr guten Gewissens genießen kann. Erst recht nicht bei jedem Wetter und bei allen Straßenverhältnissen.“ Diese Erkenntnis hat sich bei der Konkurrenz schon länger durchgesetzt. Bei Audi seit jeher, Mercedes führte die 4Matic 2013 beim E 63 AMG (W211) optional ein, die aktuelle Generation fährt nur noch mit Allrad. Jedenfalls prinzipiell. Standardantrieb plus xDrive gleich sicherer Spaß?Die M GmbH hat sich länger geziert. Das liegt an ihrem Selbstverständnis und am M5. Er wurde stets weniger für ungestümen Vortrieb geliebt als für sein präzises Fahrverhalten und seine messerscharfe Lenkung. „Denn den Spurt von 0 auf 100 hat man auf der Rennstrecke nur ein einziges Mal, aber Kurven kommen öfter“, sagt van Meel. Van Meel verspricht einen Sprintwert von weniger als 3,5 Sekunden und 300 km/h Spitze, doch das reicht nicht. Der Niederländer muss beweisen, dass der neue M5 mit Allrad mindestens genauso viel Spaß macht wie der alte M5 ohne. „Wir kombinieren die Agilität des Standardantriebs mit den Traktionsvorteilen des xDrive“, sagt van Meel. Zum Nachweis öffnet er nun die sonst hermetisch verschlossenen Tore von Miramas. BMW M5 xDrive 2017: Erste Fahrt auf der RennstreckeUnd wie fühlt sich das an, ein M mit Allrad? Auf der Rennstrecke in Miramas zeigt sich die Limousine als Fahrerauto reinsten Wassers. Besser denn je bringt der Fünfer seine Kraft auf die Straße. Dabei fährt er sich so engagiert wie früher. Nichts verfälscht das Lenkgefühl, nichts zerrt an den Vorderrädern. Der M5 fühlt sich weiterhin an wie hinterradgetrieben – aber mit mehr Traktion. Das merkt man vor allem in Kurven, aus denen man früher heraus beschleunigen kann. Rücksicht aufs laszive Heck braucht man nicht mehr zu nehmen. Der M5 verträgt Vollgas unmittelbar am Scheitelpunkt. Dann zieht er sich beinahe wie von selbst gerade und setzt zum nächsten Spurt an. Quelle: BMW Die M GmbH setzt ein Steuergerät ein, das dafür sorgt, dass ein M5 nur noch wenig mit dem normalen Fünfer gemeinsam hat. Das Zentralhirn des Antriebs steuert die beiden Differenziale und die Traktionskontrolle so, dass der M5 immer genug Grip und der Fahrer immer einen Grund zum Grinsen hat. Alle fünf Millisekunden werden bis zu 4.000 Datenpunkte ausgelesen und analysiert, rechnet van Meel vor. Fünf Modi für den Spieltrieb des FahrersWie genau der M5 rechnet, hängt vom Modus ab. Fünf davon hat die M GmbH programmiert, damit jeder Fahrer seinen Spieltrieb ausleben kann. Je nach Lust und Können lassen sich der Spaßfaktor erhöhen oder die Maschen im Sicherheitsnetz weiten. Oder man verzichtet ganz aufs Netz. Dafür drückt man ein paar Knöpfchen – und hängt die Vorderachse vom Antriebsstrang ab. Dann lenkt der Fahrer einen M5 alter Schule, nur mit Hinterradantrieb. Mercedes macht es beim E 63 S 4Matic+ genauso und nennt das Drift-Modus. Hier wie da sollte man allerdings alle sechs bis sieben Sinne beisammen haben. Denn mit der Vorderachse deaktiviert sich auch der Schleuderschutz und Rettungsanker DSC. Die Business-Limosine benimmt sich dann so fuchsteufelswild, als wolle sie in jeder Kurve beweisen, wie sinnvoll der xDrive ist. Man muss schon höllisch aufpassen, damit der M5 dann keinen Abflug macht. Schließlich will man ihn nicht schon vor dem Marktstart dem Abschlepplaster überlassen. Im März 2018 geht es los. Der alte M5 startete zuletzt bei gut 100.000 Euro - der neue wird sicher nicht billiger.
Quelle: sp-x |