Fünf Monate vor der Premiere in Paris veröffentlicht VW erste Details zum neuen Passat. Der wird leichter, sparsamer und kann sogar einen Anhänger steuern.
Wolfsburg – VW-Technik-Chef Heinz-Jakob Neußer schmunzelt. „Manche schaffen das ja ganz genial“, sagt er, „aber andere brechen sich dabei die Finger.“ Der Mann mit den ergrauten Haaren spricht vom Rangieren mit einem Anhänger. Wer nicht weiß, wie sein Gespann reagiert, der versagt. Und das meist vor Publikum. Ungeübte Passat-Fahrer sollen sich diese Blöße künftig nicht mehr geben müssen. Dafür sorgt ein neues Helferlein namens „Trailer Assist“. Das errechnet aus Radstand und Deichsel-Länge des Anhängers, wohin das Gespann beim Rangieren lenken muss. Gesteuert wird über den Spiegel-Verstellknopf. VW Passat B8: Premiere in ParisSo etwas gibt es bisher in keinem anderen Auto. Allerdings sind Innovationen für den Passat auch besonders wichtig. Denn optisch ändert sich bei VW traditionell wenig. Das neue Modell wird ab Herbst 2014 wohl nur die wenigsten mit seiner Form beeindrucken, trotz größerer Räder und kürzerer Überhänge. Das Schicksal des neuen Passat hängt unmittelbar von seinem Ruf und seiner Technik ab. Quelle: Volkswagen Deshalb sprechen Neußer und seine Kollegen besonders gern in Superlativen. Jörn Kahrstedt, VW-Entwicklungsleiter Diesel, zeigt stolz den stärksten Vierzylinder-Selbstzünder im Segment: ein 2,0-Liter-Motor mit zwei Turboladern, 240 PS und 500 Newtonmetern. Derzeit leistet der schnellste Quermotor-Selbstzünder im Konzern 184 PS. Die Kraft des neuen Motors kommt von einem Zylinderkopf mit vergrößerten und geglätteten Kanälen, 2,5 bar Lade- und 2.500 bar Kraftstoffdruck. Ein kleiner Turbo soll schnell ansprechen und bei 1.000 Touren 200 Newtonmeter bereitstellen. Bei höherer Last überbrückt ein Bypass-Ventil den Lader und versorgt die größere Turbine mit Abgasen. Der neue Motor bekommt ein überarbeitetes Doppelkupplungsgetriebe: Ein Fliehkraftpendel im Zweimassenschwungrad dämpft ungewollte Schwingungen. Dadurch soll das Fahren bei niedrigen Drehzahlen angenehmer werden. Neun Motoren mit 120 bis 280 PSDer Passat startet mit insgesamt neun Vierzylindermotoren. Die trinken laut NEFZ bis zu 20 Prozent weniger als vorher und werden ein paar Pferde stärker: Der Einstiegs-Diesel mit 1,6 Litern Hubraum leistet 120 PS, zwei 2,0-Liter-Selbstzünder sind 150 und 190 PS stark. Die Top-Motorisierung stammt aus dem Golf R und leistet im Passat 280 PS. Später folgt der überarbeitete Plug-in-Hybrid-Antrieb aus dem Golf GTE mit 211 PS. Eine einheitliche Bauform aller Aggregate soll im Motorraum Platz sparen. VW kürzt den Vorderwagen um vier Zentimeter und verteilt den gewonnenen Raum in der Fahrgastzelle: Alle Passagiere haben ein paar Finger mehr Platz. Der Kofferraum im Variant wächst um 47 auf 650 Liter. Mit umgeklappten Rücksitzen entstehen eine zwei Meter lange Ladefläche und 1.780 Liter Raum (+49 Liter). Trotzdem schrumpft die Karosserie: Sie wird 1,4 Zentimeter flacher und zwei Millimeter kürzer. Quelle: Volkswagen Was die Passagiere freut, nervt den Mechaniker. Besonders zwischen Spritzwand und Motor lassen die Ingenieure kaum Platz. Für eine kompaktere Bauweise sind bei den Diesel-Triebwerken Oxidations-Katalysator und Diesel-Partikelfilter in ein Bauteil integriert. Dadurch steigen die Kosten, wenn eines davon kaputt geht. Insbesondere, weil für eine Demontage wahrscheinlich der Motor ausgebaut werden muss. Kahrstedt winkt ab: So etwas passiere nur sehr selten. Kein Xenon im VW Passat B8Neußer würde den Passat am liebsten in der Oberklasse ansiedeln. Dafür fehlt es der Limousine natürlich an Größe und Kraft, doch bei den Assistenzsystemen kann er mithalten. Der Passat fährt selbstständig im Stau, erkennt Fußgänger, kann vorwärts einparken, hilft beim Rückwärtsausparken, schließt die Heckklappe und merkt sogar, wenn der Fahrer einen Schlaganfall hat. Zusätzlich zeigt er freie Parkplätze und Spritpreise in der Umgebung an. Anstelle eines klassischen Tachos gibt kommt ein digitales Kombi-Instrument à la Audi TT zum Einsatz. Erstmals bietet VW im neuen Passat ein Head-Up-Display an. Das projiziert Geschwindigkeit, Navigations-Hinweise und Warnungen allerdings nicht auf die Frontscheibe, sondern auf eine ausfahrbare, transparente Hilfsplatte. Xenon-Scheinwerfer gibt es im neuen Passat nicht mehr, es leuchten nur noch Halogen- oder LED-Lampen. Baukasten im PassatQuelle: Volkswagen Mit dem Modellwechsel verliert der Passat auf die gleiche Art Gewicht, wie es der Golf vor zwei Jahren vorgemacht hat: Mit hoch- und höchstfesten Stählen, Blechteilen mit unterschiedlichen Materialstärken sowie dank Laserschweiß- und Klebe-Verfahren speckt die achte Generation bis zu 85 Kilogramm (im Falle des 150-PS-TDI) ab. Neußer ergänzt: „Im Schnitt ist jeder Passat 60 bis 65 Kilo leichter als vorher.“ Bisher zeigt VW nur Skizzen des neuen Passat. Offizielle Bilder folgen Anfang Juli. Es sind aber bereits Fotos des chinesischen Pendants Magotan im Internet aufgetaucht. Die Preise für das neue Modell stehen noch nicht fest. Hinter vorgehaltener Hand vermutet man bei VW, dass die Basisversion weiterhin gut 25.000 Euro kosten wird.
Quelle: MOTOR-TALK |